UBS rät von einer «übermässigen» Rückzahlung von Hypotheken ab

Man hatte nach den Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte kaum mehr daran daran geglaubt, dass sich die Schweiz einmal des Sonderfalls Eigenmietwert zu entledigen vermag. Doch nun hat der Souverän am vergangenen Wochenende den Weg dafür tatsächlich freigeräumt. Der Eigenmietwert für Erst- und Zweitwohnsitze wird abgeschafft, dafür sind Unterhaltskosten für selbstgenutztes Eigentum und Schuldzinsen für entsprechende Hypotheken nicht mehr steuerlich abzugsfähig. Auch Energiespar- und Umweltschutzmassnahmen können auf Bundesebene nicht mehr geltend gemacht werden.

Das Chief Investment Office (CIO) der UBS hat sich in einer noch am Abstimmungsssonntag publizierten Studie mit den Folgen des Entscheids für die Nutzer von Wohneigentum, den Immobilienmarkt und die öffentliche Hand beschäftigt. Die Grossbank geht allerdings davon aus, dass der Systemwechsel frühestens im Jahr 2027 erfolgen wird.

Eigentümer von Altbauten mit Sanierungsbedarf als Verlierer 

Für den Eigentümer hängt der Effekt vom Standort, Hypothekarzinssatz, Belehnungsgrad und Renovationsbedarf ab. Gewinner sind diejenigen, die Objekte nutzen, die niedrig belehnt sind (also im bisherigen System geringfügige Abzüge vornehmen konnten). Auch wer in einer neuwertigen Wohnung mit entsprechend wenig Unterhaltsbedarf lebt oder erstmals ein selbstbewohntes Einfamilienhaus erwirbt, profitiert. Eine steigende Steuerbelastung resultiert hingegen für Bewohner von sanierungsbedürftigen Altbauten (unter der Annahme, dass diese die Renovierungsarbeiten in den kommenden Jahren auch vornehmen lassen).

Unklar sind gemäss UBS die Folgen für Zweitwohnungseigentümer, weil die Kantone neu eine Objektsteuer erheben können, um den mit der Abschaffung verbundenen Einnahmenausfall zu kompensieren.

Leicht höhere Immobilienpreise, stärkerer Anstieg für neue Eigentumswohnungen

Wer wieviel profitieren wird, hängt auch massgeblich von der Entwicklung der Hypothekarzinsen ab. Sind diese (wie heute) sehr niedrig, schenkt der im bisherigen System vorgesehene Schuldzinsabzug nämlich nicht so richtig ein. Mit dem Regimewechsel werden also im aktuellen Zinsumfeld die Haushalte stärker entlastet. Gemäss UBS war das alte System für Eigentümer eines neuwertigen Objekts nur bei bei einem Hyposatz von über 2 Prozent und einer hohen Belehnung vorteilhafter.

Nicht zuletzt aufgrund der derzeit tiefen Zinsen erwartet die UBS am Immobilienmarkt kurzfristig leicht höhere Preise, «in der Grössenordnung von insgesamt 2 bis 3 Prozent in den nächsten Jahren». Überproportional verteuern dürften sich neuwertige Eigentumswohnungen, während die Entwicklung bei Altbauten (wegen des Wegfalls der Abzugsmöglichkeit für Unterhaltskosten) verhaltener ausfallen wird. Für den Markt wichtiger als das Steuersystem ist aber eine andere Grösse: «Sollten die Zinsen steigen, würden sich die Preisgewinne rasch wieder relativieren.»

Öffentliche Hand würde von Zinsanstieg profitieren

Die UBS rechnet damit, dass sich das Hypothekenwachstum verlangsamen wird und merkt etwas kryptisch an: «Aus makroprudenzieller Sicht ist die Wirkung jedoch nicht eindeutig, da das bisherige System die Auswirkungen von Zinsveränderungen auf den Eigenheimmarkt dämpfte.» Hintergrund der Äusserung dürfte die im internationalen Vergleich rekordhohe Hypothekarverschuldung der privaten Haushalte in der Schweiz sein, die durchaus als gewisses Risiko für die Systemstabilität betrachtet werden kann.

Die Steuerausfälle auf allen Staatsebenen werden auf 1 bis 1,5 Prozent der gesamten Steuererträge beziffert. Die öffentliche Hand muss (zumindest in dieser zugegebenermassen engen Optik) auf einen Zinsanstieg hoffen, würde sie gemäss UBS doch bei Hypozinsen zwischen 2,5 bis 3 Prozent zu den Gewinnern der Reform zählen.

Netto-Null-Ziel nicht «zusätzlich» gefährdet 

Auch wenn sich Unterhaltsarbeiten verteuern, geht die Grossbank nicht von einem starken Rückgang der Umbauinvestitionen aus. Dagegen spreche «die  insgesamt niedrige Sanierungsintensität der vergangenen Dekade». Allerdings dürfte es bis zum effektiven Systemwechsel zu einem Vorzugseffekt kommen – was danach das Wachstum bei den Investitionen belasten wird. Ebenfalls weniger attraktiv werden grosse energetische Sanierungen. Das sollte die Erreichung des CO2-Netto-Null-Ziels aber «wohl nicht zusätzlich gefährden», formuliert das CIO um- und vorsichtig.

Die UBS empfiehlt (wohl auch pro domo und im Interesse der ganzen Branche), Hypotheken «nicht übermässig zu amortisieren». Ein Eigenheim binde langfristig viel Eigenkapital und berge ein Klumpenrisiko für die Vermögensentwicklung. Eine konstante, moderate Belehnungsquote fördere die Diversifikation und schaffe Spielraum für renditestärkere Finanzanlagen, gibt das CIO zu bedenken.

Anlagen durch Hypothekarschulden finanzieren?

Immerhin bewegt das ökonomische Gewissen die Autoren dazu, auch auf die mit einer solchen Strategie verbundenen Risiken hinzuweisen: «Zinsanstiege können die Finanzierung verteuern und den Immobilienwert mindern, während Anlageportfolios Wertschwankungen unterliegen.»

Naheliegend erscheint es auch, Sanierungen vorzuziehen, solange die Kosten noch steuerlich abzugsfähig sind. Sollte die entsprechende Nachfrage deutlich steigen, könnten allerdings längere Wartefristen entstehen, warnt die UBS.