Porsche Macan im Test: Zuffenhausen bleibt sich treu
Die Autowelt liebt grosse Gesten: futuristische Formen, gewagte Bedienkonzepte, lautstarke Revolutionen. Auf solche Effekthascherei verzichten die Autobauer aus dem schwäbischen Zuffenhausen weitgehend.
Stattdessen perfektioniert die Marke das, was Kenner seit Jahrzehnten schätzen: die präzise Rückmeldung am Lenkrad, die Stabilität in der Kurve, die subtile Übersetzung von Ingenieurskunst in Fahrfreude.
Spannung, sogar im Stillstand
Wer jemals in einem Porsche sass, der weiss, dass das Auto bereits im Stillstand eine gewisse Spannung in sich trägt — geradeso, als würde es jederzeit lossprinten wollen.
Mit dem vollelektrischen Macan hat Porsche die vielleicht anspruchsvollste Evolutionsstufe eingeläutet: die Seele eines Sportwagens in ein SUV-Format mit Batterie zu giessen, ohne das Markengefühl zu verwässern. Kein lautloser Zukunftsexperimentalist, sondern ein Porsche, der trotz Stromanschluss erkennbar bleiben will, was er immer war: ein Fahrerauto für alle, die mehr suchen als Fortbewegung.
«Form follows function»: Ordnung im Cockpit. (Bild: zVg)
Typisch vertrauenseinflössend
Auf dem Papier lässt das Modell für Freunde der Elektromobilität nichts zu wünschen übrig: bis zu 641 Kilometer Reichweite, 800-Volt-Technik und 100 kWh Batterie.
Doch Porsche bleibt Porsche — das merkt man nach dem ersten Kilometer. Die kompromisslos gute Verarbeitungsqualität vermittelt sofort Vertrauen, man spürt förmlich die Präzision, die in jedem Detail steckt. Die Lenkung ist so direkt, dass man sich traut, jede Kurve eng zu nehmen, die Karosserie bleibt auch bei forschen Richtungswechseln stabil wie ein Fels.
563 Newtonmeter Drehmoment
Erfreulich ist dabei, wie leichtfüssig der Macan selbst in seiner Basisversion mit Hinterradantrieb wirkt. Mit bis zu 360 PS (Overboost) und 563 Nm Drehmoment schiebt er das 2,2 Tonnen schwere SUV in 5,7 Sekunden auf 100 km/h.
Dieser Sprint fühlt sich nicht brachial an, sondern elegant und kontrolliert. Wer es noch sportlicher mag, wird bei den anderen Ausführungen des Macan fündig (im klassischen Porsche-Vierklang wird die Basisversion ergänzt durch die Ausführungen 4, 4S und Turbo).
Familienauto mit Sport-DNA. (Bild: zVg)
Drive nach vorne
Das elektronisch geregelte Porsche Traction Management (ePTM), das die Antriebskraft fünfmal schneller verteilt als konventionelle Systeme, sorgt dabei für einen einzigartig kontrollierten Drive nach vorne — ohne Zucken, ohne Unsicherheiten.
Unser Testfahrzeug zeigte sich dabei nicht nur in Sachen Vortrieb beeindruckend, sondern auch bei der Langstreckentauglichkeit: Die offiziell angegebenen über 600 Kilometer Reichweite haben wir zwar nicht ganz erreicht, jedoch ohne bewusst defensives Fahren sehr komfortable 540 Kilometer geschafft, was für ein SUV mit dieser Leistungsklasse beeindruckend ist.
Dominanz mit Understatement
Optisch bleibt der Macan seiner Porsche-DNA treu: Flache Fronthaube, markante Kotflügel, rahmenlose Türen, das durchgehende Leuchtenband mit 3D-Optik. Trotz seiner 22-Zoll-Räder wirkt der Macan nie aufdringlich, sondern sportlich-schlank. Die Flyline und die stimmige Proportion machen ihn von Weitem sofort als Porsche erkennbar.
Der Luftwiderstandsbeiwert von 0,25 zeigt, dass sich die Form nicht nur der Ästhetik, sondern auch der Funktion unterordnet: «Form follows function».
21 Minuten von 10 auf 80 Prozent: Porsche Macan 4S an der Ladesäule. (Bild: zVg)
Ein Cockpit auf digitaler Bühne
Der Innenraum des neuen Macan wirkt wie eine sanfte Zukunftsankündigung: ein 12,6-Zoll-Curved-Display als Kombiinstrument, ein 10,9-Zoll-Display für den Beifahrer, Head-up-Display mit Augmented Reality und eine neue Ambientebeleuchtung mit «Kommunikationslicht». Trotz der Digitalisierung bleibt alles klar gegliedert und intuitiv.
Und auch diesbezüglich merkt man die Marken-DNA: Während viele andere Autos immer wieder Sperenzchen machen bei der Smartphone-Anbindung, beim induktiven Laden des Smartphones etc., sitzt bei Porsche alles auf Anhieb und störungsfrei.
Laden wie ein Boxenstopp
Die 800-Volt-Architektur erlaubt Ladeleistungen bis 270 kW. Damit lässt sich in nur 21 Minuten von zehn auf 80 Prozent laden. In der Praxis funktioniert das je nach Ladesäule tatsächlich erstaunlich gut und wirkt fast wie ein Boxenstopp: kurz raus, kurz laden, weiter.
Es zeigt sich: Die Porsche-Entwickler haben Elektromobilität auf gewohntem Zuffenhausen-Niveau im Griff.
Unter dem Strich findet finews.ch: Den Anspruch von Porsche, in allen Details einen Zacken besser zu sein, löst der Macan im Feld der Elektromobilität gekonnt ein. Er verbindet Sportlichkeit, Alltag, Effizienz und Handwerk zu einem stimmigen Gesamtkunstwerk — zu einem für ein Auto dieser Klasse erschwinglichen Preis ab 89'900 Franken.