Ist die Schweizerische Bankiervereinigung noch das Sprachrohr der Banken? In letzter Zeit wirkt die Organisation eher etwas träge. Das soll sich ändern, sagt Thomas Sutter. Für eine bessere Kommunikation sucht man sogar den Kontakt mit den Jungsozialisten.    


Herr Sutter, die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) wird in letzter Zeit häufig als schwerfällig, wenn nicht gar gelähmt wahrgenommen. Dabei tut sich der Verband schwer mit klaren Meinungen. Stimmt dieser Eindruck?

Fallweise ja, denn die SBVg muss ja bei wichtigen Themen immer zuerst einen Konsens unter den Mitgliedern finden und kann erst dann kommunizieren.

Ist diese Konsensfindung in den vergangenen Jahren schwieriger geworden?

Bei gewissen Themen sicher. Das hängt nicht einmal so sehr mit den unterschiedlichen Meinungen innerhalb des Verbands zusammen, sondern mit der Tatsache, dass nicht alle Banken dieselben Prioritäten haben. Sie sind sozusagen unterschiedlich weit im Strategieprozess. Das verlangsamt den ganzen Entscheidungsprozess. Gleichzeitig wandeln sich die Informationslage und die Rahmenbedingungen immer rascher.

Bei welchen Themen ist das der Fall?

Die Stichwörter dazu sind: Abgeltungsteuer, Automatischer Informationsaustausch, Regulierung, Marktzutritt, differenzierte Regulierung.


«Dafür werden wir im Ausland sogar beneidet»


Wegen dieser Probleme muss sich die SBVg mittlerweile sogar den Vorwurf gefallen lassen, nicht mehr das Sprachrohr der Schweizer Banken zu sein.

Einspruch. Das ist falsch. Die SBVg ist die einzig Organisation, die den gesamten Finanzplatz widerspiegelt. Dafür werden wir im Ausland sogar beneidet. Deutschland zum Beispiel hat keine solche Organisation, sondern nur einzelne Branchenverbände etwa für die Sparkassen oder für die Privatbanken. Wir sind die Einzigen, die das Gesamte glaubwürdig vertreten können und daraus unsere Stärke ziehen.

Was heisst das, das «Gesamte» vertreten können?

Die Asset-Management-Initiative, die wir zusammen mit dem Schweizerischen Fonds- und Asset-Mangement-Verband lanciert haben, ist so ein Beispiel. Da können wir pro-aktiv mit einer Stimme für den Schweizer Finanzplatz sprechen, unabhängig davon, wie gut eine einzelne Bank dieses Vorhaben findet. Aber ich gebe Ihnen Recht, dass wir noch stärker daran arbeiten müssen, unserer Stimme wieder mehr Gewicht zu verleihen.


«So funktionieren die Medien»


Mit anderen Worten: Sie wurden bisher nicht wahrgenommen.

Doch, aber gerade die mediale Berichterstattung hinkt der Wahrnehmung hintennach. Es ist halt eine Tatsache, dass die Medien lieber über die wenigen Dissonanzen als über die vielen Gemeinsamkeiten berichten. So funktionieren die Medien. Das ist zu akzeptieren. Aus diesem Grund versuchen wir, auch auf anderen, neuen Kanälen die nötige Resonanz und Relevanz zu erzielen. Aber das ist tatsächlich ein langer Prozess. Online können wir rascher und pointierter kommunizieren – und etwas bewirken.

Einerseits werfen Sie den Medien vor, lieber über Dissonanzen als über den Konsens zu berichten, anderseits gehen Sie den gleichen Weg, indem sie über Twitter und Blogs sozusagen «quick and dirty» kommunizieren wollen.

Langsam, langsam. Wir sind kein Medienunternehmen. Eine klare Sprache heisst nicht unfundiert oder unseriös. Wir kommunizieren unsere Positionen einfach in einer neuen Sprache klarer, kürzer und schneller.

Eine neue Sprache?

Genau. Mit dieser neuen Sprache bei unseren Online-Aktivitäten werden wir mittelfristig auch intern ein neues Bewusstsein für klare Meinungen schaffen.


«Wir wollen digitale Reputation gewinnen»


Bloggen und Twittern tun doch schon fast alle Firmen – mit bescheidenem Erfolg. Dieser Zug kommt doch einfach nicht zum Fahren.

