Seit die CS-Aktie ständig neue Minusrekorde aufstellt, schiessen Personalgerüchte ins Kraut. Vieles ist Unsinn. finews.ch bringt 10 Fakten.

1.  Brady Dougan unter Druck? Ja, aber...

Es ist nichts Neues, dass Konzernchef Brady Dougan in Bedrängnis ist, seit der Wert der CS-Aktien sich dezimiert hat. Das macht niemandem Freude, weder den Mitarbeitern, noch den Aktionären. Über eine allfällige Nachfolge wird im Verwaltungsrat bereits auch seit längerem diskutiert, wie bankintern regelmässig zu hören ist.

Und die Tatsache, dass frei werdende Leitungsfunktionen (Informatik, Americas) an bestehende Konzernleitungsmitglieder übertragen wurden, lässt zusätzlich darauf schliessen, dass man einem frischen CEO die Neubesetzungen überlassen will. Allerdings steht die Ablösung Dougans nicht unmittelbar an.

2. Walter Berchtold als Kronfavorit? Ach was

Die am vergangenen Wochenende lancierte Meldung, wonach der frühere Private-Banking-Chef Walter Berchtold der heisseste Anwärter auf den CEO-Job sei, ist Unsinn. Berchtold wurde letzten August «wegbefördert», weil er im Private Banking zu lange zuwartete: Weder hatte er beispielsweise die Offshore-Thematik vorweggenommen, noch den Niedergang von Clariden Leu bremsen können.

Berchtold bewährte sich einzig als «Schönwetterpilot», als alles ohnehin gut ging. Selbst wenn er sich nun von seinem Repräsentierjob als Chairman im Private Banking wieder ins Gespräch bringt, hat er im Verwaltungsrat nicht genügend Supporter, wie aus dem Gremium inoffiziell zu vernehmen ist.

3. Die Kräfteverhältnisse im VR sind vorläufig unverändert

Im 15-köpfigen Aufsichtsgremium der Credit Suisse sind die Kräfteverhältnis seit einigen Jahren klar verteilt. Das Sagen haben vor allem Präsident Urs Rohner, Vize-Präsident Peter Brabeck sowie Walter Kielholz, Aziz Syriani sowie der einstige CS-Finanzchef Richard Thornburgh.

Letztere drei sitzen in mindestens zwei Kommissionen. Sie alle dürften weder Walter Berchtold noch den früheren CS-Schweiz-Chef Ulrich Körner als CEO favorisieren; auch Körner ist ein Name, der im Gerüchtekarussell an der Bahnhofstrasse als Dougan-Nachfolger gehandelt wird (siehe dazu auch Punkt 5).

4. Bilanz der Clariden-Leu-Integration ist noch verfrüht

Die in den letzten Monaten eingeleiteten Massnahmen werden frühestens im 4. Quartal messbar sein. Zeichnet sich ab, dass die Mission erfolgreich ist, dürfte sich Hans-Ulrich Meister für den CEO-Posten empfehlen. Der langjährige UBS-Mann, der 2008 zur CS wechselte, wo er seither eine steile Karriere macht, übernahm im letzten Sommer neben dem Retail- und Schweiz-Geschäft auch noch das Private Banking.

Er besiegelte letztlich das Ende der maroden Privatbank Clariden Leu. Klar, dass er in seiner Funktion, gerade bei zahlreichen Ex-Clariden-Leu-Leuten, nicht unbedingt gut ankommt. Doch die Integration verlief bislang absolut nach Plan; wobei es tatsächlich noch verfrüht ist, Bilanz zu ziehen.

5. Die externen «usual suspects» sind bloss Staffage

Niemand wird im Ernst daran glauben, dass der seinerzeit bei der Credit Suisse eher glücklose Ulrich Körner, inzwischen abgesprungen zum Lokalrivalen UBS, als CEO zur CS zurückkehrt, selbst wenn manche Medien schreiben, er habe «reelle Chancen» (siehe siehe auch Punkt 3). Auch Hugo Bänziger, der geschasste Risk-Chef der Deutschen Bank, ist bestenfalls eine renommierte Figur – aber er stand auch stets im Dunstkreis von Josef Ackermann.

