Auf dem Weg an die Côte d’Azur nahm die Hotel- und Restaurantvereinigung Relais & Châteaux 1954 ihren Anfang. Auch heute noch können Ferienmacher auf dieser ersten «Route du bonheur» glücklich werden – der Wein spielt dabei eine zentrale Rolle.

Von Artur K. Vogel, freier Mitarbeiter

Um die Ursprünge von Relais & Châteaux (R&C) zu erklären, muss man fast sieben Jahrzehnte zurückblenden. Anfang der 1950er-Jahre setzte in Europa die Massenmotorisierung ein; bald schlängelten sich zu Ferienbeginn Zehntausende Autos über den Gotthard Richtung Italien, die Franzosen strebten auf der Route Nationale 7 en masse Richtung Provence und Côte d’Azur.

Die Betuchteren wollten dabei nicht auf die gewohnte Grande Cuisine verzichten, weshalb Nelly und Marcel Tilloy, Besitzer des Hotels «Cardinale» in der Ardèche, 1954 sieben weitere Gastgeber mit hochstehender Küche von der Idee überzeugten, gemeinsam Werbung zu machen.

Die Vereinigung nannte sich «Relais de Campagne»; für den Weg zwischen Paris und dem Süden erfand man den Namen «La Route du bonheur», der «Weg der Glückseligkeit». Durch eine Fusion entstand 1975 «Relais & Châteaux», wie man sie heute kennt. Und Routes du bonheur gibt es inzwischen weltweit Dutzende.

Loire-Schlösser nebenan

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Einige der acht Gründungsmitglieder sind heute noch im Geschäft. Und weiterhin hat die Route durch den Süden Frankreichs hinunter ans Mittelmeer vieles zu bieten: Wein, Kulinarik, gediegene Unterkünfte und zahllose Sehenswürdigkeiten.

Die Auberge des Templiers (Bild oben) als eines der acht R&C-Gründungsmitglieder befindet sich in Les Béziers, 145 Kilometer südlich von Paris. Die Poststation aus dem 17. und 18. Jahrhundert wurde 1946 von der Familie Dépée in ein Fünfsterne-Gasthaus umgewandelt.

Inzwischen sind die zweite und dritte Generation am Drücker. Neben dem ursprünglichen Gebäude wurden im Park mit seinen hundertjährigen Eichen sechs strohgedeckte Cottages erstellt. Auch ein Pool, Tennisplätze und andere Installationen fehlen nicht. Das Restaurant ist bereits seit den 1950er-Jahren mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet. Die berühmten Schlösser der Loire und die Weinbaugebiete Sancerre und Pouilly sind ganz in der Nähe.

Hauptstadt des Burgunds

Chapeau Rouge Dijon Bild ZVG2

In Dijon, der Hauptstadt der Weinbauregion Burgund, befindet sich ein weiteres R&C-Gründungsmitglied, die Hostellerie du Chapeau Rouge (Bild oben). Auch dieses Viersterne-Hotel, erbaut 1863 unmittelbar neben der Kathedrale, war einst eine Poststation, welche wegen der Eisenbahn ihre Bedeutung verlor. Im Jahr 1932 wurde es in ein Hotel mit 28 Zimmern umgewandelt. 1999 übernahm William Frachot das Haus und wurde auch Küchenchef. Er bekam 2003 den ersten und 2013 den zweiten Michelin-Stern; Verpflegung auf höchstem Niveau ist also garantiert.

Dijon, etwa gleich gross wie Bern, ist auf jeden Fall einen Besuch wert: Weingüter, eine reiche Beizenszene und die Markthalle zeugen von der kulinarischen und önologischen Tradition. Und das Musée des Beaux-Arts im Palast der Herzöge von Burgund besitzt eine umfassende Kollektion von Gemälden, Skulpturen und Antiquitäten. In der Altstadt stehen viele historische Riegelhäuser und Stadtpalais. Sehenswert sind auch die Kirchen aus unterschiedlichen Epochen. Dank ausgedehnter Fussgängerzone lässt sich Dijon bequem erkunden.

Mythische Weindörfer

La Terre dOr Beaune Bild ZVG1

Wenn Dijon die Hauptstadt des Burgunds ist, dann ist Beaune, gut 40 Kilometer südlich, das Zentrum seines Weinbaus und Weinhandels. In der Umgebung befinden sich Weindörfer mit mythischen Namen wie Vosne-Romanée, Aloxe-Corton, Pommard, Meursault oder Puligny-Monrachet. La Terre d’Or (Bild oben) ist kein Luxusrefugium, sondern ein friedliches, idyllisches Gästehaus oberhalb der Weinberge in einem weitläufigen Garten mit einem Pool und vielen Kunstwerken.