Da liegen Sie falsch. Als Bankiervereinigung haben wir bereits vor gut vier Jahren begonnen, auf Sozialen Medien zu kommunizieren, mit dem anfänglichen Ziel, Erfahrungen zu sammeln und digitale Reputation zu gewinnen. Dabei haben wir von Anfang an Twitter als unseren Hauptkanal definiert und über die Jahre viele relevante «Follower» im In- und Ausland gefunden.

Heute zählen wir mehr als 2'500 Follower und täglich werden es mehr. Vor zwei Jahren haben wir mit einem internen Team von fünf Leuten «swissbanking – unblogged» ins Leben gerufen – unseren wöchentlichen Blog zu Finanzthemen. Das alles wollen wir noch intensivieren.

Wie denn?

Mit einem so genannten Issues Monitoring sind wir in der Lage, relevante Themen respektive Kommunikationsereignisse früher zu erkennen. Mittels Blog, Twitter oder unserer Homepage begleiten wir dann laufend den Diskurs. Neudeutsch heisst das «campaigning». Die Sozialen Medien sind ein probates Mittel dafür.


«Wir waren auf einem Podium der Jusos»


Geben Sie uns ein Beispiel dafür.

Rohstoffe und speziell die Rohstoff-Finanzierung – erst noch ein höchst kontroverses Thema. Wir haben auch kritische Meinungen auf unserer Website aufgenommen und Verlinkungen zum Beispiel zur Erklärung von Bern. Kürzlich haben wir auch an einer Diskussionsrunde der Jungsozialisten (Juso) teilgenommen, wo sogar ein Rohstoffexperte aus unseren Reihen auf dem Podium war.

Vor fünf Jahren hätte die SBVg so etwas bestimmt nicht gemacht.

Wir schauen nach vorne. und gehen heute einen Schritt weiter. Wir haben den Anlass auch über Twitter «bewirtschaftet». Damit signalisieren wir, dass wir den Dialog suchen. Letztlich wird man nur besser, wenn man sich dem Wettbewerb der Meinungen stellt.

Kriegen Sie denn keinen Rüffel von konservativen Privatbankiers in Ihrer Vereinigung, wenn Sie auf Ihrem Blog mit den Jusos anbandeln und prononcierte Texte publizieren?

Erstaunlich selten. Es ist mir aber bewusst, dass sich gewisse Banker an den neuen Stil erst noch gewöhnen müssen. Das Feedback ist aber überwiegend positiv.


«Wir wollen den Dialog noch vertiefen»


Welche Online-Ziele haben Sie sich für 2014 gesetzt?

Online haben wir bisher hauptsächlich versucht, neue Zielgruppen anzusprechen. Das machen wir weiter. Nun wollen wir mit diesen Leuten den Dialog vertiefen?

Wer sind denn Ihre Zielgruppen?

Twitterer, Politiker im In- und Ausland, Medienleute, Meinungsmacher. Neben unseren Tweets und dem Blog werden wir ab April viermal jährlich unsere Publikation «insight» als Web App auf swissbanking.org aufschalten. Spezielles Feature ist die Möglichkeit für alle Leser einzelne Artikel zu kommentieren und auch auf den Sozialen Medien zu verbreiten.

Heute ist nicht der einflussreich, der Informationen für sich behält, sondern der, der sie teilt. Mit anderen Worten: Wir können als Organisation nur bedeutend bleiben, wenn wir unsere Informationen teilen, so dass die Leute zu uns kommen, wenn sie etwas zum Finanzplatz wissen wollen.


«Nur so sind wir glaubwürdig»


Dabei wollen wir nicht einseitig sein, sondern auch kritischen Meinungen Platz bieten. Nur so sind wir in der Zukunft glaubwürdig. Dazu brauchen wir aber auch Leute oder Organisationen, die bereit sind, mit uns in einen Diskurs zu treten und erkennen, dass sich die SBVg geöffnet hat.

Dann wird die SBVg also weiterhin auf die Jusos zugehen?

Klar – zu Themen, die uns relevant scheinen, schon.


Thomas Sutter ist seit März 2011 als Mitglied der Geschäftsleitung verantwortlich für die gesamte Kommunikation der Schweizerischen Bankiervereinigung. Für den Dachverband der Schweizer Banken arbeitet er bereits seit dem Jahr 2000. Zuvor hatte er verschiedene Positionen in den Kommunikationsabteilungen von Danzas und der Zurich Financial Services inne.

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