Leonhard Fischer schliesslich, einst in der Ausmarchung mit Brady Dougan durchaus ein Kandidat, ist heute zu weit weg, als dass er noch eine Option wäre. Mit seiner eher etwas forcierten und sophistiziert wirkenden Art dürfte der Deutsche ohnehin wenig Chancen in einer CS haben, die wieder mehr Swissness anstrebt.

6. Die Operation erfolgt am offenen Herzen

Die Integration von Clariden Leu ist eine «Operation am offenen Herzen» angesichts des schwierigen Private-Banking-Umfelds. Tiefe Erträge, passive Kunden und erodierende Margen setzen ein Geschäft unter Druck, das nicht länger von den Vorteilen des früheren Schweizer Bankgeheimnisses profitieren kann.

Vor diesem Hintergrund ist die Reorganisation der CS-Vermögensverwaltung ein heikles und kapitales Unterfangen. Funktioniert die Einverleibung der Rumpf-Clariden-Leu nicht, dürfte die Wertvernichtung innerhalb des Konzerns enorm werden.

7. Die CS muss sich in einer neuen Realität zurechtfinden

Die Entwicklung im internationalen Private Banking ist dieses Mal mehr als nur ein zyklischer Abschwung. Was mittlerweile stattfindet, ist eine epochale Transformation, welche die bisherigen Geschäftsmodelle radikal hinterfragt.

Extreme Effizienzsteigerungen und Kostensenkungen sind vonnöten, was auch bei einer Bank wie die Credit Suisse noch enorme Anpassungsleistungen erforderlich macht.

8. Aktionäre brauchen noch allerhand Durchhaltewillen

Die im Vergleich zur UBS so unbefriedigende Entwicklung der CS-Titel in den letzten zwei Monaten ist nicht unbedingt durch Fundamentaldaten erklärbar. Sie zeigt eher die relative Erholung der UBS als einen überproportionalen Vertrauensverlust in die CS. Denn solange die Cheffrage offen ist; man auf Anzeichen warten muss, dass die Credit Suisse die Transformation erfolgreich meistert; und die gelähmten Märkte ohnehin den Banken das Leben schwer machen – so lange wird die Aktie keine Sprünge machen.

Sobald aber Anzeichen für eine nachhaltige Veränderung sichtbar werden, – zumal wenn bis dahin auch die USA-Frage gelöst ist –könnte der Titel plötzlich zu einem Highflyer im Bankensektor werden.

9. Das Investmentbanking wird unterschätzt

Nach dem jüngsten Milliarden-Verlust bei J.P. Morgan ist das Image des Investmentbanking mehr denn je ramponiert. Dadurch dürften die Forderungen nach mehr Regulation, gar nach einer Abspaltung dieses Bereichs wieder Oberwasser kriegen. Dabei wird allerdings unterschätzt, dass das klassische Investmentbanking, also Kapitalmarktfinanzierungen sowie die Beratung von Firmen bei Übernahmen und Fusionen, erhebliche Erträge generieren können, vor allem in einer Welt, in der die staatliche Verschuldung immer grössere Dimensionen annimmt.

Gerade die Credit Suisse ist etwa im Schweizer Investmentbanking die unangefochtene Nummer eins und könnte innerhalb der Bank für beträchtliche Impulse sorgen, die von einem neu organisierten Private Banking dankbar aufgenommen würden.

10. Bis Ende 2012 wird die CS eine andere sein

Bis in sechs Monaten müssen zahlreiche Baustellen aufgeräumt sein, ansonsten scheitert die Mission: Die Integration von Clariden Leu muss bis dann Früchte tragen, das USA-Problem muss vom Tisch sein.

Das europäische Private-Banking muss auf neuen Füssen stehen; das Schwarzgeld-Vermächtnis darf kein Thema mehr sein, und das Geschäftsmodell muss effizient und kostengünstig funktionieren. Unter diesen Prämissen wird auch eine neue Crew die Credit Suisse lenken.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
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