heitz_hans_jacob_2Machiavelli stellte Macht über Moral und Ethik, was ein Charakteristikum zur Person Marcel Ospel darstellt, sagt Advokat Hans-Jacob Heitz.

Von Hans-Jacob Heitz, Advokat & Mediator SAV, Alt-Bundesverwaltungsrichter, Zürich

Schon bei der Swissair zeichnete sich Ospel aus, dass er in machiavellistischer Weise der Airline den Liquiditätshahn zudrehte, den bislang von Peter Kurer (!) beratenen Mario Corti auflaufen liess und die Swissair in die Nachlassliquidation trieb.

Ospel war im entscheidenden Augenblick nicht erreichbar, verleugnete sich, womit das Ende der Swissair besiegelt war. Sein engster Berater zur Übernahme der Crossair durch die beiden Grossbanken zwecks Auffanggesellschaft zur Schaffung der Swiss war Peter Kurer, der keine Interessenkonflikt-Skrupel kannte, in der Folge als Papabile Ospels sein Nachfolger wurde, dessen «Werk» fortführte, in der Folge kein Ruhmesblatt schrieb, die UBS vielmehr im Widerspruch zu vollmundigen Erklärungen, wie Aussicht auf Dividende, an den Staatstropf führte.

Er ignorierte die Wahrheit

Ospel agierte als Chef der UBS so, als wäre diese sein Eigentum, wollte sie in seiner Verblendung zur weltgrössten Bank machen. Eine Zielsetzung in gefährlich krassem Missverhältnis zum Volumen der Schweizer Volkswirtschaft, womit das Phänomen des «Too big to fail» geboren war.

Er ignorierte schlicht die Wahrheit, wonach den Banken fremdes Geld anvertraut ist, die Banker also Treuhänder ihrer Kunden sein sollten. Unter Ospel wurde eine verhängnisvolle von Gier, Macht und Arroganz getriebene Unternehmens-Unkultur mit exzessiven Boni entwickelt, die sich bis auf untere Kaderstufen spiegelte, was der Kunde heute noch spürt.

Narzisstisches Selbstverständnis

In den USA wurden in machiavellistischer Art gegenüber Gesetz und Recht immune Manager rekrutiert. Diese Unkultur, gepaart mit dem narzisstischen Selbstverständnis Ospels erklärt fürs Erste das Subprime-Debakel und den Cross-Border-Skandal mit Anstiftung und Beihilfe zu Steuerbetrug.

Bester Beweis für die machiavellistische Verblendung Ospels war dessen Aussage, wonach er Teil der Lösung, nicht des Problems sei. Dies obwohl er die UBS bereits in Titanic-Schieflage gebracht hatte.

Ein Bundesrat in merkwürdiger Rolle

Bedenkt man rückblickend, gemessen an den von Ospel bei der UBS in den Sand gesetzten weit über 20 Milliarden, dass für das von Ospel hintertriebene Überleben von Swissair «nur» einige wenige Milliarden nötig gewesen wären, erscheint die «Leistung» Ospels schon im Wechselspiel Swissair/UBS in einem ganz besonders problematischen Licht.

Weiss man, dass ein seriöser Sanierungsplan von Merrill Lynch auf dem Tisch lag, der dem Bund nur eine Staatsgarantie von 1 Milliarde abverlangt hätte, spielte bereits damals Kaspar Villiger, der Nachfolger Kurers, eine merkwürdige Rolle.

Willenloser Kaspar Villiger?

Obwohl Kaspar Villiger in seiner Rede an der Generalversammlung 2009 ein Umdenken garantierte sowie Ethik predigte und die Aktionäre der Führungsriege um Ospel die Décharge deutlich verweigerten, mauert Villiger im Teppichetagen-Réduit.

Vor Druck der GV-Einladung besuchte ich als Aktionärsvertreter mit substanzieller Aktienzahl Villiger, sprach die nicht aufgearbeitete Geschichte an, empfahl mit Hinweis auf die Untersuchung der Geschäftsprüfungskommission, die Décharge für die Jahre 2007 und 2008 zu verschieben, den Aktionären zur «Leistung» von Ospel & Co. Rechenschaft abzulegen.

Widerspruch zu gemachten Zusicherungen

Villiger hatte kein Einsehen, muss den vorausgesagten politischen Wirbel verantworten, welcher der Entwicklung der UBS schadet. Es beschleicht uns ein ungutes Gefühl, wenn wir stets auf dieselben Personen wie hier Ospel, Kurer und Villiger stossen, wenn ein wichtiges Schweizer Unternehmen am Abgrund steht.

