Der überraschende Abgang von Barend Fruithof bei der Credit Suisse steht in einem breiteren Zusammenhang. Denn die Personalie unterstreicht das Dilemma der zweitgrössten Schweizer Bank.

Die Credit Suisse (CS) befindet sich seit einigen Jahren in einer äusserst schwierigen Situation. Im Gegensatz zur UBS will sie ihr Investmentbanking nicht radikal stutzen, da es in der Vergangenheit immer eine wichtige Rolle innerhalb des Konzerns spielte und zeitweilig enorme Erträge generierte. Zudem hat die CS bis heute in einzelnen Investmentbanking-Sparten eine international viel grössere Bedeutung als die UBS.

Gleichzeitig ist die CS im Wealth Management für wohlhabende Privatpersonen wesentlich kleiner als die UBS, die ihrerseits die grösste Vermögensverwalterin der Welt ist. Das zeigt sich beispielsweise in Asien, einem der wichtigsten Wachstumsmärkte überhaupt, wo die CS etwa halb so gross ist wie die UBS. Das ist keine Kritik, sondern eine Tatsache.

Hinter den Erwartungen

Substanziell wachsen kann die CS, sofern sie zwischen ihren Kernbereichen Investmentbanking und Vermögensverwaltung (Private Banking/Wealth Management) möglichst grosse Synergien erzielt. Das war in der Vergangenheit teilweise der Fall, aber nie die Regel. Dies räumen mittlerweile selbst Top-Leute innerhalb der Bank ein.

Hans Ulrich Meister 500

Insofern hat sich das CS-Konzept der «OneBank» bis heute (noch) nicht bewährt. Entsprechend gross ist der Handlungsbedarf, und entsprechend stark ist Hans-Ulrich Meister (oberes Bild), der Co-Chef der weltweiten Vermögensverwaltung innerhalb der CS, gefordert.

Genau in diesem Zusammenhang spielt auch der Bereich Corporate & Institutional Business (C&IC) eine zentrale Rolle. Im Prinzip ist dies das Geschäft mit den Firmenkunden in der Schweiz; und über die vergangenen sieben Jahre stand diese Abteilung unter der Leitung von Barend Fruithof (unteres Bild).

Bank in der Bank

Bis zu seiner Demission Ende vergangener Woche hat der 47-jährige Fruithof diesen Bereich, in dem rund 1'800 Personen tätig sind, höchst erfolgreich geführt. Jährlich generierte diese Abteilung einen Vorsteuergewinn von 900 Millionen Franken bis zu einer Milliarde Franken sowie eine Rendite auf dem regulatorischen Eigenkapital von mehr als 20 Prozent – eine beachtliche Leistung.

Barend Fruithof 502

Allerdings hatte dies zunehmend seinen Preis, denn für die Geschäfte mit Firmenkunden ist allerhand Kapital notwendig, und dieses verteuert sich in jüngster Zeit, zumal die Aufsichtsbehörden (Finma) die Kapitalunterlegungs-Vorschriften laufend erhöhen.

Das wiederum brachte Hans-Ulrich Meister zusehends unter Zugzwang, da der Bereich ihm unterstellt ist, aber nicht unmittelbar mit der Vermögensverwaltung (Private Banking/Wealth Management) etwas zu tun hat. Wie intern zu vernehmen war, empfand er den C&IC-Bereich zunehmend als «Bank in der Bank».

Unerfüllte Ambitionen

Für Fruithof präsentierte sich die Ausgangslage anders: Auf Grund des Erfolgs in seiner Sparte meldete er zunehmend seinen Anspruch auf einen Sitz in der Konzernleitung an. Umso frustrierender war es für ihn dann, als im vergangenen Oktober mit James L. Amine sowie mit Timothy O'Hara zwei amerikanische Investmentbanker in die Konzernleitung einzogen.

Tatsächlich ist die Situation für Hans-Ulrich Meister schwierig. Denn Fruithofs Bereich (C&IC) ist weder Fisch noch Vogel, weder Private Banking noch Investmentbanking, was für Meister im übertragenen Sinn zu einem «Gordischen Knoten» wurde.

Grosse Herausforderungen

Dass er nun Fruithof opfert oder zumindest ziehen lässt, trägt ihm allerhand Kritik ein. Doch hätte er nichts unternommen, wie das seine Vorgänger in der CS in vielen anderen Belangen (Stichwort: Clariden Leu) oft getan haben, wäre ihm über kurz oder lang ebenso viel Kritik entgegengeschmettert.

Dass Fruithof wiederum – nachdem er bei der CS karrieremässig eindeutig übergangen wurde – nun geht, ist völlig nachvollziehbar. Und dem Vernehmen nach hat er bereits auch einen neuen Job, den er noch im Laufe dieses Jahres antreten will.

Die grosse Herausforderung stellt sich für Meister nun insofern, als dass er den C&IC-Bereich so in die CS einbringen muss, dass sich die eingangs erwähnten Synergien zwischen der Vermögensverwaltung (Private Banking/Wealth Management) und dem Investmentbanking in erkennbaren Dimensionen einstellen.

Überschäumende Kritik

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass es in den vergangenen vier Jahren mehrfach Meister war, der höchst unpopuläre Entscheide und Massnahmen traf, um die CS sozusagen zurück auf den Weg der Tugend zu bringen. Vor diesem Hintergrund ist es kaum verwunderlich, dass die Kritik an seiner Person bisweilen überschäumende Ausmasse annimmt. Dass Meisters Leistung auf relativ wenig Anerkennung stösst, mag die Crux an seinem ganzen Wirken sein.

Bloss das Überhandnehmen der Amerikaner innerhalb des CS-Konzerns zu beklagen, hilft auch nicht weiter. Wichtiger für die Mitarbeiter wie für den Finanzplatz ist es, dass die zweitgrösste Bank der Schweiz zu einer erfolgsversprechenden Strategie zurückfindet. Vor diesem Hintergrund greift es zu kurz, den Wechsel der beiden amerikanischen CS-Investmentbanker Tim Bock und Alastair Cairns in neue Führungspositionen im Private Banking zu kritisieren.

Bank für Unternehmer

Vielmehr dürften sich diese beiden Banker dazu verpflichtet haben, dass künftig mehr Geschäfte vom Investmentbanking in die Vermögensverwaltung (Private Banking/Wealth Management) weitergereicht werden. Genau das, was bisher nie wirklich der Fall war. So könnte die CS ihrem Ruf als «OneBank» gerecht werden.

Dass das funktioniert, beweist das Institut in Asien. Dort sorgen die beiden Hauptverantwortlichen, Francesco de Ferrari und Helman Sitohang seit einiger Zeit für diese Durchlässigkeit zwischen den beiden Hauptabteilungen.

Indem Meister nun den bisherigen Fruithof-Bereich in der Schweiz verstärkt zu einer «Bank für Unternehmen» umfunktionieren will, lässt sich dahingehend interpretieren, dass das klassische und kostenintensive Kreditgeschäft künftig vermehrt in ein beratungsorientiertes Geschäft umgewandelt werden soll. Ob sich der Gordische Knoten so lösen lässt, muss sich allerdings noch weisen. 

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