Grossbritannien sucht mit einem Finanzdienstleistungsabkommen die Achse zur Schweiz zu verstärken. Dies wäre ein Befreiungsschlag für die bereits stark unter Druck stehende neue Regierung, aber auch ein Fortschritt für die beiden grössten Finanzzentren Europas.

Die von der neuen britischen Premierministerin Liz Truss gebildete Regierung will die Wirtschaft mit der grössten Steuerreform seit 50 Jahren ankurbeln. Zudem will sie die bilateralen Beziehungen im Bereich der Finanzdienstleistungen neu gestalten. Dabei könnte die Schweiz als Vorbild dienen.

Abkommen bis Ende Jahr unter Dach?

Jedenfalls loben britische Interessenvertreter gemäss einem Bericht des Londoner Branchenorgans «Financial News» vom Freitag (Bericht kostenpflichtig) die neuen Modelle, die Grossbritannien und die Schweiz bei der regulatorischen Zusammenarbeit prüfen.

Alle Anzeichen würden darauf hindeuten, dass die Gespräche sehr gut voranschreiten und voraussichtlich bis Ende des Jahres weitgehend abgeschlossen würden, heisst es. Dies wäre ein wichtiger Erfolg für die neue Regierung, zumal umfassende Abkommen mit den USA in weiter Ferne liegen. Dort stocken die Gespräche aufgrund der komplexen Verhältnisse mit einer Vielzahl von involvierten Finanzaufsichtsbehörden.

Vermeidung neuer Regeln

Bei den vor zwei Jahren begonnenen Verhandlungen geht es um Regulierungs- und Aufsichtsregelungen des jeweils anderen Landes in den Bereichen Banken, Asset Management, Versicherungen und Kapitalmärkte einschliesslich der Finanzmarktinfrastruktur.

Das Schlüsselprinzip dabei ist die gegenseitige Anerkennung der jeweiligen relevanten nationalen regulatorischen Vorgaben (Mutual Recognition) auf der Grundlage vergleichbarer Ergebnisse anstatt harmonisierter Regulierungen. Zusätzlich sollten in der Vereinbarung auch Themen wie etwa die Daten- und Cybersicherheit abgedeckt werden.

Zwei starke Verbündete

Ein Abkommen mit der Schweiz wird von britischer Seite als besonders wertvoll angesehen, weil die beiden Länder gemäss dem Bericht zusammen bis zu 70 Prozent der Kapitalmarkt-Aktivitäten in Europa ausmachen.

Auch die Schweiz, die zusammen mit Grossbritannien zu den stärksten Finanzplätzen und grössten Exporteuren von Finanzdienstleistungen weltweit zählt und enge Wirtschaftsbeziehungen pflegt, ist an einem neuen Handelsabkommen interessiert, mit dem der gegenseitige Marktzugang für Finanzdienstleister in beiden Staaten verbessert werden kann.

Auf Anfrage von finews.ch erklärte die Schweizerische Bankiervereinigung, dass die Verhandlungen auf einem hohen Ambitionsniveau weiter laufen. Der Branchenverband ist zuversichtlich, dass sich die beiden Länder bis Ende Jahr auf die wesentlichen Vertragsbestandteile einigen. 

Unterstützung von höchster Stelle

Der damalige britische Schatzkanzler Rishi Sunak und Bundesrat Ueli Maurer unterzeichneten am Ende Juni 2020 eine Absichtserklärung. Seither bekräftigten beide Seiten mehrmals, die Verhandlungen zügig voranzutreiben.

Ein erster Erfolg war die Normalisierung der Beziehungen im Börsenbereich. Nachdem Grossbritannien die Schweizer Börsen als äquivalent anerkannt hatte, hob die Schweiz ihre Börsenschutzmassnahme gegenüber dem Königreich auf.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.7%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.6%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.15%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.03%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.52%
pixel