Das Ende einer Ehe hat auch finanzielle Konsequenzen, schreiben Stéphanie Lang und Daniela Aufdereggen von der Bank Wegelin.

Von Stéphanie Lang (oberes Bild), lic. iur. HSG, Mitglied der Direktion, Wegelin & Co. Privatbankiers, Zürich und Daniela Aufdereggen (unteres Bild), Betriebsökonomin FH, Finanz- und Vorsorgeberaterin, Wegelin & Co. Privatbankiers, Zürich

Stphanie_Lang_Wegelin_qBei den meisten Scheidungen ist zu wenig Geld für die Sicherstellung der gewohnten Lebenshaltungskosten beider Ehepartner vorhanden. Gerade für Frauen besteht keine Garantie, dass sie den vor der Scheidung gelebten Lebensstandard auch nach der Auflösung der Ehe aufrechterhalten können.

Wird anstelle von Alimenten der Ehefrau eine einmalige Kapitalabfindung bezahlt, wird die Unsicherheit noch grösser, ob das Vermögen bis ans Lebensende ausreicht. Nebst dieser Unsicherheit steht die geschiedene Ehepartnerin vor dem für sie oft neuen Problem der Geldanlage.

Besondere Umstände

Die vermögensrechtlichen Folgen einer Scheidung sind im Schweizerischen Zivilgesetzbuch geregelt. Soweit einem Ehegatten nicht zuzumuten ist, für den ihm gebührenden Unterhalt unter Einschluss einer angemessenen Altersvorsorge aufzukommen, besteht der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt.

Im Normalfall wird der Unterhalt in Form einer Rente ausgerichtet. Besondere Umstände rechtfertigen als Alternative eine einmalige Abfindung. Diese Möglichkeit wird aus verschiedenen Gründen von vermögenden Ehepaaren gerne gewählt.

Lebensunterhalt sicherstellen

Einerseits setzen sich die Ehegatten mit der Kapitalabfindung definitiv auseinander, es folgen nicht viele Jahre der Alimentenzahlung und somit auch keine ständige Belastung aus der alten Beziehung. Andererseits muss die Abfindung steuerlich nicht dem Einkommen hinzugerechnet werden, wie dies bei der Rente der Fall wäre.

Gerade aber wenn die geschiedene Ehegattin ursprünglich aufgrund der Familienplanung aus dem Erwerbsleben ausgestiegen ist, hat sie nach der Scheidung keinen monatlich fixen Betrag mehr zur Verfügung und muss aus dem vorhandenen Kapital ihren Lebensunterhalt sicherstellen.

Veränderungen nach der Scheidung

Daniela_Aufdereggen_Wegelin_qDie Kapitalabfindung anstelle der Alimentenzahlung ist jedoch nicht der einzige Vermögensbestandteil, welcher nach der Scheidung neu zu organisieren ist. Das während der Ehe erarbeitete und angesparte Vermögen wird bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung unter den Geschiedenen aufgeteilt.

Die Realität zeigt auch in der heutigen Zeit, dass in den meisten Fällen nach wie vor der Mann während der Ehe die Bewirtschaftung des Vermögens organisiert. Die Frau managt das Familienleben und kümmert sich in den meisten Fällen relativ wenig um die finanziellen Angelegenheiten der Familie. Dies ändert sich zwangsweise nach der Scheidung.

Was geschieht mit den Pensionskassenleistungen?

Stehen die geschiedenen Ehegatten noch im Erwerbsleben, stellt sich ausserdem die Frage, wie die Situation nach der Pensionierung geregelt wird. Ist die Ehefrau aus dem Erwerbsleben ausgestiegen, hat sie keine oder nur eine sehr kleine Pensionskassenleistung.

Bei der Scheidung haben beide Ehegatten den gesetzlichen Anspruch auf jeweils die Hälfte der während der Ehedauer angesparten Austrittsleistung des geschiedenen Partners. Der ausgleichspflichtige Betrag muss innerhalb der 2. Säule gebunden bleiben, d.h. er muss in eine Pensionskasse oder auf ein Freizügigkeitskonto/-depot oder eine Freizügigkeitspolice überwiesen werden. Besonders wenn während der Ehedauer nur ein Ehegatte in der 2. Säule versichert war, ist die Leistungseinbusse bei der Pensionierung oft erheblich.

Einmalige Kapitalauszahlung

Die Gelder aus der 2. Säule bleiben bis zur eigenen Pensionierung gebunden. Sei es in der eigenen Pensionskasse oder, bei einer nicht erwerbstätigen Person, in einem Freizügigkeitsgefäss.

War die Ehefrau nicht erwerbstätig und legt sie das Geld somit nach der Scheidung innerhalb der Freizügigkeit an, hat sie bei Erreichen des Pensionsalters keinen Anspruch auf eine Rente, sondern erhält das Guthaben in Form einer einmaligen Kapitalauszahlung.

Aus diesem Kapital muss sie sich selbst eine Rente generieren. Dieser Umstand und die damit verbundene Unsicherheit über die lebenslange Finanzierbarkeit der Lebenshaltungskosten bringen oft Versicherungsberater ins Spiel, die dann mit – leider in den meisten Fällen unattraktiven – Leibrentenangeboten aufwarten.

