Seit dem Brexit-Entscheid der Briten sei London nicht mehr das, was es einmal war, heisst es bisweilen in der City. Das hindert indessen diverse Schweizer Privatbanken nicht, ihre Ausbaupläne fortzuführen.

Die Genfer Privatbank Lombard Odier will in London das Geschäft mit wohlhabenden Kunden stärken. Dazu plant sie, ein knappes Dutzend Kundenberater zu engagiern, wie die «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig) diese Woche berichtete.

Diese Ansage steht im Kontrast zu anderen Verlautbarungen, wonach manche Finanzhäuser nach dem Brexit-Entscheid in der Themsestadt Stellen abbauen und Geschäftsbereiche in EU-Länder verlagern. Bei Lombard Odier ist das offensichtlich nicht der Fall.  

Grossbritannien bleibt ein Schlüsselmarkt

Der Austritt Grossbritanniens aus der EU stelle die Expansionspläne in keiner Weise in Frage, sagt Duncan MacIntyre (Bild unten), Länderchef für Grossbritannien bei Lombard Odier.

MacIntyre 500

«Wir stehen voll und ganz hinter unseren Wachstumsplänen und sind überzeugt, dass London ein wichtiges Finanzzentrum sowohl für europäische wie auch für Kunden aus Übersee bleiben wird», so MacIntyre weiter.

Brexit beflügelt Vermögensverwalter

Wie sich immer deutlicher zeigt, schlagen Vermögensverwalter in London Kapital aus dem Brexit. Offensichtlich hat das Bedürfnis nach Anlageberatung und Geldmanagement seit dem Ausgang des Referendums deutlich zugenommen, wie es in der City heisst. Vor allem die Nachfrage nach Investitionen in Privatmarkt-Anlagen hat dem Vernehmen nach angezogen.

Neben Lombard Odier konnte auch die andere grosse Genfer Privatbank, Pictet, aus dem Brexit Kapital schlagen, wie finews.ch unlängst berichtete. Und beispielweise auch Kleinwort Benson – eine Tochtergesellschaft der französischen Société Générale – hat unlängst mit mehreren Neuanstellungen auf die Opportunitäten reagiert, die sich offenbar aus dem Brexit ergeben.

Unlängst hat auch UBS-Präsident Axel Weber davor gewarnt, die «City» wegen des Brexits frühzeitig abzuschreiben. London – notabene der weltweit grösste Finanzplatz – sei sich seiner Wichtigkeit für das Vereinigte Königreich bewusst, und werde alles daran setzen, die Position zu halten.

Etabliertes Finanzzentrum

Nicht nur die Grösse des Finanzplatzes spricht für die Themsestadt auch ganz profane Gründe wie Englisch – die dominierende Sprache in der Finanzwelt. Hinzu kommt ein riesiger Pool an Talenten, die an rennomierten britischen Hochschulen wie Oxford, Cambridge oder der London School of Economics ausgebildet werden.

Während Jahrzehnten bildete sich in der «City» somit ein Finanz-Cluster inklusive Medienhäuser – Stichwort Financial Times –, der sich nicht auf die Schnelle kopieren lässt. 

Die Kehrseite der Medaille

Allerdings ist es nicht so, dass nun alle Finanzhäuser in Aufbruchsstimmung sind. Vor allem so genannte Asset Manager, also Firmen, die Finanzprodukte (Fonds, ETF) entwickeln und vertreiben, sehen sich durch den Ausstieg Grossbritanniens aus der EU vom europäischen Binnenmarkt abgekoppelt und schauen sich nach Standort-Alternativen um.

So will unter anderem auch die Schweizer Grossbank UBS angeblich 1'500 Banker aus London abziehen. Auch J.P. Morgan warnte bereits mehrmals, bis zu 4'000 Jobs abzubauen. Und selbst Börsenbetreiber wie die Schweizer Börse SIX führt bereits Gespräche mit der deutschen Finanzaufsicht.

London, ein teures Pflaster

Solche Abbaupläne ausschliesslich auf den Brexit zurückzuführen, ist wohl zu simpel. Vielmehr suchen Finanzinstitute, gezwungen vom Kosten- und Margendruck in der Branche, günstigere Standorte als London.

Zwar ist das Pfund seit dem Brexit deutlich schwächer geworden, aber in Ländern wie Irland oder Polen lässt sich nach wie vor viel günstiger produzieren. 

Nichts zuletzt deshalb hat die Credit Suisse (CS) sowohl in Dublin als auch in Polen ihre Ressourcen in den letzten Jahren deutlich erhöht, wie auch finews.ch berichtete.

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