Zwar hat sich der Deckungsgrad vieler Vorsorgeeinrichtungen verbessert. Doch wie gut sind die Pensionskasen auf das gegenwärtige Umfeld vorbereitet?

Dieser Frage sowie den Konsequenzen nach dem Volks-Nein zur Senkung des Umwandlungssatzes und dem Reformbedarf in der 2. Säule gingen an der Podiumsdiskussion der B&B Vorsorge in Basel drei Vorsorgeexperten nach.

Einleitend äusserte Herbert Brändli, CEO der B&B Vorsorge, Bedenken angesichts der Euro-Krise und dem schädigenden Einfluss von Staat und Politik auf die Märkte. Daraus resultiere ein Anlagenotstand. So kommen Finanzwerte für ihn derzeit nicht in Frage. Auch fehle das Vertrauen gegenüber der Realwirtschaft, die unter der Eurokrise besonders zu leiden habe.

Wann sind PKs saniert?

Anderseits dürfe man nicht vergessen, dass Aktien in der Vergangenheit real fünf Mal höher rentiert haben als Bonds und über eine Zeitspanne von 100 Jahren einen klaren Aufwärtstrend bewiesen haben. Insofern tendiere er dazu, Aktien in den Portfolios zu übergewichten.

Gottlieb Keller, Mitglied der Roche-Konzernleitung, hält Pensionskassen erst dann für saniert, wenn sie 20 bis 25 Prozent Schwankungsreserven aufweisen. Die seien wichtig, um die Wechselwirkung zwischen positiven und negativen Anlagejahren, die es als solche immer geben werde, zu glätten.

Aufruf zu mehr Gelassenheit

Zehn bis 15 Prozent der Kassen weisen noch immer eine Unterdeckung auf, gab Philipp Spichty, stellvertretender Direktor und Bereichsleiter Finanzmandate des Gewerbeverbands Basel-Stadt, zu bedenken. Selbst die Kassen mit einer Deckung von über 100 Prozent müssen noch an der langfristigen Sicherheit arbeiten.

Bernhard Madörin, CEO und VRPräsident der artax Fide Consult, kritisierte, dass bei einer Unterdeckung sofort die gesetzlichen Alarmmechanismen greifen und die Pensionskassen umgehend in Handlungszwang bringen, obschon auf Krisen immer eine Erholung gefolgt sei und langfristig eine Aufwärtsbewegung resultiere. Er appellierte darum, gelassener in die Zukunft zu schauen. Die staatlichen Rettungsmassnahmen werden, so fürchtet der Steuer- und Treuhandexperte, nun kurzfristig mehr Regulierungen nach sich ziehen.

Umwandlungssatz trotz Volks-Nein tiefer

Nachdem der Kapitalmarkt als dritter Beitragszahler unzuverlässig geworden ist, ist die langfristige Finanzierbarkeit des Umwandlungssatzes in Frage gestellt. Bernhard Madörin wies darauf hin, dass der «sozialistische» Umwandlungssatz dazu führen werde, dass Schwankungsreserven verzehrt werden.

Bei umhüllenden Pensionskassen, in denen rund 70 Prozent der Vorsorgenehmer versichert sind, sinkt der Umwandlungssatz trotz des Volks- Neins. Philipp Spichty wies ebenso wie Gottlieb Keller darauf hin, dass die Absage an einen tieferen Umwandlungssatz somit die Arbeitnehmer am stärksten treffe, die es sich am wenigsten leisten können. Insofern haben die Gewerkschaften die Falschen gestraft.

Appell an die Eigenverantwortung

Grundsätzlich geht Gottlieb Keller davon aus, dass die Arbeitgeber ihr Engagement zurücknehmen werden, weil sie die Vorsorgeleistungen aufgrund der politischen Vorgaben immer weniger selber steuern können. Darum müssen die Arbeitnehmer in der Vorsorge zwangsläufig vermehrt Eigenverantwortung übernehmen. Bernhard Madörin wies darauf hin, dass bei tiefen Einkommen schon heute die berufliche BVG-Rente zusammen mit der AHV nicht mehr ausreiche, um den gewohnten Lebensstandard im Alter fortsetzen zu können. Anpassungen hält er darum für unausweichlich. Doch dazu fehle es derzeit an politischer Vernunft.

Wenn von Reformen die Rede sei, heisse dies meist mehr Regulierungen, meinte Gottlieb Keller. Seines Erachtens brauche es aber eher liberalere Regeln, zumal die Vorsorgeeinrichtung seit der Einführung der Freizügigkeitsregelung und die Sozialleistungen in der Rekrutierung von Mitarbeitenden generell kaum mehr ein Differenzierungsmerkmal für Arbeitgeber seien.

Interesse der Vorsorgenehmer wächst

Philipp Spichty hat über die Jahre eine Zunahme der Komplexität und eine Steigerung der Regulierungsdichte feststellen können. Gleichzeitig haben insbesondere die Marktturbulenzen dazu geführt, dass immer mehr Arbeitnehmer mit ihrer Vorsorge beschäftigen.

Wenn sich das Volk mit dem System beschäftige, sei dies gut für das System, so Philipp Spichty. Die Schweiz habe hinsichtlich ihres Vorsorgesystems einen Positionierungsvorteil, meinte Bernhard Madörin. Um den halten zu können, müsse sie allerdings rechtzeitig Handlungsbedarf erkennen.

Am BVG-Fundament festhalten

Gottlieb Keller stellte in Frage, aus wessen Blickwinkel die Schweiz das beste System habe. Aus Sicht des Vorsorgenehmers oder aus der Sicht des Staates? In den USA werden beispielsweise beim Anlegen der Vorsorgevermögen deutlich höhere Risiken eingegangen, wodurch mehr Dynamik entstehe, während in der Schweiz ein Sicherheitsdenken vorherrsche.

Zu definieren sei auch der Begriff des gewohnten Lebensstandards, der heute mit 60 bis 80 Prozent des letzten Erwerbseinkommens beschrieben wird. Statt höheren BVG-Beiträgen solle die Steuerung nach seiner Auffassung eher über die AHV und weitere sozialpolitische Massnahmen erfolgen.

Bloss keine exotischen Grundsätze

Für die Zukunft der beruflichen Vorsorge wünscht sich Philipp Spichty, dass das gute Fundament nicht mit exotischen Grundsätzen zerstört, sondern darauf aufgebaut und die Langfristigkeit beibehalten wird. Diesem Wunsch schliesst sich auch Bernhard Madörin an. Handlungsbedarf sieht er analog zu Gottlieb Keller beim Renten bildenden Maximum in der AHV. Gottlieb Keller hofft, dass sich die nächsten drei bis fünf Jahre eine Deflation verhindern lässt.

 

 

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