Wie wird unser Finanzplatz in 15 Jahren aussehen? Eine Studie des aussenpolitischen Think-Tanks «foraus» befasst sich mit dieser Frage. Stefan Tobler von der Schweizerischen Bankiervereinigung hat sich das Diskussionspapier näher angeschaut.

Stefan Tobler 119Stefan Tobler ist bei der Schweizerischen Bankiervereinigung zuständig für Strategieentwicklung und Issues-Management

Zum Erfolgsmodell Schweiz gehört ein global ausgerichteter Finanzplatz. Damit er das auch in Zukunft bleibt, braucht er vor allem Zugang zu den relevanten Kundenmärkten und ausländischen Finanzmarktinfrastrukturen sowie – gleichsam als Voraussetzung – eine gleichwertige Regulierung und Aufsicht. Damit er darüber hinaus im Wettbewerb der globalen Finanzzentren bestehen kann, ist er auf attraktive fiskalische Rahmenbedingungen sowie auf vorhersehbare Regulierungsprozesse im Inland angewiesen.

All diese Fragen sind Gegenstand der eingesetzten Expertengruppe Brunetti und sollen bis Ende Jahr geklärt sein.

Kreativer Ideenimpuls

Erfreulich ist nun, dass der aussenpolitische Think Tank «foraus» in seiner Studie «Vision Finanzplatz 2030 – für einen global ausgerichteten Finanzplatz Schweiz» zu gleichen Schlussfolgerungen gelangt. Auch wenn im Einzelnen nicht alle Massnahmen gleichermassen geteilt werden können, die Stossrichtungen weisen in die richtige Richtung.

Es ist das Verdienst und Privileg einer jungen Generation, blinde Flecken auszuleuchten und auch verwegene, aber nichtsdestotrotz prüfenswerte Ideen vorzuschlagen: zum Beispiel einen Zukunftsfonds, ein Trust Clearing, eine gross angelegte FinLex, die Schaffung eines völkerrechtlichen Rahmens für den Schutz der Privatsphäre ohne Bankgeheimnis oder gemeinsame Weiterbildungsprogrammen für Behörden und Finanzakteure.

Expertengruppe gefordert

Die Autoren erachten es angesichts der wahrgenommenen «Konzeptlosigkeit des Schweizer Finanzplatzes» als vordringlich, dass Behörden und Finanzakteure rasch zu einem neuen kooperativen modus operandi zurückfinden. Die Expertengruppe Brunetti sollte sich zudem rasch auf die notwendigen Rahmenbedingungen für einen global ausgerichteten und wettbewerbsfähigen Finanzplatzes einigen.

Nahegelegt wird weiter eine «konstruktive Regulierung». Konstruktiv heisst gemäss «foraus»: inklusiv, also Einbezug der Regulierten, vorhersehbar und somit planbar. Und wie auf anderen Konkurrenzplätzen üblich, sollte auch die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit eine Zielvorgabe der Schweizer Regulierung sein. Das hört man natürlich gern!

Allerdings nimmt «foraus» die Banken auch in die Pflicht, ihr «Abzocker-Image» abzustreifen und vermehrt wieder gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Das sei eine wichtige Voraussetzung, damit sich die Politik wieder stärker für die legitimen Belange der Finanzbranche einsetze, heisst es in der Studie.

Gegen Isolationismus und Heimatschutz

Als Konsequenz aus der Vision für einen globalen Finanzplatz resultiert aber eine doppelte Absage an die Adresse der Isolationisten und Protektionisten im Inland. Die Schweiz kann es sich ohne substanziellen Wohlstandsverlust nicht leisten, das Migrationsproblem zu lösen, indem sie das bilaterale Vertragswerk mit der EU aufs Spiel setzt und sich so vom Markt abschottet.

Und von einer offenen Schweiz mit Marktzugang profitieren auch die mehr inlandorientierten «Finanz-KMUs», sei es indirekt über die Finanzierung von Zuliefererbranchen multinationaler Unternehmen, sei es direkt beispielsweise über die Betreuung von ausländischen Kundengeldern vor allem aus unseren Nachbarstaaten.

Der Finanzplatz Schweiz kann auch 2030 noch in der globalen Liga eine wichtige Rolle spielen, freilich nur, wenn die Schweiz offen und durchlässig bleibt.