Lückenlose Dokumentation

Unabhängig davon, ob eine Scheidung friedlich verläuft oder nicht, ist für die Ausarbeitung der Scheidungskonvention die lückenlose Dokumentation von Einkommen, Lebenshaltungskosten, Aktiven und Passiven unerlässlich. Neben dem Sorgerecht für allfällige Kinder ist der umstrittenste Punkt in einer Scheidungskonvention die Frage des nachehelichen Unterhaltes, weil es meistens um viel Geld geht.

Soll dieser in Form einer einmaligen Kapitalauszahlung abgegolten werden, stellt sich die Frage nach der Höhe der Abfindung. Eine finanzielle Planung bis ans Lebensende ist in diesem Fall hilfreich und gibt der geschiedenen Frau die nötige Sicherheit, dass der Betrag auch ausreicht, um daraus ein lebenslanges Einkommen zu generieren.

Finanzielle Umstellung

Die finanzielle Umstellung vom Eheleben auf das Leben als alleinstehende Person ist speziell gravierend für die Frauen, die in jungen Jahren geheiratet haben, aufgrund der Familienplanung früh auf eine Erwerbstätigkeit verzichtet und sich jahrelang um das Familienleben gekümmert haben, während der Ehemann für den Lebensunterhalt gesorgt hat.

Oft stehen diese Frauen vor einem Scherbenhaufen. Die Unsicherheit über die langfristige finanzielle Stabilität und die zukünftige Vermögensorganisation ist gross. Zusätzlich wissen sie nicht, an wen sie sich wenden können, da sie sich nicht dem Finanzberater des Ex-Mannes anvertrauen möchten. Sie brauchen neue Vertrauenspersonen und die Sicherheit, dass sie mit den vorhandenen Vermögenswerten ihren Lebensunterhalt sicherstellen können.

Referenzen gefragt

Ausserdem müssen die Vorsorgegelder angelegt werden, damit diese für die Jahre nach Erreichen des Pensionsalters ausreichen. Aus diesen Gründen ist bereits während der Ausarbeitung der Scheidungskonvention professionelle Hilfe nötig.

Der Versicherungsberater kann vielleicht in Vorsorgefragen weiterhelfen, der Anlageberater bei der langfristigen Bewirtschaftung der Vermögenswerte, der Steuerberater bei der Ausarbeitung der steuerlich optimalen Lösung der Scheidung. Der Scheidungsanwalt oder die Scheidungsanwältin als Vertrauensperson werden oft nach Referenzen gefragt.

Ganzheitliche Finanzplanung

Die Möglichkeit einer ganzheitlichen Finanzplanung ist bei diesen vielschichtigen Problemstellungen die ideale Alternative zu den klassischen Versicherungs-, Steuer- und Anlageberatungen.

Bei einer Finanzplanung wird die gesamte finanzielle Situation auf den Zeithorizont projiziert. Berücksichtigt werden dabei nicht nur die Entwicklung der Einkommens-, Ausgaben- und Vermögenssituation, sondern auch steuerliche und vorsorgetechnische Aspekte. Mittels einer Finanzplanung kann der massgebende Betrag für die Kapitalabfindung evaluiert werden, damit die Deckung der Lebenshaltungskosten der Frau sichergestellt ist.

Zu wenig ernst genommen

Ausserdem wird die regelmässige Einkommenssicherstellung aus dem Vermögen organisiert und die Anlage der Vorsorgegelder geregelt. Die Risikofähigkeit wird aufgrund des Einkommensbedarfs bestimmt, und in Verbindung mit der persönlichen Risikotoleranz wird die individuelle Anlagestrategie festgelegt.

Studien zeigen, dass sich Frauen in finanztechnischen Fragen zu wenig ernst genommen fühlen (The Boston Consulting Group, www.womenspeakworldwide.com, siehe auch: Harvard Business Review, September 2009, «The Female Economy»).

Intransparente Industrie

Der Finanzdienstleistungssektor ist für viele Frauen eine intransparente Industrie. Im Markt der Anlageberatung und Finanzplanung wird noch zu wenig auf Ereignisse, die im Leben einer Frau prägend sind (Scheidung oder auch Tod des Ehegatten), eingegangen. Und dies obwohl Frauen zu einer zunehmend wichtigen Zielgruppe werden. Immerhin kontrollieren Frauen weltweit jährlich rund 20 Billionen US-Dollar der Konsumentenausgaben und die Tendenz ist eindeutig steigend. Alleine in den USA werden Vermögen in der Höhe von rund 2,1 Billionen US-Dollar von geschiedenen oder verwitweten Frauen gehalten.

Trotzdem werden Frauen regelmässig enttäuscht von der Qualität und dem Service von Banken und anderen Finanzdienstleistern, weil diese nach wie vor Männer als ihre Zielkundschaft definiert haben.

Wenige Spezialisten

In einer Umfrage unter Frauen wurden vernichtende Urteile über Finanzinstitute gefällt. Aussagen wie Respektlosigkeit, schlechte Beratung, widersprüchliche Methoden, Einheitsberatung aufgrund von Geschlecht und Alter usw. sind nur einige wenige Beispiele.

In der Schweiz haben sich bis heute erst wenige Finanzinstitute auf die Beratung von Frauen spezialisiert. Ein Umstand, auf den in Zukunft gezwungenermassen vermehrt Augenmerk gerichtet werden sollte. Das Bedürfnis auf Kundenseite ist eindeutig gegeben und der Markt für Beratung an Frauen steht weit offen.


Dieser Beitrag wird gleichzeitig publiziert in PRIVATE Ausgabe 4/2010 – Das Magazin für private und institutionelle Investoren.

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