Die Bussen, welche die UBS und die Credit in diesem Jahr bezahlen mussten, seien der Ausdruck einer gescheiterten Bankkultur, sagt der Schweizer Finanzprofessor Erwin Heri im Interview mit finews.ch-TV.

Hart ins Gericht mit den grossen Banken geht Erwin Heri (Bild) im Interview mit finews.ch-TV. Die hohen Bussen, welche die beiden Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse (CS) allein in diesem Jahr an diverse Aufsichtsbehörden bezahlen mussten, seien der Ausdruck komischer Anreizstrukturen – sprich Boni, sagt der Professor für Finanztheorie, der selber viele Jahre in Führungspositionen in der Bankbranche (Schweizerischer Bankverein, Winterthur Versicherungen, Credit Suisse) gearbeitet hat.

Die Anreizstrukturen wiederum beruhten zu einem grossen Teil auf der Tatsache, dass heute Investmentbanker die Führung der grossen Finanzinstitute übernommen hätten, sagt Heri.

Keine Treuhänder der Kunden mehr

In der Schweiz hätten Universalbanken, die sämtliche Geschäftsbereiche (also Retail- und Private Banking sowie Kreditvergabe und Kapitalmarkttransaktionen) zwar eine lange Tradition und eine wichtige volkswirtschaftliche Funktion. Doch in den vergangenen zehn Jahren hätten angelsächsisch dominierte Investmentbanker das Sagen in diesen Instituten an sich gerissen, und das Resultat kenne man inzwischen, erklärt Heri im Interview weiter.

Unter diesen Prämissen kommt Heri zum Schluss, das Universalbanken-Konzept habe sich überlebt, ja sei sogar gescheitert. «Sobald Sie einen Investmentbanker an der Spitze einer Universalbank haben, verkommt das Private- und Retailbanking zu einem simplen Vertriebskanal. Es fehlen dann die Treuhänder der Kunden, wie es früher einmal der Fall war», sagt Heri und betont, dass die daraus entstehenden Interessenskonflikte immer auf den Schultern der Kunden ausgetragen würden.

Enorme Interessenskonflikte

Darum plädiert der Fachmann für eine Zerschlagung der grossen Universalbanken, räumt aber selber ein, dass man in der Branche noch weit davon entfernt sei, selbst wenn dies aus Aktionärssicht durchaus interessant wäre. «Denn Investoren wollen nicht in ein Gebilde investieren, das je nach Geschäftsbereich unterschiedliche Risiken eingeht und so auch enormen Interessenskonflikten ausgesetzt ist.»

«Wir stehen noch nirgends in dieser Entwicklung» sagt Heri im Interview weiter, zeigt sich aber überzeugt, dass ein Teil der Probleme, welche die Finanzbranche heute mitschleppe und auch in die Zukunft nehme, darin bestehe, dass das Universalbankensystem gescheitert sei.


Momentan ist Erwin Heri sowohl im akademischen Bereich als auch in der privaten und institutionellen Anlageberatung tätig. Er ist Gründungspartner von Fintool, einer auf Finanzausbildung spezialisierten Internetplattform. Daneben ist er Mitglied verschiedener Verwaltungs- und Stiftungsräte, Chairman eines britischen Family Office in der Schweiz.

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