Mit dem Wegfall des Bankgeheimnisses sei im Swiss Banking ein neuer Beratertyp nötig, sagt Personalexperte Gisbert Straden.

Gisbert_StradenGisbert Straden ist geschäftsführender Partner der Firma IM Training in Steckborn. In Deutschland arbeitet er mit der Firma Investors Marketing zusammen, einer der renommiertesten Unternehmensberatungen im Bereich Finanzinstitute.

Im Gespräch brachte es ein Private Banker der Credit Suisse kürzlich auf den Punkt: «Unsere wirkliche Konkurrenz ist in Zukunft nicht die UBS oder Julius Bär, sondern die Sparkasse Castrop-Rauxel.»

Denn mit dem zumindest in Deutschland gefühlten Fall des Bankgeheimnisses überlegen die vermögenden Anleger in Castrop-Rauxel, Hamburg oder München nicht mehr, bei welcher Bank in der Schweiz ihr Geld am besten aufgehoben ist, sondern ob sie überhaupt noch in die Schweiz gehen sollen.

Banale Dinge zählen

Und mit dem Wegfall des Zugpferdes Bankgeheimnis zählen plötzlich so banale Dinge wie Service, Beratungsqualität, Kontinuität und Kosten. Und längst haben die Banken am Finanzplatz Deutschland erkannt, dass sie mit diesen Argumenten viele Kunden wieder und oder neu gewinnen können.

Der Grund dafür ist, dass die Schweizer Privatbanker – seien wir ehrlich – in aller Regel zumindest nicht das Serviceniveau ihrer deutschen Kollegen hinsichtlich Gesprächsführung, Beratungsqualität, Ganzheitlicher Beratungsansatz und Erreichbarkeit erreichen.

Mangelndes Ausbildungsniveau in der Schweiz

Der deutsche Kunde ist hinsichtlich dieser genannten Punkte auf Grund der sehr gut qualifizierten und durch den harten Wettbewerb trainierten Berater in Deutschland verwöhnt.

Das hier mangelnde Ausbildungsniveau in der Schweiz nahmen die Kunden in der Vergangenheit auf Grund des klassischen Offshore-Bankings mit seinen Vorteilen der Steuerneutralität hin. Fällt dieser Vorteil nun weg, fragt sich ein Kunde, weshalb er eine schlechtere Beratungsqualität hinsichtlich der Anwendung eines Beratungsprozesses und einer ganzheitlichen Gesprächsführung dennoch in Kauf nehmen soll.

Nur auf dem Papier

Wohlgemerkt: Es gibt meines Erachtens keine Schweizer Bank, die nicht über einen mehr oder weniger guten, sei es nun vier- oder fünfstufigen Beratungsprozess, verfügt. Leider wird dieser dem Kunden nur auf dem Papier präsentiert und nicht im Gespräch und der laufenden Betreuung erlebbar und wahrnehmbar gemacht.

Um auf Dauer Kunden mit offiziellen Geldern in der Schweiz zu halten und zu gewinnen, muss die vielgerühmte und immer noch aktuelle Swissness (um diesen Neologismus für Fairness, Präzision und Zuverlässigkeit zu bemühen) um eine entsprechend erlebbare Beratungs- und Gesprächsqualität ergänzt werden.

Falsche Ziele

Zwar fehlt es auch in der Schweiz nicht an Schulungsmassnahmen. Doch viel zu selten stehen hier im Fokus Dinge wie «Emotional Banking» – also wie kann ich die Ziele, Wünsche und Träume des Kunden strukturiert, systematisch und ganzheitlich im Beratungsgespräch für den Kunden wahrnehmbar machen.

Ein weiterer wichtiger Punkt besteht darin, bereits im Vorfeld zu prüfen, inwieweit eine Bank überhaupt über die richtigen Berater verfügt. Die meisten Berater – neudeutsch Relationship Manager – würden sich eher als beziehungsorientierte und fachlich exzellente Vermögensverwalter beschreiben. Genau diese benötigen wir jedoch nicht.

Leistungsorientierter Menschenfreund gefragt

In der ersten Reihe benötigen die Privatbanken der Schweiz den in der Psychologie als «leistungsorientierten Menschenfreund» bezeichneten Beratertyp. Er unterscheidet sich vom leistungsorientierten Vermögensverwalter dadurch, dass er nicht bestehende Asset-Management-Konzepte vorstellt, sondern mit Empathie das für den Kunden passende findet, ihn sozusagen «abholt».

Um hier ein Beispiel zu nennen: Im Durchschnitt dauert es (beratergetrieben) maximal vier Minuten, bis entweder ein Produkt oder aber der Depotauszug auf dem Tisch liegt – Zeit für ein freies Gespräch bleibt da nicht.

Scheitern häufig

Dieser leistungsorientierte Menschenfreund bringt eine weitere Tugend mit, die bei den Schweizer Privatbanken lange nicht hoch im Kurs stand: die systematische und strukturierte Netzwerkarbeit.

Eine solche Fähigkeit wurde bisher nie gefordert und benötigt. Zwar wissen mittlerweile alle RMs, dass sie in Netzwerken aktiv sein sollten, um Kontakt zu potenziellen Kunden aufzubauen. Also machen sich viele auf in die bekannten Lions-Gesellschaften und Golfclubs - und scheitern in der Mehrzahl der Fälle.

Souverän und selbstverständlich

Denn die Bank und ihre Berater übersehen, dass Netzwerkarbeit nur dann erfolgreich ist, wenn diese in Netzwerken erfolgt, welche die innere Motivstruktur des Beraters und dessen Interessen berücksichtigt, und die der Berater nicht rational aus einer Notwendigkeit heraus wählt, sondern aus Begeisterung.

Lernen die Relationship Managers nicht, sich in ihren Kundennetzwerken souverän und selbstverständlich zu bewegen, können sie keinen Erfolg haben.

Noch vieles nicht erkannt

Letztendlich könnten auch die unvermeidlichen Beratungsprotokolle – auch wenn diese in der Schweiz zurzeit noch fakultativ sind – durchaus als Verkaufsunterstützung verstanden und eingesetzt und nicht als lästige bürokratische Übung abgetan werden.

Viele Berater haben noch nicht erkannt, dass sich hinter diesen Protokollen eine Beratungsunterstützung verbirgt, sofern diese richtig eingesetzt werden. Schliesslich können sie dem Kunden Sicherheit und Transparenz für das Beratungsgespräch vermitteln.

Konkurrenz aus Castrop-Rauxel

Hier genügt es nicht, einfach Kollegen von deutschen Banken abzuwerben, das Thema muss inhouse verstanden werden, um es richtig umzusetzen. Es ist zu anzunehmen, dass man das in der Sparkasse Castrop-Rauxel schon erkannt hat.

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