Sie standen schon eine ganze Weile im Zentrum der Diskussionen: Negativzinsen. Sehr oft wird dabei über die Angebote für Anleger gesprochen, die so gut wie keine Zinsen mehr für konservative Geldanlagen wie Tagesgeld oder Festgeld erhalten.

Doch jetzt hat eine Umfrage der Tamedia-Zeitungen ergeben, dass erste Kantonalbanken für Hypothekardarlehen negative Zinsen berechnen.

Auf den ersten Blick eine Sensation für alle, die Immobilienprojekte planen. Doch ein genauerer Blick zeigt, dass Euphorie zumindest für Privatkunden verfrüht wäre.

Zwei Banken haben zuletzt Negativzins-Kredite vergeben

Laut der Umfrage haben aktuell zwei Kantonalbanken Hypothekarkredite zu negativen Zinsen ausgegeben: die Zuger Kantonalbank und die Graubündner Kantonalbank (GKB). Ausgewählte Kreditnehmer konnten sich also Geld leihen und müssen letztlich weniger zurückzahlen als die geliehene Summe.

Privatkunden können davon wohl nicht profitieren

Auch wenn die Banken selbst nicht präzise ausformuliert haben, für wen solche Kreditangebote letztlich infrage kommen, dürfte klar sein, dass damit wohl nicht die typischen Eigenheimbesitzer mit ihrer Immobilienfinanzierung für ein einzelnes Objekt sind.

Laut Thomas Müller, Sprecher der GKB, geht es dabei um Kunden mit einem «grossen und kurzfristigem Finanzbedarf», was eher auf institutionelle Anleger mit grossem Immobilienportfolio schliessen lässt.

Warum bieten Banken überhaupt Negativzinsen an?

Der Hauptgrund für negative Zinsen liegt in der Zinspolitik der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Banken müssen für ungenutzte Gelder Strafzinsen von aktuell 0,75 Prozent in Kauf nehmen. Kann eine Bank Einlagen und Kapital nicht für die Kreditvergabe oder andere Bankgeschäfte verwenden, muss sie es bei der SNB parken und dafür den Strafzinsen zahlen.

Kann sie hingegen ein Darlehen zu einem geringeren Minuszins vergeben, lässt sich der Verlust begrenzen. Darüber hinaus ist es somit auch möglich, etwaige Konkurrenz in die Schranken zu weisen.

Welche Gefahren birgt das Negativzins-Modell?

Negativzinsen klingen für Kreditnehmer auf den ersten Blick positiv. Schliesslich kann man sich Geld leihen und muss später weniger Geld zurückzahlen. Ein solches System birgt jedoch auch Risiken.

Sollten entsprechende Angebote auf breiter Front auf den Markt kommen, müssten die Banken dies auf irgendeine Art und Weise refinanzieren. Dies ginge vor allem über Negativzinsen für Anleger. Die Folge wäre für viele Banken fatal: Die Bankkunden heben ihre Gelder ab und es kommt zu grösseren Verwerfungen im Bankenwesen.

Es gab bereits vorher Negativzinsangebote

Negativzinsen sind im Kreditbereich gar nicht so neu, wie es zunächst scheint. Ein Blick nach Deutschland zeigt. Das Kreditprotal smava hat in den letzten Jahren immer wieder mit Kredit-Aktionen auf sich aufmerksam gemacht, bei denen Neukunden ein Darlehen mit negativen Zinsen in Anspruch nehmen könnten.

Hierbei ging es zwar nicht um Hypothekardarlehen, sondern um normale Ratenfinanzierungen, aber trotzdem ist das Ganze ein klarer Fingerzeig.
Die Beweggründe waren hier sehr vielschichtig:

  • Neukunden gewinnen

Die Kredit-Aktionen waren im Normalfall auf Neukunden beschränkt. Es ging also darum, potenzielle neue Kreditnehmer auf das Angebot aufmerksam zu machen und somit zu binden.

  • Aufmerksamkeit erzeugen

Die Meldungen über die Negativzins-Aktionen waren in Deutschland fast überall zu lesen. Damit ist es dem Kreditportal sehr gut gelungen, mediale Aufmerksamkeit zu erzeugen. 

