Schweizer Finanzkonzerne sind jetzt schon Auslagerungs-Meister, wie eine neue Studie zeigt. Doch in Zukunft sind Warschau, Krakau & Co. längst nicht mehr die einzigen Destinationen für Outsourcing.

Warschau, Krakau, Breslau, Bratislava: Das sind die Destinationen, wo Schweizer Finanzkonzerne in den letzten Jahren noch Hunderte stellen schufen. In Osteuropa zählen sie damit zu den Auslagerungs-Meistern – nur die schwedischen und amerikanischen Konkurrenten unterhalten in der Region noch mehr Angestellte, wie aus einer neuen Studie des Beratungsunternehmens Pricewaterhouse Coopers (PWC) hervorgeht (siehe Grafik unten).

Die osteuropäischen Hundertschaften kümmern sich um die Buchhaltung, um die IT, die Compliance, um das Personalwesen. Und das ist erst der Anfang, glaubt man den PWC-Beratern. Mit dem anhaltenden Kostendruck und einer verbesserten Transparenz in regulatorischen Fragen setze sich der Outsourcing-Trend bei Schweizer Banken und Versicherungen fort, erwarten sie.

Outsourcing Grafik1 500

Verlagerung schlägt alles

PWC stellt dazu eine Zahl in den Raum: Finanzunternehmen können mit der Verlagerungen von Stellen ins Ausland ihre Kosten künftig um bis zu 60 Prozent drücken (siehe Grafik unten). Das sei deutlich mehr, als mit Prozessverbesserungen und einheitlichen Plattformen jemals erreicht werde.

Outsourcing Grafik2 500

Die Kennzahl ist wohl mit Vorsicht zu geniessen, spricht man etwa mit Informatikern bei den Schweizer Grossbanken. Sie berichten von enormen Reibungsverlusten in der Alltagspraxis; die Qualität und die Erreichbarkeit der Kollegen im Ausland lasse zu wünschen übrig. Zudem ist gerade in Osteuropa eine rüde Abwerbungs-Praxis in Gange, die für entsprechend viel Fluktuation sorgt. «Als wir in die Region gingen, wussten wir, dass wir unser Personal von der Konkurrenz holen», sagte ein Grossbanker unlängst im Vertrauen zu finews.ch.

Billiglöhne mit einem Haken

Nicht von ungefähr hat etwa die UBS begonnen, Dienste in Indien wieder zurück ins Unternehmen zu holen. Für Osteuropa gilt bei der Bank dem Vernehmen nach ein Einstellungs-Stopp. Bekannt ist, dass das Institut in den Jahren 2015 und 2016 je 2'000 IT-Stellen in Low-Cost-Standorte verschieben wollte; im polnischen Krakau beschäftigt die UBS älteren Angaben zufolge 1'300 Mitarbeiter. Derweil soll die Credit Suisse (CS) in Polen weiterhin Ausbaupläne hegen.

Auch die PWC-Experten müssen eingestehen, dass die Auslagerung in Billiglohn-Länder einige Haken hat. So können allein Steuereffekte die Einsparungen um bis zu 20 Prozent mindern, schreiben sie. Hinzu kommen die Anfangsinvestitionen und Barrieren zwischen In- und Ausland. Deshalb seien mindestens drei Jahre abzuwarten, bevor sich die Einsparungen zu materialisieren beginnen. Trotzdem sei das Einsparungspotenzial zu hoch, um es nicht mit dem Outsourcing zu versuchen.

Es muss nicht immer Polen sein

Und: Es müsse ja nicht immer Polen sein. Stattdessen öffne sich mit der Digitalisierung und neuen Finanzmarktregeln das Feld weit für die verschiedensten Modelle, besagt die Studie. Die Finanzmanager müssten dabei in Modulen denken. Etwa, welche Kernkompetenzen sie noch im Unternehmen noch halten wollen und was an Dritte ausgelagert werden kann.

Die Aufsicht gibt dazu grünes Licht. Ende 2017 hat die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) neue Regeln für das Outsourcing bei Banken und Versicherungen veröffentlicht. Das Rundschreiben wird per 1. April 2018 umgesetzt und soll den Trend des Outsourcings rechtlich weiter stützen.

Neben etablierten Oustourcing-Spezialisten wie die Zürcher Avaloq oder der Telekomkonzern Swisscom könnten zukünftig ganz neue Angebote zu tragen. Zu denken ist da etwa Schnittstellen-Plattformen, wie sie die Swisscom neuerdings anbietet – oder gar an Branchen-Initiativen wie eine einheitliche Kundendaten-Plattform (KYC) oder die (zwischenzeitlich verworfene) Superbank.

Das Gute liegt so nah

Bis dahin ist es allerdings noch ein Stück des Wegs, weshalb Player nicht mehr zwingend in die Ferne schweifen. So die UBS, die letztes Jahr den Begriff «Nearshoring» ganz neu definiert hat: Sie verlagert rückwärtige Funktionen nach Schaffhausen, Biel, Renens in der Waadt und jüngst nach Manno im Tessin.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.39%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.89%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.13%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.01%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.57%
pixel