Der britische Bankenverband fürchtet um seine Schäfchen. Die Rede ist von einer Wegscheide und dem Verlust der Spitzenposition in der Welt. Was ist dran an diesem Lamento?

Die Attraktivität des Londoner Finanzplatzes als internationales Bankenzentrum bröckelt. Das zumindest besagt eine neue Studie mit dem Titel «Winning the Global Race» der Beratungsfirma Oliver Wyman in Zusammenarbeit mit dem britischen Bankenverband, der British Banker's Association (BBA).

Die Wettbewerbsfähigkeit der britischen Banken stehe an einem Scheideweg, so der Geschäftsführer der BBA, Anthony Browne, weiter. Die Nachteile, sprich strengere Kapitalanforderungen, steigende Steuerbelastung, Einhalten von nationalen und internationalen Regulierungen sowie die allgemeine Unsicherheit, drohten die Vorteile des Finanzhubs in London zu überwiegen.

An Schlagkraft verloren

Die Folge: Viele internationale Banken kehrten der «City» den Rücken und investieren ausserhalb des Vereinigten Königreichs, warnt Browne. Dies sei insofern besorgniserregend, als die Finanzindustrie massgeblich zur Wertschöpfung im Lande beitrage.

Dass sich Londons Finanzplatz im Niedergang befinden soll, belegen laut Studie folgende Erkenntnisse:

  • Die Beschäftigung im Finanzsektor sank seit 2011 um 8 Prozent auf rund 405'000 (Ende 2014). 
  • Innert vier Jahren verlor der britische Finanzplatz 12 Prozent an verwalteten Kundenvermögen, während Hongkong und Singapur im selben Zeitraum 12 beziehungsweise 24 Prozent mehr Gelder betreuten. 
  • Die Eigenkapitalrendite der Banken sank von einst 18 Prozent nach der Jahrtausendwende auf rund 10 Prozent bis 2014. Und in den kommenden zwei Jahren rechnen die Experten im Schnitt nur noch mit 3,5 Prozent.
  • Britische Banken haben über die Jahre Marktanteile im Kapitalmarktgeschäft verloren.

Banken ist London zu teuer

In der Tat überlegen sich einige Banken, ihre Dienstleistungen aus dem teuren London abzuziehen und an günstigeren Standorten neu aufzuziehen. Konkrete Pläne hegt die Credit Suisse. Die Schweizer Grossbank kündigte unlängst an, das Tradinggeschäft nach Dublin zu verlagern. Andere Finanzinstitute nehmen laut Branchenkennern ihren Londoner Standort ebenfalls unter die Lupe.

Kürzlich hat auch finews.ch berichtet, dass die europäische Bankindustrie zusehends an Gewicht verliere, derweil die amerikanischen Banken auf dem Vormarsch seinen – selbst auf dem Alten Kontinent. Die US-Banken sind bezüglich Regulation und Kapitalausstattung denn auch ein ganzes Stück weiter als ihre europäischen Pendants.

Steuerbelastung relativ gering

Doch einem am Montag erschienen Kommentar im «Wall Street Journals» (kostenpflichtig) ist zu entnehmen, dass die Warnrufe der britischen Bankenlobby reichlich übertrieben und deren Argumentation sogar schwach seien. Ja, man male den Teufel an die Wand, heisst es da.

So stimme es zwar, dass auf die Finanzindustrie eine neue Steuer zukomme. Dennoch bleibe die Gesamtbelastung immer noch deutlich unter jener in den USA, Frankreich oder Deutschland.

Recht auf Wiedergutmachung

Überdies habe der britische Steuerzahler ein Recht auf eine Wiedergutmachung seitens der Banken, heisst es weiter. Denn während der Finanzkrise sei die Regierung den Banken mit 133 Milliarden Pfund zu Hilfe geeilt. Zudem habe der Staat Garantien im Wert von mehr als einer Billionen Pfund gesprochen.

Auch die Beschwerde seitens der Banken, dass zunehmende Regulation die Bankbilanzen schrumpfen liesse, stimme nicht per se. Gemäss dem Report trifft dies nur auf den Retail-Bereich zu, nicht aber auf das globale Corporate und Investmentbanking.

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