Die Einrichtungen der beruflichen Vorsorge bewegen sich in einem schwierigen Umfeld. Eine kürzliche Podiumsdiskussion befasste sich damit.

 

Die Zinsen der Bundesanleihen befinden sich auf einem rekordtiefen Niveau und der Skandal bei der Beamtenversicherungskasse des Kantons Zürich schadet dem Ansehen der Branche.

Die Herausforderungen der Vorsorgeeinrichtungen und die Frage nach dem Reformbedarf im Vorsorgebereich standen Anfang September im Mittelpunkt einer Podiumsdiskussion der B+B Vorsorge AG in Aarau.

Martin Aggeler, Geschäftsführer der Personalvorsorgestiftung der Ringier Gruppe, bestätigte, dass sich die angestrebten Renten bei einer Rendite von 1 Prozent der zehnjährigen Bundesanleihen gegenwärtig nicht erwirtschaften lassen.

Er warnte allerdings davor, sich allzu stark von der aktuellen Zinssituation leiten zu lassen, da die entsprechenden Renten langfristig, das heisst, auf zehn oder zwanzig Jahre zu erwirtschaften seien. Deshalb ein höheres Anlagerisiko einzugehen, komme nicht in Frage. Stattdessen haben die Pensionskassen die Immobilien als Anlage «entdeckt». Die Kassen müssen sich aber auf eine Durststrecke einstellen.

An alternativen Anlagen scheiden sich die Geister

Er sprach sich ebenso wie Olaf Meyer, Professor für Finanzen und Altersvorsorge an der Hochschule für Wirtschaft in Fribourg, dagegen aus, dass Einrichtungen Produkte kaufen, die sie nicht verstehen.

Kritisch äusserte sich Professor Meyer vor allem über Hedgefonds, da sie für ihn eine Wette auf eine Person darstellen. Für Roland Tschudi, Finanzchef der AZ Medien und Stiftungsratsmitglied des unternehmenseigenen Pensionsfonds, dagegen, sind alternative Anlagen aus Gründen der Diversifikation Teil des Portfolios, wobei die Liquidität und eine adäquate Nettorendite gegeben sein müssen.

Der Umwandlungssatz sei irrelevant. Entscheidend sei vielmehr, dass die Rendite, die sich nach Abzug von Teuerung und Kosten erwirtschaften lasse, positiv sei. Als dritter Beitragszahler hinterlasse sie im aktuellen Umfeld aber voraussichtlich Lücken.

Betroffene Pensionskassen melden sich nicht

Angesprochen auf die Auswirkungen der in letzter Zeit gehäuft auftretenden Anlageskandalen in der Pensionskassenbranche führte Professor Meyer an, dass das Misstrauen der Destinatäre gewachsen sei und sie zunehmend unzufrieden seien mit der Führung der Pensionskasse.

Nachdem sich die betroffenen Pensionskassen selbst sich nicht zu Worte melden, werde die Fragestellung, ob die nötigen Massnahmen ergriffen werden, um weitere Skandale zu vermeiden, auf eine aufsichtsrechtliche Ebene gehoben.

Nach Roland Tschudi stehen jedoch vielmehr die Geschäftsführung und der Stiftungsrat in der Verantwortung. Die weiteren, staatlichen Kontrollebenen dienen in seinen Augen der «Geschichtsschreibung» und bedeuten Gebühren, die nicht nötig seien. Der Staat sei zu unflexibel für diese Aufgabe.

Mit prozessorientierter Kontrolle Missbrauch vorbeugen

Roland Tschudi wie Martin Aggeler sind der Ansicht, dass man gegen kriminelle Energie machtlos sei. Wichtig ist für Roland Tschudi eine prozessorientierte Kontrolle, zu der eine klare Kompetenzregelung, ein konsequentes Vier-Augen-Prinzip sowie regelmässigere Reportings an den Stiftungsrat gehören.

Für ihn gibt es immer noch zu viele «Königreiche», in denen Einzelentscheide getroffen werden können. Je kleiner allerdings eine Organisation sei, umso schwieriger sei eine Aufteilung, glaubt Professor Meyer. Die «beste Versicherung» sind in seinen Augen gut ausgebildete und gut bezahlte Mitarbeiter, um keine Begehrlichkeiten aufkommen zu lassen.

Warnung vor Kontrollwahn

Martin Aggeler warnte überdies vor einem Kontrollwahn, vor allem, wenn die Kontrolle teurer werde als der gesamte Schaden aus Skandalen. Es brauche klare Strukturen, weniger Mandate und einfachere Anlagen. Er sieht auch die freie Wahl der Pensionskasse durch die Destinatäre nicht als Lösung, da gerade die Grösse einer Pensionskasse Kostenvorteile bringe.

Professor Meyer glaubt dagegen daran, dass sich in Anlehnung an das Beispiel Mexikos, wo eine Auswahl zwischen drei Produkten mit unterschiedlicher Allokation möglich ist, auch hier Kriterien aufstellen lassen, die es den Versicherten erlauben, zwischen Produkten auszuwählen.

Bestehende Spielräume besser nutzen

Professor Meyer, der seit drei Jahren zur Unternehmenssteuerung bei Pensionskassen forscht, konstatierte überdies, dass Benchmarks als Vergleichsgrössen gesucht und herangezogen werden, die den Pensionskassenmanager besser dastehen lassen. Dagegen versuche ein Unternehmen in Not alles, um am Markt zu bleiben.

Roland Tschudi teilte die Meinung, dass eine Vorsorgeeinrichtung betriebswirtschaftlich zu führen sei und nahe am Markt sein müsse, statt sie zu verwalten. Es gehe darum, aktiv zu agieren, statt zu reagieren – und das dann erst noch zu spät. Wenn die Professionalisierung eine höhere Rendite erbringe, spielen auch die dadurch anfallenden Kosten keine Rolle, ist er überzeugt.

Spieräume zulässig nutzen

Professor Meyer plädiert für eine Verbesserung in der Führung von Vorsorgeeinrichtungen, indem Spielräume im zulässigen Rahmen genutzt werden, statt immer gleich die Rahmenbedingungen ändern zu wollen. Diese seien nur da anzupassen, wo dies wirklich notwendig sei. Es brauche gute Manager, die gut führen und die richtigen Fragen stellen.

Roland Tschudi hält das verzögerte Handeln für den grössten Fehler. Es gelte, zeitnah zu handeln, um eine Unterdeckung zu vermeiden. Für Professor Meyer müssen sich überdies die Sanierungskonzepte dahingehend verbessern, dass die Vorsorgeeinrichtungen auch bei einer Unterdeckung Aktien kaufen können.

Weniger Juristen erwünscht

Für die Zukunft der Vorsorge wünschte sich Martin Aggeler weniger Juristen und schnellere Entscheide seitens der Aufsichtsbehörde, wenn es um die Annahme eines Teilliquidationsreglements gehe, da andernfalls ein Weiterarbeiten nicht möglich sei.

Professor Meyer formulierte als Nahziel mehr Informationen und längerfristig mehr Wahlmöglichkeiten für die Destinatäre auf der Aktivseite. Roland Tschudi wünschte sich, dass nicht mehr immer nur über die Aktivseite debattiert werde, sondern auch über die Leistungsversprechen, die grosse Risiken enthalten.

 

 

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