Der Brexit-Entscheid stellt die Schweizer Grossbanken vor eine schwierige Aufgabe. Was geschieht nun mit den vielen Tausend Arbeitsstellen der UBS und Credit Suisse in London?

Die beiden Schweizer Grossbanken beschäftigen Tausende von Mitarbeitern in Grossbritannien, vorwiegend in London. Da die Schweiz in vielen Belangen höchstens einen beschränkten Zutritt zum europäischen Binnenmarkt hat, bauten zahlreiche Finanzinstitute eine Präsenz in der Themsestadt auf, um so einen «Passport» für den Vertrieb ihrer Produkte und Dienstleistungen in der EU zu haben.

Devisenhandel, Interbanken-Dienstleistungen sowie Fonds-Management sind drei wichtige Geschäftsbereiche, welche die UBS und die Credit Suisse (CS) via London ihren EU-Kunden anbieten. Doch mit dem Brexit könnte sich dies ändern; Tausende von Investmentbankern und Asset-Management-Spezialisten müssen befürchten, ihren Job in der Themsestadt entweder ganz zu verlieren oder anderswohin versetzt zu werden – ausserhalb Grossbritanniens.

Kurzfristige Entwarnung

Die Credit Suisse war vergangene Woche nach dem Brexit-Entscheid sehr schnell zur Stelle, um ihren Londoner Angestellten zu versichern, dass sich mit den Arbeitsplätzen in der Londoner Canary Wharf (Bild oben) absolut nichts ändere – zumindest kurzfristig.

«Das Resultat der Brexit-Abstimmung führt nicht automatisch zu Veränderungen der Beziehung Grossbritanniens mit der EU, und darum gibt es auch keine unmittelbare Implikationen für unsere Mitarbeiter und Kunden», erklärte ein Sprecher am Freitag.

Kurs auf Breslau

Veränderungen sind aber eh schon im Gange: So transferierte die CS ihr Hedgefonds-Geschäft bereits vor sechs Monaten von London in die irische Metropole Dublin, und zwar aus Kostenüberlegungen und nicht etwa wegen der Gefahr eines Brexits. Darüber hinaus verlagert sie auch Tausende von Stellen laufend ins polnische Wroclaw (dt. Breslau), wie finews.ch schon verschiedentlich berichtete.

Trotzdem werden die beiden Schweizer Banken nicht umhin kommen, Tausende von Beschäftigten in die EU zu verlagern, um erneut einen «Passport» zu haben, der es ihnen ermöglicht, ihre Produkte und Dienstleistungen en bloc innerhalb der EU zu vertreiben.

Vielseitige Bestrebungen

Während die UBS aktuell gut 5'400 Personen in Grossbritannien beschäftigt, sind es bei der CS rund 6'600 – eine Zahl, die in nächster Zeit ohnehin noch sinken wird, da die Bank unter ihrem CEO Tidjane Thiam derzeit ein weitreichendes Kostensenkungs-Programm am Laufen hat.

«Wir sind bestrebt, für unsere Kunden wie auch für die Zusammenarbeit mit den Behörden und Regierungsstellen einen reibungslosen Übergang zu einer Marktregelung mit Grossbritannien respektive mit der EU zu finden», sagte ein Sprecher der CS.

Ähnlich klingt es auch bei der UBS: «Wir befinden uns am Anfang eines mehrjährigen Prozesses (mit Grossbritannien), und wir werden diesen mit der selben Gewissenhaftigkeit angehen wie in unserem Heimmarkt Schweiz», erklärte ein Sprecher.

Aussenposten haben Tradition

Was das konkret heisst, bleibt unklar. Fest steht, dass Grossbritannien nicht mehr Teil des europäischen Einheitsmarkts ist. Für die beiden Schweizer Banken ist dieser Aus- oder Verlagerungsprozess indessen nichts Neues. Da die Schweiz nicht zur EU gehört, mussten die UBS und CS schon immer «Aussenposten» errichten, um den Zugang zu den EU-Staaten zu erhalten.

Für kleinere Schweizer Banken hatte die Themsestadt nie dieselbe Bedeutung wie für die UBS und die CS. Die vorwiegend in der Vermögensverwaltung für Private tätige Bank Julius Bär beispielsweise betreibt ihr Europa-Geschäft von Frankfurt aus; und die Bank Vontobel, die neben ihrem Private Banking auch eine grosse Abteilung für Strukturierte Produkte unterhält, hat München zu ihrem Europa-Hub erkoren.

Ironie der Geschichte

Doch es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass der Austritt Grossbritanniens ausgerechnet zu einem Zeitpunkt erfolgt, da die Schweiz selber damit beschäftigt ist, einen umfassenden Marktzugang mit der EU auszuhandeln.

«Die Zukunft wird zeigen, wie und in welchem Umfang Grossbritannien und die Schweiz gemeinsame Interessen in dieser Diskussion vertreten, heisst es aus hiesigen Finanzkreisen. «Aus Schweizer Perspektive sind wir es gewohnt, unser Geschäft nach den jeweiligen Volksentscheiden immer wieder anszupassen», ergänzte ein Sprecher der UBS.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.54%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.55%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.2%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.11%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.6%
pixel