Das Private Banking der Standard Chartered wurde verschiedentlich mit der Credit Suisse in Verbindung gebracht. Jetzt sprach CEO Bill Winters Klartext – ausgerechnet an einer CS-Konferenz.

Standard Chartered, die britische Bank mit einer starken Präsenz in Asien, Afrika und im Nahen Osten, steht nicht zum Verkauf. Entsprechende Spekulationen seien «gänzlich falsch». Dies sagte deren CEO, Bill Winters, diese Woche ausgerechnet an einer Investorenkonferenz der Credit Suisse (CS) in Hongkong.

Denn als potenzielle Käuferin galt regelmässig auch die CS. Besonders das Private Banking von Standard Chartered mit rund 60 Milliarden Dollar an Kundengeldern hätte der Schweizer Grossbank zu einem Quantensprung in Asien verholfen.

Grosse, grosse Schande

Doch daraus wird nun nichts, weil Winters «seine» Bank erst am Anfang eines mehrjährigen und milliardenteuren Restrukturierungsprogramms sieht. Das Unternehmen war im Zuge der weltweiten Finanzkrise tief in die roten Zahlen gerutscht und hatte vom britischen Staat gerettet werden müssen. Auch ein Verkauf an eine chinesische Grossbank stehe nicht zur Diskussion, betonte der Standard-Chartered-CEO weiter.

Stattdessen will Winters mit eigenen Anstrengungen die Bank wieder auf Vordermann bringen und so auch den Aktienkurs befeuern. Zum jetzigen Zeitpunkt das ganze Unternehmen oder Teile davon zu veräussern, wäre eine «grosse, grosse Schande», sagte der Banker, der seit 2015 das britische Finanzinstitut leitet und zuvor 26 Jahre im Sold der US-Investmentbank J.P. Morgan stand.

Als UBS-Chef gehandelt

Zeitweilig wurde der Amerikaner – der den Machtkampf gegen Jamie Dimon verlor und 2009 die US-Bank verliess – auch als potenzieller CEO der UBS gehandelt – schliesslich machte aber Sergio Ermotti das Rennen.

Im vergangenen Monat wies Standard Chartered einen Gewinn für 2017 von 744 Millionen Dollar aus und stellte erstmals seit 2015 wieder eine Dividende in Aussicht. Allerdings erreichte das Unternehmen eine Eigenkapitalrendite von gerade mal 3,5 Prozent. Als Ziel gelten 8 Prozent.

Partnerschaft mit Leonteq

Winters warnte allerdings vor überhöhten Erwartungen, nachdem die Bank in der Vergangenheit diese Kennzahl aggressiv nach oben geschraubt und in der Folge in Schwierigkeiten geraten war. «Das wollen wir nicht wiederholen», sagte Winters mit einem ironischen Unterton.

Standard Chartered erzielt einen grossen Teil seiner Erträge und Gewinne in den Schwellenländern, namentlich in Asien und Afrika, wo es über ein weitverzweigtes Geschäftsstellennetz verfügt. Strategisch wichtig ist das Unternehmen auch für die Schweizer Derivate-Entwicklerin Leonteq, haben doch beide Institute unlängst eine weitreichende Kooperation im Bereich Strukturierter Produkte in Angriff genommen.

One-Belt-One-Road-Projekt

Noch grössere Wachstumsimpulse verspricht sich Winters von der chinesischen «One Belt One Road»-Initiative, einem riesigen, staatlichen Infrastruktur- und Verkehrsvorhaben, das die chinesischen Wirtschaft mit der westlichen Welt verbinden soll.

Angesichts der damit einhergehenden Internationalisierung der chinesischen Währung Renminbi sieht der Standard-Chartered-CEO ein enormes Ertragspotenzial für seine Bank, die verstärkt auch besser verdienende Retailkunden, auch Affluents genannt, ansprechen will.

Busse in Singapur

Winters Wachstumspläne kamen diese Woche allerdings zu einem heiklen Zeitpunkt. Denn erstens musste die Bank in Singapur von der Finanzaufsicht (Monetary Authority of Singapore, MAS) eine Geldstrafe von umgerechnet knapp vier Millionen Franken vergegenwärtigen.

Der Grund dafür waren Kundengelder, welche die Bank von der britischen Steueroase Guernsey nach Asien verschoben hatte und der Verdacht auf Steuerhinterziehung und Geldwäscherei aufkam. Winters räumte auch ein, dass die Bank in der Vergangenheit nicht die nötigen Vorkehrungen und Abklärungen getroffen hatte.

Überraschender Abgang

Und zweitens folgte die Busse der MAS nur wenige Tage nachdem Neil Barry, der Compliance-Chef von Standard Chartered, freigestellt worden war. Winters betonte indessen, dass dies nichts mit der Strafe in Singapur zu tun habe.

Drittens gab am (gestrigen) Mittwoch Anna Marrs, die Asien-Chefin in Singapur, überraschend bekannt, Standard Chartered zu verlassen. Das zieht ein umfassendes personelles Revirement nach sich, das unter anderem dem früheren Credit-Suisse-Banker und heutigen Wealth-Management-Chef Didier von Däniken deutlich mehr Verantwortung verleiht.

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