Sommergrüsse aus der Sonnenstube Schwedens
In der Sommer-Serie von finews.ch berichten ausgewählte Fondsmanager aus ihrer Heimatstadt. Heute geht die Reise in den hohen Norden.
Von Hans-Marius Lee Ludvigsen, Lead Portfolio Manager bei DNB Asset Management
Firmenbesuche stellen ein wichtiges Element in unserer fundamentalen Recherche dar, so dass ich bereits einige schöne Plätze in Skandinavien entdeckt durfte. Karlstadt in Schweden gehört auch dazu.
Karlstad ist bekannt für sein sonniges Klima und die Gastfreundschaft der Einheimischen. In Schweden vergleicht man gern die Anzahl der Sonnenstunden, die man im Sommer zählt und Karlstadt liegt hier meist weit vorn.
Wenn ich noch Zeit habe, mache ich einen Besuch im «Rosteriet». Seit vier Generationen und über 100 Jahren gibt es Kaffee aus Karlstad. Das Produktionsgebäude liegt direkt am Hafen. Zunächst denkt man, es sei ein gewöhnliches Wohnhochhaus. In dem Hochhaus versteckt sich aber die Produktion der Kaffeemarke Löfbergs Lila. Hier werden beispielsweise handgepflückte Kaffeebohnen aus Guatemala und Äthiopien verarbeitet. Im Erdgeschoss des Produktionsgebäudes befindet sich ein Café, in dem man alle Löfberg-Sorten probieren kann. Das Café heisst «Rosteriet» und ist ein wirklicher Tipp für Kaffeeliebhaber –, Tee gibt es hier übrigens auch.
Hans-Marius Lee Ludvigsen, DNB Asset Management. (Bild: zVg)
Was führt mich nach Karlstadt? Es ist das Unternehmen Embracer. Innerhalb der nordischen Small- und Mid-Cap-Werte ist die Spieleindustrie mit ihren Technologieunternehmen im Bereich der Video- und Handyspiele nach wie vor ein Sektor, den wir uns anschauen. Karlstad ist der Standort des Hauptsitzes von Embracer und seines berühmten Spielearchivs, in dem 75'000 Gaming-Artefakte wie physische Spiele und seltene Konsolen aufbewahrt werden.
Embracer stellt sich neu auf
Während Embracer in der Vergangenheit einen aggressiven Wachstumskurs verfolgte, befindet sich das Unternehmen nun in einer Phase der Neuausrichtung und Restrukturierung, um seine finanzielle Situation zu verbessern. Der Spieleentwickler Coffee Stain soll bis Ende des Jahres abgespalten sein. Parallel führt man das verbleibende Kerngeschäft unter dem neuen Namen Fellowship Entertainment weiter. Beide Einheiten sollen in Zukunft unabhängiger voneinander agieren.
Die künftige Coffee Stain Group umfasst dabei etwa 250 Entwickler und Publisher aus Skandinavien, darunter unter anderem Ghost Ship Games und Tuxedo Labs. Zu deren Portfolio zählen erfolgreiche Marken wie «Deep Rock Galactic», «Goat Simulator», «Valheim» und «Teardown». Fellowship Entertainment wird gleichzeitig über 40 Studios unter einem Dach vereinen, darunter etwa Crystal Dynamics, THQ Nordic und Dark Horse. Zudem verwaltet das Unternehmen mehr als 300 Spielemarken, wie zum Beispiel «Tomb Raider», «Dead Island», «Kingdom Come Deliverance» oder etwa die Rechte an «Der Herr der Ringe» und «Der Hobbit».
Historische Outperformance
Anleger mögen sich fragen, ob nordische Small- und Mid-Caps wie Embracer nicht eine Nische sind. Wir würden es eher als Geheimtipp sehen. Die nordischen Small-Cap-Indizes – allen voran der MSCI Nordic Small Cap – haben seit 1999 jährlich eine Rendite von rund 11 Prozent in Euro erzielt. Damit übertrifft diese Anlageklasse nicht nur nordische Blue Chips, sondern auch globale Small- und Large-Cap-Indizes deutlich. Auch operativ überzeugen die Unternehmen: Mit durchschnittlichen jährlichen Umsatzzuwächsen von 11 Prozent und Gewinnsteigerungen von 17 Prozent zeigt sich eine beeindruckende Wachstumsdynamik. Nicht zufällig werden jährlich rund 40 Unternehmen aus dem Small-Cap-Universum für mehr als 35 Prozent ihres Marktwertes übernommen.
Anders als es der Name vermuten lässt, ist das nordische Small-Cap-Segment breit aufgestellt. In Summe stehen knapp 2.000 börsennotierte Unternehmen aus fünf Ländern zur Auswahl. Die Vielfalt reicht von regionalen Einzelhändlern über spezialisierte Industriebetriebe bis hin zu global agierenden Technologieführern.
Aktien fallen stärker, erholen sich schneller
Entgegen der landläufigen Meinung, dass Small Caps aufgrund ihres erhöhten Liquiditätsrisikos in einer Rezession vor grösseren Herausforderungen stehen könnten als Large Caps, zeigt ein Blick in die Finanzgeschichte, dass Small und Mid Caps in Abschwungphasen operativ besser dastehen als ihre Large-Cap-Pendants. Dank ihrer schlanken Struktur und Flexibilität können sie ihre Kosten schneller senken und ihre Gewinnspannen besser schützen, zumal sie oft in Nischenmärkten und nicht auf dem Massenmarkt tätig sind. Andererseits haben wir in der Vergangenheit gesehen, dass Small-Cap-Aktien in Krisenzeiten und bei Finanzmarktturbulenzen stärker fallen als ihre Large-Cap-Pendants, sich aber auch schneller und deutlicher erholen, sodass in der Vergangenheit die Zeiten, in denen Small-Caps unterdurchschnittlich abschnitten, die besten Investitionszeitpunkte waren.