Der Krieg in der Ukraine tobt unvermindert weiter. Doch in der Politik und der Finanzwelt wird bereits darüber nachgedacht, wie nach einer Beilegung des Konflikts ein Wiederaufbau des Landes bewerkstelligt werden könnte und wie auch private Mittel dort einfliessen können.

Blackrock und J.P.Morgan Chase beraten die ukrainische Regierung bei der Gründung einer Bank, mit deren Hilfe öffentliches Startkapital in Wiederaufbauprojekte gelenkt werden soll. Das Vorhaben ist darauf ausgelegt, dass damit auch private Investitionen angezogen werden können, wie die «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig) berichtet.

«Viele der langfristigen Herausforderungen von heute lassen sich am besten durch Mischfinanzierungen bewältigen, und dies ist eine davon», sagt Blackrock Vice Chairman Philipp Hildebrand. «Man braucht diese Instrumente, um Kapital in grossem Umfang zu mobilisieren.»

Der Entwicklungsfonds für die Ukraine befindet sich noch in der Planungsphase und wird voraussichtlich erst nach Beendigung der Feindseligkeiten mit Russland voll einsatzfähig sein. In dieser Woche treffen sich jedoch Investoren an einer Konferenz in London, die von der britischen und der ukrainischen Regierung gemeinsam veranstaltet wird.

Riesiger Investitionsbedarf

Laut Schätzungen der Weltbank wird die Ukraine rund 411 Milliarden Dollar für den Wiederaufbau nach dem Krieg benötigen. Je länger der Krieg dauert und je grösser die Zerstörungen, wie etwa jüngst durch den Bruch des Kachowka-Staudamms, dürfte diese Summe noch weiter steigen.

Zusagen für Hilfen gibt es bereits. So hat etwa die EU über die Europäische Wiederaufbaubank 25 Milliarden Euro bis 2032 zugesagt. Die Schweiz hat laut Aussenminister Ignazio Cassis rund 1,8 Milliarden Franken zugesichert.

Seit Monaten an der Arbeit

Die ukrainische Regierung hatte Blackrock im November damit beauftraget, ein Konzept zu entwickeln, wie man am besten Kapital in dieser Grössenordnung anziehen könnte. Im Februar kam dann J.P. Morgan hinzu. Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hatte im vergangenen Monat die Zusammenarbeit mit den beiden Finanzhäusern sowie mit den Beratern von McKinsey angekündigt.

Der Fonds werde versuchen, Kapital von Regierungen, Gebern und internationalen Finanzinstitutionen für Projekte zu sichern und auf dieser Basis dann private Investitionen anzuziehen, die das Fünf- bis Zehnfache der Gelder aus öffentlichen Quellen betragen könnten, heisst es unter Berufung auf Kreise.

J.P. Morgan pflegt seit Jahren gute Beziehungen zur Ukraine und berät das Land seit 2010 bei der Aufnahme von Krediten und der Umschuldung. Die Zusammenarbeit ermöglicht es den Finanzinstituten, einen frühen Überblick über mögliche Investitionen in dem Land zu erlangen.

Weitere Hürden für Investitionen

Neben dem anhaltenden Krieg werden auch Mängel in der Regierungsführung, Korruption, geringe Transparenz oder schwache Kapitalmärkte als Hürden für private Investitionen in der Ukraine gesehen.

Blackrock hatte die Gründung einer Bank zur Entwicklungsfinanzierung empfohlen, die Investitionsmöglichkeiten in Sektoren wie Infrastruktur, Klima und Landwirtschaft für Pensionsfonds und andere langfristige Investoren und Kreditgeber attraktiv machen soll. J.P. Morgan wurde auch wegen seiner Erfahrung im Anleihegeschäft hinzugezogen.

Über Fonds sollen Investitionen in bestimmte Projekte und Sektoren möglich werden. Dabei würden die kostengünstigeren öffentlichen Gelder als Erstinvestitionen verwendet und damit etwaige Anfangsverluste aufgefangen. In der Fondsleitung sollen Vertreter internationaler Finanzinstitutionen und Regierungen sitzen, die von Anlageexperten beraten werden.

Starke Governance gefragt

«Wir glauben, dass eine starke Governance-Struktur und eine international glaubwürdige Gruppe von Interessenvertretern, die in diesem Fonds eine Führungsposition innehaben, viel bewirken werden», sagt Brandon Hall, Co-Leiter der Beratungssparte von Blackrock.

«Das Wichtigste ist, dass die Ukraine bereits jetzt an die Zukunft denkt», sagt Stefan Weiler, bei J.P.Morgan Leiter Fremdkapitalmärkte Zentraleuropa. «Wenn der Krieg vorbei ist, wird man bereit sein und sofort mit dem Wiederaufbau beginnen können.»

Wie langlebig aus der Not heraus gegründete Institute sein können zeigt etwa die deutsche «Kreditanstalt für Wiederaufbau» (KfW), die in der Nachkriegszeit die Gelder aus dem Marshall-Plan verwaltete. Sie spielt seitdem im Bereich staatlicher Förderung eine zentrale Rolle in der Bundesrepublik und hat etwa bei der Wiedervereinigung oder den Corona-Hilfen während der Pandemie zentrale Aufgaben übernommen.

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