Schweizer Privatbanken liebäugeln mit der Luxusgüter-Industrie: So sein wie Patek Philippe ist dabei das höchste der Gefühle. Doch der Genfer Uhrenbauer hat es gar nicht so mit den Banken.

Fabio Mancone weiss, wie man seinen Chefs Honig um den Mund schmiert. Für die Marke Lombard Odier sei die Luxusuhren-Bauerin Patek Philippe der Referenzpunkt, erklärte der Branding-Leiter einst den Teilhabern der Genfer Privatbank. «Das haben sie natürlich gerne gehört», berichtete Mancone nun gegenüber dem britischen Magazin «Management Today».

Und warum sollten sie nicht? Patek Philippe ist ein Solitär der Schweizer Uhrenindustrie. Bei den streng limitierten Produkten der Traditionsfirma können sich Sammler sicher sein, das der Wert über Dekaden hinweg steigt; an Messen und Auktionen sind die Kreationen aus Genf stets unter den Stars. Beneidenswert ist auch das Unternehmen selber: Mit Ursprüngen bis ins Jahr 1839 zurück befindet es sich seit Generationen im Besitz der Stern-Dynastie – und ist damit überhaupt die letzte Genfer Manufaktur in Familienbesitz.

Boris Collardis Vorbild

Tradition, Exklusivität und Stabilität – das sind Werte, welche sich auch das Swiss Private Banking gerne auf die Fahne schreibt. Tatsächlich gibt es in der Branche geradezu eine Obsession mit Patek Philippe. Von dieser weiss nicht nur Mancone bei Lombard Odier. «Wir wollen die Patek Philippe der Privatbanken in Asien werden», verkündete der Ex-Chef der Privatbank Julius Bär, Boris Collardi, schon vor vier Jahren gegenüber finews.ch.

«Unser Ziel ist nicht Volumen, sondern Qualität, wie das eine Uhr von Patek Philippe ist», wünschte sich Collardi damals. Inzwischen ist er als künftiger Teilhaber der Genfer Privatbank Pictet zumindest geographisch näher an das Vorbild herangerückt.

Der oft zitierte Jimmy Lee

Bei der 2011 in die Credit Suisse integrierten Privatbank Clariden Leu schwärmte man ebenfalls von den Uhren aus dem Werk der Familie Stern. «Wir wollen die Patek Philippe der Privatbanken sein», sagte deren damaliger Asien-Chef Jimmy Lee – der inzwischen die Region für die Julius Bär leitet.

Das Lee mit dem Ausspruch von seinen Kollegen seither immer wieder zitiert wird, hat wohl noch einen tieferen Grund. Seit dem forcierten Übertritt in die Weissgeld-Ära sind die Schweiter Privatbanken auf der Suche nach einem neuen Kundenversprechen. Entsprechend sieht sich die Branche nach anderen margenträchtigen Geschäftsmodellen um – und ist bei der Luxusgüter-Industrie fündig geworden.

Seither holen sich immer mehr Privatbanken Spezialisten aus diesem Feld. Florence Rollet, eine Managerin des Juwelier-Konzerns Tiffany, stiess 2016 zu Julius Bär; Joséphine Verine, eine frühere Kaderfrau des Modelabels Chanel, ging zur Schweizer Privatbank Lombard Odier. Robert Jenkins, ein ausgewiesener Markenspezialist, heuerte bei der Banque Edmond de Rothschild an. Und Lombard-Odier-Kader Mancone machte bei den Luxusmode-Label Giorgio Armani und Ralph Lauren Karriere, sowie beim Parfümhersteller L’Oreal.

Was der Luxus-Kunde will