Die ESG-Bewegung erleidet nochmals einen Schlag, da ein weiterer wichtiger Akteur Kritik an Netto-Null-Allianzen äussert. Stehen die Schweizer Banken mit ihrem Nachhaltigkeitsengagement bald alleine da?

Wenn es um ESG-Investitionen geht, kann sich die Branche nicht darauf einigen, wer die Regeln aufstellen soll und wie weit die Finanzinstitute gehen sollen, um Unternehmen zu mehr Nachhaltigkeit zu bewegen. Schlimmer noch: Es stellt sich die Frage, ob es überhaupt ihre Entscheidung ist.

Kein Diktat der Finanzbranche

Das Dilemma spricht Tim Buckley, CEO von Vanguard, in einem Artikel der «Financial Times» (Artikel kostenpflichtig) an. Darin erklärt er, warum die zweitgrösste Investmentgesellschaft der Welt im Dezember aus der Net Zero Asset Manager Alliance ausgetreten ist.

Für Buckley ist es Aufgabe der Politiker und Regulierungsbehörden, das ESG-Regelwerk zu schreiben. Finanzakteure wie Vanguard sollten sich darauf konzentrieren sicherzustellen, dass die Unternehmen diese Regeln anwenden. Hingegen sollten sie die Strategien der Unternehmen, in die sie investieren, nicht diktieren, sagte er in dem Interview.

Allgegenwärtige Kritik

Finanzinstitute, die sich den Net-Zero-Allianzen der Branche angeschlossen haben, geraten zunehmend ins Fadenkreuz der Kritik, die von allen Seiten kommt, darunter von aktivistischen Anlegern, Gouverneuren ölreicher US-Bundesstaaten und der breiten Öffentlichkeit.

Blackrock-CEO Larry Fink musste diese Erfahrung machen, als er sich sowohl mit Vorwürfen über Blackrocks «offensichtliche Heuchelei» bei der Verwendung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Investitionsverpflichtungen als auch mit Kritik von texanischen Beamten auseinandersetzen musste. Letztere warfen der Investmentgesellschaft vor, gegen Kartellgesetze zu verstossen und Aktionärsstimmrechte zur Förderung von politischen Zielen zu missbrauchen.

Bald Mainstream

Was bedeutet die Debatte für die Schweiz, die eine Netto-Null-Allianz-Mitgliedschaft im eigenen Land anstrebt und deren Regierung auf ihrer Website nachhaltige Finanzen als Motor ihrer Finanzindustrie aufführt?

In einem früheren Interview zeigte sich die Leiterin von Swiss Sustainable Finance, Sabine Döbeli, gegenüber finews.ch zuversichtlich. Sowohl die wachsende Kritik an ESG-Investitionen als auch das komplizierter werdende regulatorische Umfeld für Banken und Vermögensverwalter, die nachhaltige Anlagen anbieten, sei ein Anzeichen dafür, dass sich aus der Nische nun ein Massenmarkt bilde.

Auch seitens der Bankiervereinigung (SBVg) schwört man auf die Netto-Null-Allianz. Die Net-Zero-Allianzen im Rahmen der 2021 gegründeten Glasgow Financial Alliance for Net Zero (GFANZ) seien dabei, zum Goldstandard in Sachen Transparenz über die Klimaverträglichkeit von Finanzströmen im Rahmen des Pariser Klimaabkommens zu werden, heisst es auf Anfrage.

«Die SBVg unterstützt die Ziele dieser Allianzen und betrachtet den Beitritt einer Institution einerseits als Zeichen eines profunden, gut durchdachten thematischen Engagements und andererseits als Beleg für ein hohes Engagement auf strategischer und operativer Ebene.»

Nichts für Angsthasen

Im Namen des Schweizer Staatssekretariats für internationale Finanzen sagte Christoph Baumann im November letzten Jahres gegenüber finews.ch, dass Netto-Null-Allianzen für ehrgeizige Akteure angemessen seien. Nur um eine universelle Mitgliedschaft zu gewährleisten, sollten die Klimaziele nicht verwässert werden.

Vielleicht ist jetzt der Moment gekommen, in dem die Schweiz ihre Führungsrolle unter Beweis stellen und die Verhandlungen zwischen den Streithähnen in der Debatte um nachhaltige Finanzen erleichtern kann.

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