Heitz_bwTrotz für 2007 klar verweigerter Décharge ist Villiger nicht bereit, die UBS-Geschichte aufzuarbeiten und Verantwortlichkeitsklage zu führen, womit er sich in Widerspruch zu seinen 2009 gemachten Zusicherungen stellt. Sein jüngster Brief nach Bern bedeutet mehr Alibi denn Einsicht, kann sein Fehlverhalten nicht entschuldigen.

Wir Aktionäre vermissen ein Signal an unsere Adresse, sind doch wir als Eigentümer erste Ansprechpartner des Verwaltungsrats, nicht die Politik! So verspielt Villiger seine Glaubwürdigkeit, dies umso mehr als er die urkundlich nicht geschuldeten Zusatzzahlungen an Kurer und Rohner durchgewunken, damit die Grenze zwischen Alt und Neu überschritten hat. Bliebe Villiger seinen den Aktionären abgegebenen Versprechen treu, müsste er zurücktreten.

Nicht ungeschoren davon kommen

In breiten Kreisen herrscht Verärgerung, Wut, Frust und Ohnmacht, weil Ospel nicht der Prozess gemacht werden soll. Es kann und darf aus staatspolitisch und rechtlich grundsätzlichen Erwägungen nicht sein, dass die Verantwortlichen wie Ospel & Co., welche nicht nur die UBS in den Ruin trieben, sondern dadurch den Finanzplatz Schweiz und durch diesen den Werkplatz Schweiz in grösste Gefahr brachten, ungeschoren davon kommen sollen.

Solcherart von Bundesrat und Villiger betriebenem Opportunismus muss entschieden entgegengetreten werden. Es ist ein Irrglaube anzunehmen, die UBS käme ohne Aufarbeitung der Geschichte besser zur Ruhe, das Gegenteil ist der Fall.

Handlungsmöglichkeiten?

Politisch: Die vom Nationalrat beschlossene PUK ist vom Ständerat abgelehnt, dieser will eine Expertenkommission. Somit bietet sich der Rechtsweg an. Dafür stehen den Aktionären die Mittel von Sonderprüfung, Verantwortlichkeitsklage und eventuell Strafanzeige zur Verfügung.

Strafrechtlich: Was ein Strafverfahren anbetrifft, sind die Verantwortlichen noch nicht aus dem Schneider. Strafanzeigen aus der Feder des problematischen Absenders politische Partei blieben, weil zu wenig professionell, chancenlos. Der Einwand der Staatsanwaltschaft, kein zweites Swissair-Debakel riskieren zu wollen, sticht nicht, denn dort lieferte die Staatsanwaltschaft schlicht eine miserable Anklage, welche scheitern musste.

Ansporn für die Staatsanwaltschaft

Jene Fehlleistung müsste der Staatsanwaltschaft Ansporn sein, sich am UBS-Dossier rehabilitieren zu können, wozu die Zürcher Staatsanwaltschaft III eingeladen sei. Die bisher getätigten Abklärungen können, gemessen an der trotz grösster Komplexität aufgewendeten auffällig kurzen Zeit, nicht genügend tiefgreifend erfolgt sein. Man muss nur wollen, die nötigen Ressourcen bereitstellen und schliesslich den Mut zum Handeln haben. Es gälte à fond vorzuuntersuchen, ob nicht doch Tatverdacht auf ungetreue Geschäftsbesorgung oder gar Misswirtschaft – ohne Staatshilfe wäre die UBS bankrott – erstellt ist. Hier steht die Glaubwürdigkeit unserer Strafjustiz auf dem Prüfstand.

Zivilrechtlich: Mit der Décharge-Verweigerung wurde für die Verantwortlichkeitsklage ein entscheidender Steilpass gespielt, welchen es nur noch zu verwerten gilt. Allerdings ist zu bedenken, dass der finanzielle Prozesserfolg nicht dem Kläger, sondern dem Unternehmen zufliesst.

Risiko falscher Hoffnungen

Klagende Aktionäre profitieren nur indirekt, das heisst, der Kläger trägt insbesondere das Prozesskostenrisiko, weshalb nicht verwundert, dass dasselbe bei der hier gültigen Dimension gescheut wird. Dieser Umstand mag die Geschäftsprüfungskommission angeregt haben, das Prozesskostenrisiko für Gerichtsgebühren und Anwaltskosten dem Bund aufzuerlegen.

Die GPK spricht damit einer Art Popular-Klage das Wort, was systemfremd ist. Der Gedanke der GPK erscheint mehr populistisch denn durchdacht. Einmal mehr riskiert die Politik dem Bürger falsche Hoffnungen zu machen, denn die Umsetzung der GPK-Idee erachte ich als politisch nicht umsetzbar.

