Der Staat zerstöre unter dem Titel Corporate Governance die tragenden Strukturen der 2. Säule, findet Vorsorge-Experte Herbert Brändli.

Herbert_Braendli_1Herbert Brändli ist Geschäftsführer der B+B Vorsorge. Er schreibt regelmässig für finews.ch.

Mit den zur Vernehmlassung versandten Ausführungsbestimmungen zur Strukturreform will der Staat die vollständige Kontrolle über die Finanzierung der Pensionskassen, ihre Führung und Verwaltung sowie die Verteilung der Vorsorgevermögen an sich reissen.

Experten, Firmen und ihre Mitarbeiter werden zu Vollstreckern behördlicher Allmacht verdon-nert. Der bereits früher eingeläutete Niedergang des betrieblichen Vorsorgewesens auf das staatlich verordnete Minimum kommt damit in Reichweite.

Warnung von der Graphologin

Und ist ihm auch dieses nicht gelungen, macht er auf Versicherungen. Diese volksläufige Redensart im Kopf machte sich vor dreissig Jahren ein Betriebswirtschafter für einen Beitrag zur Verbesserung des betrieblichen Vorsorgewesens auf.

Mit einer qualitativen Verstärkung der Versicherungsberatung wollte er die berechtigten Interessen der Versicherten an ihrer eigenen beruflichen Vorsorge in den Vordergrund rücken. Die Graphologin versuchte den für dieses Vorhaben auserlesenen Versicherer zu warnen, dass der Stellenbewerber kaum länger als ein Jahr bei der Stange bleiben würde.

Einseitige Profite

Diese Zeit reichte denn auch zu erkennen, dass auch hervorragend qualifizierte Berater die Situation der Kunden nicht verbessern können, solange sie nur mit Produkten unterwegs sind, welche einseitig den Versicherungsgesellschaften Profite garantieren.

Also hat er nach 365 Tagen die Seiten gewechselt und eignete sich bei einem renommierten Berater das versicherungstechnische Rüstzeug als angehender Pensionsversicherungsexperte an. Thema seiner Diplomarbeit war die Wahl des Versicherungsträgers, falls Aufwand und Er-trag für die Versicherten optimiert werden.

Frischgebackener Experte

Ob diesem offenbar für einzelne Marktteilnehmer brisanten Inhalt warnte ihn sein Mentor vor kommender Unbill: «Sägen Sie sich den Ast nicht ab, bevor Sie darauf hocken.» Und tatsächlich das ergründete Verbesserungspotential war riesig, vornehmlich in Sammelstiftungen, die unter der Fuchtel von Versicherungen standen.

Der frischgebackene Experte sah seine Erkenntnisse in Vorsorgeeinrichtungen bestätigt, die sich vom Joch der Versicherungen befreit hatten. Und so gründete er im Auftrag einer Hand voll KMU und im Einvernehmen mit dem EJPD eine unabhängige Sammelstiftung. Damit konnte er seinen Kunden die gleichen vorteilhaften Bedingungen bieten, wie sie für grosse Unternehmen gelten.

Ungestümes Wachstum

Mit seiner auf Pensionskassen spezialisierten Beratungsgesellschaft wurde eine professionelle und effiziente Verwaltung gewährleistet. Sie folgt dem wegweisenden Leitsatz, dass alle Aktivitäten zum Vorteil der Versicherten und damit selbstredend auch für ihre Arbeitgeber gereichen müssen.

KMU und ihre Mitarbeiter profitierten gleichermassen von hohen Leistungen zu guten Preisen und konnten damit den Wert ihrer Vorsorgewerke markant steigern. Das hat sich herumgesprochen und mit der Öffnung für Dritte begann ein ungestümes Wachstum der Stiftung. Sie ist förmlich explodiert und bot Anlass, dass die Beratungsgesellschaft mit zahlreichen weiteren Neugründungen, Verwaltungen und Betreuungen von unabhängigen Vorsorgeeinrichtungen betraut wurde.

Konstruierte Interessenskonflikte

Ihre Mitarbeiter wurden in leitende Gremien gewählt, wo sie für eine professionelle und konsequente Umsetzung der eigenen Leitidee besorgt waren. Auch die Gründung einer Versicherung im alleinigen Eigentum von Vorsorgestiftungen wurde vorangetrieben. Damit flossen von Beginn an emsig sprudelnde Versicherungsgewinne wieder vollständig an die Versicherten zurück.

Mit den Ausführungsbestimmungen zur gesetzlichen Strukturreform wollen Staatsdiener die beschriebenen, organisch gewachsenen und zahlreiche ähnlich gelagerte Interessengemeinschaften zerschlagen. Unter dem Titel Corporate Governance konstruieren sie auf dem Papier Interessenkonflikte wo die praktische Bündelung gemeinsamer Interessen Grundlage von Erfolgsmodellen sind.

Führungsorgane müssen abtreten

Bei Umsetzung der Verordnung müssten von den Versicherten gewählte Führungsorgane abtreten, wenn sie gleichzeitig bei einem Auftragnehmer ihrer Stiftung beschäftigt sind, sei dies ein Dritter, die Stifterfirma oder ein Anschlusspartner einer Sammelstiftung.

Dafür wird gemäss Botschaft des Bundesrats zur Änderung des BVG (Strukturreform) darauf verzichtet «für Führungsorgane, insbesondere für Mitglieder des obersten Organs, gewisse Vorkenntnisse oder Ausbildungen vorauszusetzen». Stiftungsräte und andernorts auch die Experten werden zu Lakaien der Aufsichtsbehörden verordnet.

 

 

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