Inzwischen kehren auch langjährige UBS-Kader und erfahrene Frontleute der kombinierten Grossbank vermehrt den Rücken. Dafür gibt es gleich mehrere Beweggründe.

«In garden leave»: Dieser Vermerk ziert nun das Profil von Sonia Gössi auf dem Online-Portal Linkedin. Ab sofort ist die Kaderfrau nicht mehr operativ bei der UBS tätig; stattdessen tritt die Private Bankerin Anfang nächsten Jahres in die Geschäftsleitung von Julius Bär ein. Beim Zürcher Traditionshaus wird sie für die Märkte Schweiz und Europa verantwortlich sein.

Gössi wechselt nicht alleine von der UBS zu den «Bären». Thomas Frauenlob, der globale Leiter für das Business mit Finanzintermediären bei der UBS, wird kommenden April als Leiter Intermediaries & Family Offices ins Management der Privatbank wechseln.

Von der Karriereleiter gesprungen

Wie Gössi ist Frauenlob ein hochrangiger und langjähriger Kader der UBS, bestens vernetzt bei einer superreichen Kundschaft und eigentlich mit den besten Aussichten, bei der bald zweitgrössten Vermögensverwaltung-Bank der Welt die Karriereleiter weiter nach oben zu klettern.

Stattdessen wagten beide den Ansprung zu einem – gemessen an den 3,7 Billionen Dollar in der Globalen Vermögensverwaltung (GWM) der kombinierten UBS – Nischenplayer im Metier.

Gefährliche Doppelspurigkeiten

Auffallenderweise sind sie mit dem Entscheid nicht nur zu zweit, sondern in zunehmend dichter Gesellschaft. Hat auch finews.ch in den vergangenen Monaten über die nicht abreissen wollende Welle an Abgängen bei der Credit Suisse (CS) berichtet, mischen sich inzwischen vermehrt Bisherige der UBS in den Exodus bei der Megabank.

Dies dürfte einerseits Doppelspurigkeiten geschuldet sein, die bei der Grossbank spätestens nach dem Entscheid zur Vollintegration der CS vom vergangenen August eliminiert werden. In der Schweiz etwa sah es zunächst danach aus, als hätten bisherige UBS-Banker gegenüber ihren CS-Pendants bessere Chancen auf einen Job; doch letztens wurden bei der Verteilung der zehn Regionenleitungen in der Schweiz immerhin drei bisherige CS-Kader berücksichtigt. Dies dürfte in den Reihen der UBS zur Kenntnis genommen worden sein.

Selbst Kleinbanken landen Coup

Anderseits fällt auf, dass es selbst im Private Banking, wo die UBS weltweit eine Führungsrolle beansprucht, zu Abgängen kommt. Auch kleinere Adressen entwickeln da einige Zugkraft, wie das Beispiel von Piguet Galland zeigt. Der Privatbanken-Tochter der Waadtländer Kantonalbank gelang es, gleich sieben Kundenberaterinnen und -berater bei der kombinierten Grossbank loszueisen. Immerhin zwei davon arbeiteten zuvor bei der UBS.

Auch bei UBS-Spezialisten für ausländische Märkte werden Konkurrenten fündig, so etwa im Fall des langjährigen Superreichen-Banker Urs Büchi, der nun von Zürich aus das deutsche Private Banking der britischen Schroders anführt. Und wie der Zürcher Finanzblog «Inside Paradeplatz» berichtete, sollen beim Nahost-Desk der UBS in Genf gleich zehn Kundenberater gekündigt haben.

Grüneres Gras?

Bestätigt ist dies nicht; ebenfalls ist unklar, inwiefern solche Wechsel den internen Umbauten bei der kombinierten Grossbank geschuldet wären. Fakt ist aber, dass die UBS dieser Tage nochmals die operative Führung im Geschäft mit den Petromilliardären aus dem Nahen Osten neu bestellt hat.

Gut möglich ist schliesslich, dass für manche dynamische UBS-Bankerinnen und Banker das Gras anderswo grüner aussieht. Denn auch wenn Bankchef Sergio Ermotti die CS bis im Jahr 2025 verschwinden lassen und die Integration 2027 abschliessen will, zeichnet sich doch ab, dass die Megabank bis dahin stark auf den Zusammenschluss fokussiert sein wird.

Solange mögen aber manche nicht zuwarten mit ihren Ideen und Ambitionen.

«Das Leben ist zu kurz»

Mara Harvey, eine langjährige UBS-Kaderfrau, welche die Grossbank noch vor der CS-Übernahme verlassen hat und nun das Schweiz- und Europa-Geschäft der kleinen Liechtensteiner VP Bank leitet, brachte das finews.ch gegenüber kürzlich auf den Punkt: Bei jeder Fusion sei die betroffene Organisation mindestens 18 Monate mit sich selber beschäftigt. Die Führung der UBS rechne nun sogar mit vier Jahren Integration. «Ich finde, das Leben ist zu kurz, um sich vier Jahre lang mit sich selber zu beschäftigen», so Harvey.

Während des der UBS bereits im abgelaufenen zweiten Quartal einigermassen gelungen ist, die Mittelabflüsse bei der CS zu stoppen, ist noch unklar, wie sich die Kunden der beiden Grossbank in Zukunft orientieren werden. Dies gilt auch für das Private Banking, wo reiche Privatpersonen darauf achten werden, nicht zu viel Vermögen bei einer einzelnen Bank zu parken. Bei der Konkurrenz wittert man hier die grosse Chance.

Die zweite Welle

So sagte etwa Julius-Bär-Präsident Romeo Lacher schon im vergangenen Mai, dass er eine zweite Welle von Vermögensabflüssen bei der Grossbank für möglich halte. «Eine derartige Entwicklung dauert länger», gab Lacher aber zu bedenken. «Berater überlegen sich, die Bank Richtung Konkurrenz zu verlassen. Sobald sie für den Schritt bereit sind, werden sie versuchen, ihre Klientel mitzunehmen.»

Wenn nun UBS-Kader und Kundenberaterinnen und -berater mit dicken Büchern der Grossbank den Rücken kehren, so wäre zumindest die Basis für eine weitere Abwanderung von Kunden gelegt.

Hohe Kader eingestellt

Allerdings wird im Umfeld der Grossbank Wert auf den Umstand gelegt, das in den vergangenen Monaten diverse hohe Kader mit Kundenkontakt zum Unternehmen gestossen sind. Seit Mitte März hat die UBS etwa mehr als ein Dutzend Managing Director für das Front-Office ernannt. Dazu gehört Jin Yee Young, die als Co-Leiterin für die Sparte GWM in der Region Asien-Pazifik zurückkehrte.

Weiter wird auf Giovanni Ronca verwiesen, der seit September GWM in Italien leitet, und Ulrike Hoffmann-Burchardi, die Ende des Monats in das Chief Investment Office von GWM wechselt.

Gegen den Trend

Bei der Grossbank ist CEO Ermotti grundsätzlich entschlossen, sich der Abwanderung von Kunden in den Weg zu stellen. Doch auch er muss sich den Zwängen der Diversifikation beugen. «Es wird fast unmöglich sein, alles zurückzubekommen, aber unser Ziel ist es, so viel wie möglich zurückzuerhalten», sagte er kürzlich mit Bezug auf die bei der CS bereits abgeflossenen Vermögen.

Man darf gespannt sein, wie die UBS auf sich öffnende Lücken in den eigenen Reihen künftig reagieren wird.

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