Vom Haus schwebt der Blick über die Altstadt von Beaune mit den berühmten, fast 600 Jahre alten Hospices de Beaune, der Kathedrale Notre Dame und dem ehemaligen Sitz der burgundischen Herzöge, in welchem das Weinmuseum untergebracht ist. Eine Stadtmauer aus dem 15. Jahrhundert hält die Altstadt zusammen, in der viele historische Häuser zu sehen sind. Für eine kleine Stadt mit 20'000 Einwohnern hat Beaune ausserordentlich viel zu bieten.

Frankreichs Spitzenköchin

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Für einmal umfahren wir Frankreichs Genusshauptstadt Lyon und machen erst wieder in Valence Station, 100 Kilometer südlich. Valence liegt an der Autobahn 7; auch die Hochgeschwindigkeitszüge TGV halten hier. Die Maison Pic, gegründet 1889, wirkt von der Strasse her eher abweisend. Doch hier arbeitet Frankreichs beste Köchin, Anne Sophie Pic (Bild oben, Quelle: Keystone).

Im Restaurant, dessen elegante Räume sich auf eine Terrasse und den Garten öffnen, hat die Chefin sich drei Michelin-Sterne erkocht. In Kochkursen weiht sie Gäste in ihre Geheimnisse ein. Wem diese Gastronomie zu gehoben ist, der kann sich auch im Bistro auf hohem Niveau, aber entspannter verköstigen. Wie das Restaurant wirken auch die Hotelzimmer edel; sie paaren modernes Design mit Elementen aus der Vergangenheit. Die meisten Zimmer gehen auf den Garten hinaus, was den Gästen Ruhe und Entspannung garantiert.

Am Eingang zur Provence

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Das Hôtel Restaurant La Cardinale (Bild oben) im Dorf Le Pouzin, ebenfalls ein R&C-Gründungsmitglied, liegt in der Region Ardèche am nördlichen Rand der Provence. Es steht mitten in einem sechs Hektar grossen Landschaftspark vor einer Kulisse von Feldern mit Lavendel, Sonnenblumen und Weinreben, mit Blick auf das Rhonetal und die fernen Berge. Das Landgut aus dem 17. Jahrhundert wurde zum malerischen Viersterne-Hotel mit acht Zimmern und einem Restaurant umfunktioniert, in welchem saisonale Speisen mit Zutaten aus der Region serviert werden. Es gibt einen grossen Pool. Alle Zimmer sind klimatisiert und besitzen eigene Terrassen.

Die Weinregion Ardèche ist weniger bekannt als andere Anbaugebiete. Es lohnt sich also, auf Entdeckungstour durch die Weingüter zu gehen. Die Stadt Montélimar mit 40'000 Einwohnern, 20 Kilometer südlich von Pouzin, gilt als Hauptstadt des Nougat, der aus lokalem Honig und provenzalischen Mandeln hergestellt wird. Die intakte Altstadt und das Schloss aus dem 12. Jahrhundert mit einer Ausstellung zeitgenössischer Kunst verdienen einen Besuch.

Bei Ducasse tafeln

Hostellerie de lAbbaye de la Celle Bild ZVG1

Nachdem man die provenzalischen Städte Orange und Avignon hinter sich gelassen hatte, konnte man während Jahrzehnten im trutzigen Schloss von Meyrargues bei Aix-en-Provence Halt machen. Dieses R&C-Gründungsmitglied wurde jedoch 2015 zu Wohnungen umfunktioniert. Deshalb fahren wir von Aix 55 Kilometer weiter nach Osten zur Hostellerie de l’Abbaye de la Celle (Bild oben). Das elegante Fünfsterne-Hotel, ein Herrenhaus aus dem 19. Jahrhundert, eingebettet in die Weinberge der Coteaux Varois (Appellation Côtes de Provence), grenzt an eine 800 Jahre alte Benediktinerabtei.

Die Hostellerie wurde 1999 von der Gruppe des französischen Starkochs und Kochbuchautors Alain Ducasse übernommen. Man kann hier auf Sterne-Niveau tafeln und sich im Park zwischen den hundertjährigen Zypressen und dem grossen, geheizten Pool, der auf den Ruinen eines römischen Hauses errichtet wurde, wie ein Grandseigneur fühlen. Vor allem, wenn man durch die Allee schreitet und sich danach mit 88 Rebsorten beschäftigt, die hier als lebendiges Archiv gepflanzt sind. Un pur bonheur! (TC)