Erstaunlicherweise gibt es durchaus Gemeinsamkeiten zwischen der Euro 2012 und der Bankenregulierung, findet Markus Staub von der Bankiervereinigung.

Markus_StaubVon Markus Staub, Leiter Bankenpolitik/Bankenregulierung, Schweizerische Bankiervereinigung

Mit der Europameisterschaft regiert in diesen Wochen wieder König Fussball. Dabei ist mir bewusst geworden, dass zwischen Fussball und Bankenregulierung durchaus interessante Gemeinsamkeiten bestehen, aus denen sich etwas lernen lässt.

Sowohl im Fussball als auch in der Finanzwelt befinden sich verschiedene Mannschaften respektive Akteure im Wettbewerb. Weil man in beiden Fällen keine Freestyle-Resultate à la Manchester-Liberalismus akzeptieren will, wird der Wettbewerb jeweils reguliert.

Es geht nicht ohne

Fussball wird übrigens im wörtlichen Sinne auf einem «Level Playing Field» gespielt, in der Bankenregulierung ist das nicht immer der Fall.

Eine erste Parallele: Der Regulierung – im Sinne der gesetzten Normen – entsprechen im Fussball die Spielregeln. Dass es nicht ohne geht, ist in beiden Fällen klar.

Fein verästelte Offside-Bestimmungen

Hingegen ist eindrücklich, dass sich beim Fussball eine Kombination aus «prinzipien-basierten» und «regel-basierten» Spielregeln etabliert hat.

Während sich einzelne Vorgaben nämlich auf Wohlverhalten und Fairness der Spieler im Allgemeinen beziehen (Prinzipienbasierung), weisen andere einen hohen Detaillierungsgrad auf (Regelbasierung), man denke etwa an die immer wieder diskutierten und fein verästelten Offside-Bestimmungen.

Die Funktion der Aufsicht

Auch bei der Regulierung von Banken gibt es keinen universell besten Detaillierungsgrad, der unabhängig von den Begleitumständen optimal wäre. Im Gegenteil, auch die Bankenregulierung soll weiterhin eine Mischung aus Principles- und Rules-Basedness anstreben.

Und eine zweite Parallele: Die Funktion der Aufsicht – im Sinne der Kontrolle der Normeneinhaltung – wird im Fussballmatch durch den Schiedsrichter wahrgenommen. Genauer gesagt, durch ein ganzes Schiedsrichter-Team, denn auch im Sport scheint die Zahl der Aufseher kontinuierlich zu wachsen.

Hohe Planungssicherheit

Nach dem Kriterium des Handlungsspielraums können wir unterscheiden zwischen einer mechanischen Schiedsrichter-Tätigkeit in klaren Fällen einerseits (regelgebundene Regulierung, zum Beispiel hartes, eindeutiges Foul) und einer situativen Auslegung von Spielregeln anderseits (diskretionäre Regulierung, zum Beispiel umstrittene gelbe respektive rote Karte).

Regelbindung weist den Vorteil der Planungssicherheit auf, stösst jedoch dort an Grenzen, wo Ermessensspielräume in der Natur der Sache liegen oder sogar gewollt sind. Diskretionäre Schiedsrichter-Entscheide schaffen Raum für situative Lösungen, auch im Falle unvorhergesehener Regelverstösse, bergen aber das Risiko von Willkür.

Anpassung der Spieler

Auf Grund dieses Trade-Off hat sich im Fussball ein Mix aus starrer Regelanwendung und individuellen Schiedsrichter-Entscheiden bewährt. Ähnliches gilt auch für die Bankenaufsicht. Der gute Schiedsrichter ist allseits anerkannt, gerecht und streng. Er setzt sich für ein gutes Spiel ein, die Trillerpfeife ist kein Selbstzweck.

So what? Was lernen wir daraus? Zunächst, dass es in Fussball und Regulierung die «besten» Regeln nicht gibt, sondern eine Anpassung an Spieler, Spielweise und Situationsfaktoren nötig ist. Sodann, dass nebst der konkreten Ausgestaltung der Regeln auch deren Stabilität von Bedeutung ist.

Maximale Regeldichte

Mindestens innerhalb des Turniers ist ein Wechsel der Spielregeln kaum vorteilhaft. Und schliesslich, dass die Qualität der Regeln und des Schiedsrichters auch Einfluss auf die Qualität des Spiels haben.

Allerdings ist typischerweise auch im Fussball eine maximale Regeldichte nicht optimal: Das Spiel läuft vielmehr bei einer mittleren Eingriffsintensität am besten.