Die Loyalität zum Arbeitgeber ist so tief wie nie, die Forderungen umso höher. Auf die Arbeitgeber kommt dieses Jahr eine Zerreissprobe bei den Löhnen zu, glaubt man einer neuen Studie.

Führungskräfte und Unternehmen sind in den kommenden Monaten einem Wettkampf um Talente ausgesetzt, der so stark ist wie nie zuvor. So lautet das warnende Fazit der Lohnstudie für das Jahr 2022, welche die Personalagentur Robert Walters am Montag veröffentlich hat. In der Schweiz zieht demnach jede zweite Führungskraft in Betracht, im kommenden Jahr den Beruf zu wechseln.

Die Loyalität zum Arbeitgeber ist an einem Tiefpunkt angelangt; ein Trend, der in den USA bereits als «The Great Resignation», die grosse Kündigunsgwelle, bezeichnet wird.

Klingende Münze

Zu solchen Extremen muss es hierzulande nicht kommen, folgt man den weiteren Erkenntnisse der Erhebung. Robert Walter hat für die Studie Daten aus Interviews zuammengezogen, die der Personalvermittler im Zeitraum von Januar bis Dezember 2021 mit Kandidaten und Kunden weltweit geführt hat. In der Schweiz befragte die Agentur zusätzlich zwischen September und Oktober nahezu 400 Führungskräfte und Unternehmen. Demzufolge sind Kader durchaus bereit, beim Unternehmen zu bleiben – wenn denn ihre Bedingungen angenommen werden.

Tatsächlich wird einiges gefordert, auch in klingender Münze. Nachdem sich die Wirtschaft erholt und sich der Einstellungsbedarf von Unternehmen erhöht hat, erwarten Führungskräfte eine Form der Anerkennung und der Angleichung beim Lohn.

So gehen 36 der befragten Kader im Jahr 2022 von einer deutlichen Lohnerhöhung aus (13 Prozentpunkte mehr als in 2021), und 56 Prozent rechnen mit einem Bonus. In der Finanzbranche, wo bei den Banken im Februar die Bonus-Runde ansteht, wird teils mit Höchstforderungen gerechnet – besonders in boomenden Bereich wie dem Investmentbanking.

Manna regnet nicht für alle

Die Forderung nach mehr Lohn ist auf der Wunschliste der Kaderleute damit vom sechsten Rang im letzten Jahr zum drittwichtigsten Kriterium aufgerückt. Am wichtigsten sind den Führungsleuten aber ihre in der Corona-Krise neu gewonnenen Freiheiten: Erstes und zweites Kriterium für die Zufriedenheit von Führungskräften, sowohl 2021 als auch 2022, sind die Unternehmenskultur und flexible Arbeitsmodelle.

Es wird für Unternehmen also nicht möglich sein, dereinst die Uhr auf die Arbeitsgewohnheiten von vor der Krise zurückzustellen.

Ein Anpassung der Löhne – auch angesichts der zunehmenden Teuerung – sieht die Personalagentur deshalb als dringlich an. Indes, das Manna dürfte längst nicht für alle vom Himmel regnen. Laut der Studie werden nämlich nur Kandidaten mit speziellen Fachkenntnissen und in Positionen, die mit Fachkräftemangel konfrontiert sind, von deutlichen Lohnsteigerungen profitieren.

Trumpf sticht nicht mehr

Am augenscheinlichsten ist dies in einer Thematik, die auch im Finanzwesen als Hauptrisiko gilt: Die Stelle des Cyber Security Engineers wird 2022 die signifikanteste Lohnsteigerung erfahren, plus 17 Prozent werden hier gemäss der Umfrage erwartet. Stark gesucht sind auch Daten- und Cloud-Spezialisten, sowie speziell im Finanzwesen Steuerexperten. Diese können mit bis zu 6 Prozent mehr Lohn rechnen.

Der Fokus liegt jedoch auf der IT, und das ist wiederum gerade für die Banken bedeutsam: Dieses Feld ist Recherchen von finews.ch zufolge der einzige Bereich, wo die Branche noch zahlreiche Stellen schafft. Im Kampf um die besten Talente sticht allerdings der wichtigste Trumpf der Branche nicht mehr: Tech-Konzerne und Pharma-Multis zahlen mittlerweile besser als das Swiss Banking.