Somit zeigt sich sehr gut, dass Negativzins-Angebote gar nicht mehr so neu sind und wohl auch in Zukunft zumindest zu Marketingzwecken eingesetzt werden könnten. Die niedrigen Leitzinsen machen es möglich und sorgen dafür, dass bei Kreditgerbern kein allzu grosser direkter Verlust entsteht.

Was Kreditnehmer generell bedenken sollten

Wer eine Ersatzanschaffung tätigen möchte, eine Immobilie erwirbt oder auf andere Art und Weise einen Geldbedarf aufweist, benötigt im Normalfall eine entsprechende Finanzierung. Bevor es an die Entscheidung für eine bestimmte Bank geht, sollten Kreditnehmer immer verschiedene Kriterien prüfen:

Zinssatz

Der effektive Jahreszins ist das Kostenmass für eine Finanzierung und gleichzeitig das wichtigste Entscheidungskriterium. Wer ein Darlehen mit negativen Zinsen erhalten kann, sollte zugreifen.

Höhe der Tilgung (gerade bei Hypothekarkrediten wichtig)

Die Höhe der gewählten Tilgung ist gerade bei Hypothekarkrediten enorm wichtig. Schliesslich gilt: Je schneller ein Darlehen zurückgezahlt wird, desto geringer fallen die Zinskosten aus. Bei Negativzinsen kehrt sich dieser Grundsatz zwar um, aber diese Option steht aktuell jedoch nur wenigen Kreditnehmern zur Verfügung. In allen anderen Fällen sollten Kreditnehmer versuchen, eine anfängliche Tilgung von mindestens 2-3 Prozent der Kreditsumme zu wählen.

Kostenfreie Sondertilgungen

Sondertilgungen sind gerade bei Hypothekarkrediten eine sehr gute Möglichkeit, schneller schuldenfrei zu werden und dabei auch noch die Zinskosten enorm zu senken. Da jedoch mitunter eine hohe Entschädigung fällig wird, sind Sondertilgungen oft nur kostenlos wirklich sinnvoll. Aus diesem Grund ist es wichtig, dies vorher mit der jeweiligen Bank zu vereinbaren, falls die Möglichkeit besteht, selbst zusätzlich zu tilgen.

Geschickte Aufteilung der Laufzeiten

Auch wenn Banken häufig dazu raten, die Hypotheken auf verschiedene Laufzeiten aufzuiteilen, ist es sinnvoller, die Spreizung der Laufzeiten auf ein Minimum zu beschränken. Dies senkt die Abhängigkeit von der Bank. Sollte nach Ablauf einer der Hypotheken nämlich eine günstige Umschuldung möglich sein, wäre dies bei langen Restlaufzeiten der restlichen Hypotheken nur bei einer hohen Vorfälligkeitsentschädigung möglich. Flexibilität ist aktuell also durchaus ein wichtiges Merkmal bei Hypothekardarlehen.

Wer die wichtigsten Faktoren bei Finanzierungen berücksichtigt, kann auch ohne Negativzinsen attraktive Finanzierungsituationen schaffen. Negativzinsen wären dabei also das Sahnehäubchen, wobei auch hier gilt: Die Finanzierung muss zuerst passgenau auf die eigene Situation zugeschnitten sein.

Negativzins-Angebote aus Marketingzwecken sind hingegen oft von der Laufzeit und der Darlehenssumme her sehr festgelegt.

Fazit: Negativzinszinsen kommen zunächst nicht auf breiter Front

Auch wenn erste Kantonalbanken ihre Grosskunden in einzelnen Fällen mit Negativzinsen für Hypothekarkredite bedenken, ist dies offensichtlich noch kein Zeichen dafür, dass davon auch Privatkunden profitieren werden. Vielmehr sind diese Konditionen Kunden vorbehalten, die institutionell in Immobilien investieren und einen grossen Finanzbedarf aufweisen.

In Deutschland kamen hingegen auch schon Privatkunden in den Genuss von Negativzinsen, auch wenn es sich dabei eher um Marketing-Aktionen für Neukunden handelte. Wer heute ein Darlehen nutzen möchte, sollte zudem auch viele weitere Leistungsmerkmale checken, bevor er sich für eine Offerte entscheidet.

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