In den nächsten paar Monaten sieht Vontobel-Stratege Stefan Eppenberger keine sonderliche Erholung an den Finanzmärkten. Trotzdem gebe es auch Hoffnung, wie dies bereits in den 1970er-Jahren der Fall gewesen sei, erklärt er im Interview auf finews.tv.

Es sei nicht ungewöhnlich, dass nach der guten Party nun der grosse Kater an den Finanzmärkten folge, sagt Stefan Eppenberger im Interview auf finews.tv. Ausserdem sei die Inflation bereits im vergangenen Oktober vor allem in den USA sehr hoch gewesen.

«Der Kater kam also nicht ganz überraschend», sagt der Head Multi-Asset Strategy von Vontobel. Die Ereignisse in der Ukraine sowie die neuen Lockdowns in China hätten die ganze Problematik aber nochmals verschärft. 

Grundsätzlich dürfe man den Zentralbanken keinen Vorwurf machen, dass sie die Zinsen angehoben hätten, sagt Eppenberger weiter, denn es sei ja ihre Aufgabe, die Teuerung zu bekämpfen. Allerdings könne man sich fragen, ob ein früheres Eingreifen nicht etwas weniger ruppig verlaufen wäre. Der Vontobel-Experte gibt sich indessen überzeugt, dass die Inflation ihren Höhepunkt nun erreicht hat: «Wir denken, tatsächlich, dass das Schlimmste vorüber ist.»

Zu wenig Geld investiert

Für Anlegerinnen und Anleger lohne sich ein Blick in die 1970er-Jahre zurück, als die Teuerung ebenfalls sehr hoch war. «Das Problem damals wie heute ist, dass Aktien und Anleihen miteinander korrelieren», erklärt Eppenberger, dadurch sei die erwünschte Diversifikation in den Portefeuilles nicht mehr gegeben. Unter diesen Prämissen empfiehlt er die Beimischung von Rohstoffen.

«Rohstoffe sind eine reale Anlageklasse, die nicht beliebig vermehrbar ist und entsprechend gut vor Inflation schützte», so der Fachmann von Vontobel. Hinzu komme, dass in den vergangenen Jahren deutlich zu wenig Geld investiert wurde, um neue Rohstoffe zu erschliessen. «Das dürfte zu einer Angebotsknappheit führen», erklärt Eppenberger.

Rezession wahrscheinlich

Gold und Immobilien zählt er ebenfalls zu den realen Anlageklassen. Allerdings unterstreicht Eppenberger, dass es für diese beiden Vermögenswerte auch ungemütlich werden könnte, wenn die Zinsen weiter steigen und die Zentralbanken die Inflation erfolgreich bekämpfen können. Ausserdem empfiehlt er Schweizer Anlegerinnen und Anlegern, nicht zu hohe Fremdwährungsrisiken einzugehen, da die Inflation hierzulande deutlich tiefer sei als im Ausland. «Dies dürfte den Franken in den nächsten Monaten und auch Jahren weiter stützen», so Eppenberger weiter.

Mit Blick auf das zweite Halbjahr 2022 geht der Vontobel-Stratege davon aus, dass die Inflationsängste durch Rezessionssorgen abgelöst werden. Denn strikte Zinserhöhungszyklen hätten in der Vergangenheit meist zu einer wirtschaftlichen Abkühlung geführt. «Eine Rezession ist daher durchaus wahrscheinlich», sagt Eppenberger. Es gebe aber auch Hoffnung.

Kehrtwende der Zentralbanken

Sobald die Wirtschaftsabkühlung fortschreite, werden die Zentralbanken eine Kehrtwende in ihrer Zinspolitik machen, zumal gerade in den USA die Federal Reserve (Fed) auch das Mandat habe, für Vollbeschäftigung zu sorgen. Wie in den 1970er-Jahren signalisiere eine solche Kehrtwende der Währungshüter auch den Wendepunkt an den Finanzmärkten – «im negativen wie auch im positiven Sinn», betont Eppenberger.  

 

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