Die Credit Suisse ist in einer prekären Situation. Die Aufregung wächst. Dabei bräuchte der Konzern nun vor allem Ruhe, um die Weichen für die Zukunft zu stellen.

1. Brady Dougan braucht Zeit

Seinen Kopf hätte man schon vor Jahresfrist fordern können. Doch schon damals blieb Brady Dougan beharrlich. Darum ist es müssig, nun weiter über seine Absetzung zu spekulieren. Die Credit Suisse (CS) ist im Moment noch nicht so weit, einen neuen CEO zu stellen. Darum muss der Amerikaner vorläufig weiter die Geschicke der Schweizer Grossbank lenken. Spätestens bis Ende Jahr muss die Situation jedoch anders aussehen.

2. Starke Aktionäre übernehmen das Ruder

Dass die Grossaktionäre Aziz Syriani von der saudiarabischen Olayan-Gruppe sowie Bin Hamad J. J. Al Thani vom katarischen Staatsfonds der CS nun zu neuem Kapital verhelfen sollen, ist höchst positiv zu werten. Ziel soll es sein, spätestens Ende Juli, bei der Präsentation der Zahlen für das 2. Quartal, eine Lösung aufzuzeigen. Die beiden Miteigentümer der CS gehören zu den einflussreichsten CS-Aktionären. In ihrer Hand liegt es auch, dass sich die Schweizer Grossbank entscheiden aus dem Investmentbanking verabschiedet und sich wieder vermehrt auf ihre Kernkompetenz in der Vermögensverwaltung besinnt. 

3. Alte Verwaltungsräte sollen abtreten

Im Verwaltungsrat rumort es. Anders lassen sich die gegenläufigen Reaktionen aus dem obersten Aufsichtsgremium nicht interpretieren. Allerdings wäre es falsch, wenn jetzt wieder die Riege um Walter Kielholz und Peter Brabeck die Führung übernehmen würde, wie in manchen Medien kolportiert wird. Kielholz ist zwar schon lange dabei und hat verschiedentlich eine entscheidende Rolle innerhalb der CS gespielt, doch sein Erfolgsausweis überzeugt kaum, um die Schweizer Grossbank in eine neue Zukunft zuführen. Vielmehr war er massgeblich an den Weichenstellungen beteiligt, welche die Bank in den letzten Jahren in die Misere geführt haben. Eine umfangreiche Erneuerung des Verwaltungsrats tut not.

4. Urs Rohner steht enorm unter Druck

Tatsächlich ist Verwaltungsratspräsident Urs Rohner in den letzten Wochen und Monaten sozusagen abgetaucht. Das ist unvorteilhaft für ein Unternehmen, dass dermassen in Schwierigkeiten steckt. Die viel gepriesene Leadership lässt Rohner somit vermissen und setzt sich einem immer grösseren Erwartungsdruck aus. Nur wenn er es versteht, mit klaren Aussagen für wieder mehr Vertrauen in die CS zu sorgen, kann er sich halten.

5. Neue Geschäftsfelder erschliessen

Will sich die CS bewähren, muss sich einzelne Geschäftsfelder rasch ausbauen. Dazu gehören das Asset Management sowie die institutionelle Vermögensverwaltung. Beides sind Bereiche, die wenig bis gar nichts mit dem Bankgeheimnis zu tun haben und auf dem Schweizer Finanzplatz ein entsprechend grosses Potenzial haben. Allerdings bedingt das die richtigen Leute und vor allem weniger Investmentbanking. Die CS könnte allein von ihrer Grösse und Bedeutung her eine wichtige Rolle in dieser Domäne übernehmen.

6. Lösung im US-Steuerstreit

Es ist still geworden um die Bemühungen für eine Lösung im US-Steuerstreit. Deswegen ist die ganze Angelegenheit aber nicht ausgestanden. Für die Erholung des Aktienkurses ist auch in diesem Zusammenhang eine baldige Regelung wünschenwert.

7. Neue Führung aus der Vermögensverwaltung

Natürlich braucht die Credit Suisse eine neue operative Führung. Sie sollte bis Ende dieses Jahres im Amt sein. Weniger Investmentbanker, mehr Private Banker und Schweizer, welche den Konzern sowohl in Bern als auch in der Welt besser, vor allem glaubwürdiger, vertreten können. Die angelsächsisch dominierte Führung der letzten Jahre mag zwar eine Zeit lang richtig gewesen sein, nun ist sie es eindeutig nicht mehr. Den Willen zu diesem Wechsel hat die CS allerdings noch kaum zum Ausdruck gebracht.

8. Integration von Clariden Leu abschliessen

Die Einverleibung der früheren Privatbankentochter Clariden Leu hat enorm viel Management-Kapazität gekostet. Sie kam viel zu spät, was der Private-Banking-Führung vor Hans-Ulrich Meister anzulasten ist, und musste dann mit einem unerbittlichen Tempo durchgepaukt werden. Das hat zusätzlich zu einer schlechten Stimmung innerhalb des Konzerns geführt. Erst wenn sich im 4. Quartal 2012 das mit der Integration erzielte Einsparungspotenzial zeigt, wird die CS das Traktandum Clariden Leu ad acta legen können.

9. Weitere Reduktionen im Investmentbanking

Belastend auf den Aktienkurs wirkt sich noch immer das Investmentbanking aus, das weiterhin überdimensioniert ist und weiter geschrumpft werden muss. Die CS hat es versäumt, die nötigen Schritte einzuleiten. Das hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass mit Brady Dougan ein Investmentbanker an der Spitze der Bank steht. Er wird diesen Schritt nicht tun. Umso wichtiger ist, dass sein künftiger Nachfolger möglichst rasch die erforderlichen Massnahmen trifft, so, wie das bei Clariden Leu unter Private-Banking-Chef Hans-Ulrich Meister schliesslich der Fall war.

10. Tiefere Löhne und keine goldenen Fallschirme

Die Glaubwürdigkeit der CS wird erst dann wieder voll hergestellt sein, wenn die Löhne in der Top-Etage signifikant sinken. Die Vergütungsprogramme, die letztlich zur Gehaltsinflation geführt haben, mögen zwar weit zurückliegen und rein argumentativ vertretbar gewesen sein, im Endeffekt haben sie aber massgeblich zur Exzesskultur und zum Vertrauensschwund in die Schweizer Grossbank beigetragen. Solange die CS-Führung kein Zeichen setzt, wird sich die Bank nicht aus dieser Kontroverse befreien können. Und vor allem darf der dereinst abtretende Brady Dougan keinen Goldenen Fallschirm erhalten.

 

Welches Ergebnis erzielte die Credit Suisse im 2. Quartal 2012? Hier finden Sie die Erwartungen

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
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  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
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  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.2%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.11%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.52%
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