Wer muss den Nachweis erbringen?

Wenn schon, dann müsste der Bund die UBS in die Pflicht nehmen und von dieser die Tragung des Prozesskostenrisikos einfordern, wie dies sinngemäss in den USA üblich ist. Für diesen Schritt läge die Legitimation des Bundes auf der Hand, überlebte die UBS doch nur dank Bundeshilfe. Noch hält sich der Bundesrat bedeckt. Übersehen wird bei der GPK der Faktor Zeit, denn für die Klage zu 2008 läuft eine kurze Frist, wozu die grosse Zahl von Aktionären legitimiert wäre, die auch für 2008 die Décharge verweigerten.

Klar bleibt: Der Nachweis des bei der UBS eingetretenen Schadens dürfte noch relativ einfach zu erbringen sein, der Nachweis des Kausalzusammenhangs und von dessen Adäquanz zwischen Ursachen wie Sorgfaltspflichtverletzungen und Schaden aber, ist äusserst schwierig. Kann die Hürde des Nachweises von Sorgfaltspflichtverletzungen genommen werden, geniesst der Kläger die Rechtswohltat der Verschuldensvermutung, das heisst Ospel & Co. hätten den Nachweis ihrer Unschuld zu erbringen.

Unkluge Verweigerung

Der «externe» Kläger aber befindet sich bei Verantwortlichkeitsprozessen stets im Beweisnotstand, hat er doch keinen Zugriff auf Verträge, Verwaltungsratsprotokolle, Intranet sowie andere Korrespondenz. Dieser Beweisnotstand könnte im Vorfeld mit einer Sonderprüfung gemildert werden, weshalb es mit Blick auf die GV 2011 einen Sonderprüfungsantrag zum Geschäftsjahr 2007 zu erwägen gilt.

Stets ist zu bedenken, dass Geschäftstätigkeiten von Finanzinstituten äusserst dynamische und vielschichtige Prozesse sind; nicht alles was 2007 wirksam war, wurde auch im Jahr 2007 verursacht. Zudem wirkte Ospel bis zur GV 2008. Bedenkt man diese hohen Hürden, kommt man automatisch zur Erkenntnis, dass der einfachste und schnellste Weg Klage durch die UBS selbst lautet, wobei sich Aktionäre anschliessen könnten. Diesen Weg wollte Villiger und sein Verwaltungsrat bislang nicht gehen, was unkluge Verweigerung und schlechte Corporate Governance heisst.

Quintessenz

Der Bundesrat muss den Verwaltungsrat der UBS auf den Rechtsweg zur Verantwortlichkeitsklage zwingen. Die GPK hat den Ball ins Spiel gebracht, es gilt nun «Tore zu schiessen». Aus dem Fall Ospel/UBS sind Lehren zu ziehen, die ihren Niederschlag in der Aktienrechtsrevision finden müssen.

Dabei geht es um Beschränkung von Macht und Stärkung der Aktionärsrechte; die Abzockerinitiative greift hier zu kurz. Bei Konzernleitung, Verwaltungsrat und Bankkadern aller Stufen muss die Einsicht einkehren, dass sie ihnen anvertrautes fremdes Geld treuhänderisch zu verwalten haben.

Glaubwürdigkeit muss her

Nur mit einer griffigen Aufarbeitung des Falls UBS und Ospel kann die Glaubwürdigkeit von UBS, Banken, Finma, Justiz und politischen Behörden wiederhergestellt werden. Es steht global betrachtet die Glaubwürdigkeit von Finanzplatz und Wirtschaftsstandort Schweiz auf dem Spiel. Aufarbeitung der Geschichte durch Verantwortlichkeitsklage, eventuell Strafanzeige, sind wichtige vertrauensbildende Massnahmen.

Vertrauen ist bekanntlich das wichtigste Kapital einer Bank. Darauf wartet man nicht nur in der Schweiz, sondern auch im Ausland. Bleibt dieser Schritt aus, bleibt am heutigen Verwaltungsrat der Makel von Verfilzung und Mutlosigkeit hängen, bleibt das Vertrauen nachhaltig angekratzt, fliesst Geld ab, wird der Börsenkurs weiter vor sich her dümpeln.

Weitere Informationen unter diesem Link.


Dieser Beitrag wird gleichzeitig publiziert in PRIVATE Ausgabe 4/2010 – Das Magazin für private und institutionelle Investoren.

 

 

 

 

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.54%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.55%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.2%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.11%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.6%
pixel