Die Schweizer Finanzbranche ist von einem akuten Fachkräfte-Mangel bedroht. Mit der Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative dürfte sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt noch verschlimmern.

Innerhalb der Banken- und Versicherungsberufe üben fast drei Viertel der Angestellten eine Tätigkeit aus, die vom Fachkräftemangel bedroht ist – dies entspricht rund 61'000 Beschäftigten.

Zu diesem alarmierenden Schluss kommt eine Studie des Arbeitgeberverbands der Schweizer Banken, die am Freitag veröffentlicht wurde.

Das Resultat treibt Balz Stückelberger (Bild oben) Sorgenfalten ins Gesicht: «Der Fachkräfte-Mangel ist besorgniserregend», sagte der Geschäftsführer des Verbands am Freitag vor versammelten Medien.

Lange Vakanzen

Insbesondere in den Bereichen Kundeberatung, Research und Produkteentwicklung sowie Kredit- und Risikomanagement haben die Banken laut Studie enorme Mühe, Personal mit den erforderlichen «Skills» zu finden. Im Schnitt ginge es mehr als ein halbes Jahr bis eine Vakanz geschlossen sei.

Deshalb rekrutieren hierzulande die Finanzinstitute verstärkt ausländische Arbeitskräfte. Doch mit der anstehenden Umsetzung der Masseineinwanderungs-Initiative, droht auch dieses Reservoir zu versiegen.

Verlagerung ins Ausland droht

barend fruithof 160Dies könnte letztlich dazu führen, dass die Schweizer Finanzinstitute personalknappe Geschäftseinheiten verstärkt ins Ausland verlagern, wie Verbands-Präsident Barend Fruithof (Bild links) gegenüber finews.ch erklärte. Umso wichtiger sei es, an den Drittstaaten-Kontingenten festzuhalten.

Der Trend zum Outsourcing ist tatsächlich bereits seit einiger Zeit im Gang. So verlagerten zum Beispiel die Credit Suisse und die UBS grosse Teile ihrer Compliance und ihrer IT nach Polen, wie finews.ch berichtete. 

Fachkräftepotenzial im Inland heben

Doch am akuten Fachkräfte-Mangel ist die Bankbranche teilweise auch selber schuld: So hat sie es jahrzehntelang verpasst, Frauen besser in die Arbeitswelt zu integrieren. Auch bei der Ausbildung der Mitarbeiter gab es Versäumnisse. Und seit der Finanzkrise hat auch noch das Image gelitten.

An diesen Punkten will der Verband ansetzen. So will er den Einstieg beziehungsweise den Wiedereinstieg in die Finanzwelt mittels Teilzeitmodellen erleichtern. Man sei diesbezüglich bereits auf gutem Weg, sagte Vorstandsmitglied Marco Beutler (Bild unten). Verstärkt sollen nun auch für Führungskräfte Arbeitspensen zwischen 60 und 80 Prozent angeboten werden, erklärte der Personalleiter der Zürcher Kantonalbank (ZKB) am Freitag.

Kaum Programme für ältere Mitarbeitende

Marco Beutler 160Darüber hinaus sollen auch ältere Mitarbeiter zum längeren Verbleib im Berufsleben motiviert werden. Banken hätten diesbezüglich bereits entsprechende Programme aufgesetzt, betonte Beutler. Hier liegt aber noch viel Potenzial begraben. Denn laut der Studie haben 80 Prozent der Banken kein Programm, um ältere Mitarbeiter weiter zu beschäftigen.

Der Fachkräfte-Mangel soll schliesslich auch durch Investitionen in die Berufslehre gemildert werden, und auch die verstärkte Integration von Mitarbeitern mit Beeinträchtigungen ist ein wichtiges Anliegen.

Die am Freitag präsentierte Studie beruht auf der Befragung von insgesamt 124 Mitgliedsinstituten, wovon tatsächlich 60 Banken den Fragebogen beantworteten. Somit ist die Umfrage durchaus repräsentativ.

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