Arbeit und Privatleben seien in Einklang zu bringen, predigen Psychologen, Mentaltrainer und Karriereberater landauf landab. Der Praxis hält dieses Konzept hingegen nicht stand.

Die Work-Life-Balance gehört mittlerweile zum Standardrepertoire bei jedem Arbeitgeber und beschreibt ein Ideal, in dem Arbeit und Privatleben in Einklang miteinander stehen. Doch das Konzept funktioniert, wenn überhaupt, nur für die wenigsten.

Dies liegt auch am Bild, welches die Work-Life-Balance suggeriert. Demnach wird das eigentliche Leben der Arbeit gegenübergestellt, so als wäre «Life» der angenehme und «Work» der mühsame Teil des Lebens – dies ist schlicht falsch.

Für einige bedeutet Arbeit Leidenschaft. Kein Verfechter der Work-Life-Balance ist beispielsweise Stephan Zwahlen, CEO von Maerki Baumann, der im Interview mit finews.ch 2016 erklärte: «Hat man das Glück in einer Funktion zu arbeiten, die erfüllend ist, dann ist der Beruf kein Widerspruch zum Leben».

Ein Konzept für den Zirkus

Auch für die berühmte amerikanische Fernsehmoderatorin Martha Stewart ist das Gleichgewicht zwischen Arbeit und Privatleben kein praxistaugliches Konzept. «Ich musste meine Ehe opfern, um Karriere zu machen», erklärte sie gegenüber dem US-Wirtschaftsmagazin «Forbes».

Das Kunststück, alles machen zu können, ohne das Gleichgewicht zu verlieren, gehört vielmehr in den Zirkus als in den Alltag. Beruf und Privatleben mit präventiven Massnahmen stets auszugleichen, ist schlicht zu schön, um wahr zu sein. Das Leben ist voller Überraschungen, positive wie negative, und somit in weiten Teilen nicht planbar.

In diesem Kontext führt das strickte Festhalten an der Work-Life-Balance ironischerweise selber zu schlechtem Stress.

Mischen statt Trennen

Stattdessen gilt es dieses Konzept zu verabschieden und sich anderen Ansätzen zuzuwenden. Ein alternatives Modell ist das sogenannte Work-Life-Blending – eine Konzept das viel mehr in die heutige digitale Lebenswelt passt.

Im Gegensatz zur strikten Trennung von «Work» und «Life», wie es die Work-Life-Balance suggeriert, verschmelzen beim Work-Life-Blending Beruf- und Privatleben.

Dieses Vermischen räumt Mitarbeiter mehr Flexibilität ein. Privatangelegenheiten lassen sich so auch während der Arbeitszeit erledigen. Gleichzeitig lassen sich geschäftliche Termine oder das Aufsetzen einer Präsentation auch nach Feierabend erledigen.

Dieses Konzept verlangt im Gegenzug aber eine gehörige Portion Selbstdisziplin, um nicht der Versuchung zu erliegen, die Freizeit auf Kosten der Arbeit vorzuziehen – und umgekehrt.

In diesem Kontext empfiehlt «Forbes» drei Regeln.

1. Zeitmanagement

Das Zeitmanagement bildet die Basis für alles, was man tut. Nur wer sich Zeit für bestimmte Dinge reserviert, egal ob beruflich oder privat, schafft die Balance zumindest einigermassen zu halten.

2. In sich Hineinhören

Oft lässt man sich selbst unnötig aus dem Gleichgewicht bringen, indem man irgendwelchen Personen nacheifert. Dabei gilt es in sich hineinzuhören, seine wahren Wünsche und Absichten herauszukehren und sie offen zu kommunizieren.

3. Ungleichgewichte zulassen

Anstatt krampfhaft die Balance zu halten, ist es weit stressfreier mit dem Bewusstsein durchs Leben zu wandeln, dass es Zeiten gibt, in denen man im Gleichgewicht ist und Zeiten, in denen es nicht klappt. Alles geht vorbei und es kommt immer wieder eine Gelegenheit, Dinge ins Lot zu rücken.