Die Schweiz hat die Finanzkrise mit am besten gemeistert. Die Grossbanken spielten dabei eine wichtige Rolle, schreibt CS-Präsident Hans-Ulrich Doerig.

imagesHans-Ulrich Doerig ist seit April 2009 Verwaltungsratspräsident der Credit Suisse Group. Er arbeitet seit mehr als 35 Jahren bei der Schweizer Grossbank.

Voraussagen, lautet ein Bonmot, das Mark Twain zugeschrieben wird, sind eine heikle Sache – vor allem wenn sie die Zukunft betreffen. Eine Prognose sei trotzdem gewagt: Der Finanzplatz Schweiz wird die grösste Wirtschaftskrise seit Generationen besser bewältigen als die meisten anderen, vielleicht sogar am besten überhaupt. Dabei werden die Schweizer Grossbanken eine wichtige, mehr noch, eine entscheidende Rolle zu spielen haben.

Diese Voraussage mag auf den ersten Blick erstaunen, vielleicht sogar verärgern. Die Weltwirtschaftskrise, deren Ausmass und Dauer alle überraschte, hat schliesslich auch unser Land hart getroffen. Arbeitgeber beobachteten mit Sorge einen Einbruch der globalen Nachfrage.

Unsicherheit und Wut

Nicht wenige Arbeitnehmer verloren ihre Stelle. Das löste bei Teilen der Bevölkerung verständlicherweise Unsicherheit und gar Wut aus. Die Banken, vor allem die Grossbanken, gerieten i die Kritik wie selten zuvor.

Dennoch: Die Schweiz hat sich in den Jahren der Krise im internationalen Vergleich hervorragend geschlagen. Das wurde im Ausland noch eher zur Kenntnis genommen als im Inland selber. Das Krisenmanagement funktionierte alles in allem gut. Anders als in den meisten Ländern ging hier kein Finanzinstitut bankrott.

Alle blieben besonnen

Die Aufsichtsbehörden, die Politik und die Banken blieben besonnen und bewiesen ihre Handlungsfähigkeit. Natürlich wurden auch Fehler gemacht, aber wo notwendig, passten gerade die Grossbanken ihr Geschäftsmodell und ihr Risikomanagement schnell an, stärkten ihre Kapitalbasis, reduzierten ihre Bilanzen um etwa ein Viertel und richteten ihre Vergütungspolitik noch stärker langfristig und risikoorientiert aus. Dass es gute Gründe für Zuversicht gibt, zeigen auch ein paar Zahlen:

  1. Nicht sehr viele Banken auf der Welt kamen ohne Staatshilfe durch die Krise. Rund 70 der 100 grössten Bankinstitute mussten auf staatliche Unterstützung zurückgreifen. In der Schweiz dagegen war es bloss eine von über 300 Banken.
  2. Die Schweiz war sehr zurückhaltend mit direkter staatlicher Hilfe für Finanzinstitute (wie Kapitalspritzen, Aufkauf illiquider Aktiven oder Garantien). In Deutschland betrug die Staatshilfe über 20 Prozent des Bruttoinlandproduktes (BIP), in den USA und in Grossbritannien sogar über 80 Prozent. Hierzulande waren es relativ bescheidene 8 Prozent des BIP – trotz der vergleichsweise grösseren Bedeutung des Finanzsektors für die Volkswirtschaft.
  3. Die Wirtschaftskrise und ihre Bewältigungsversuche führen dazu, dass sich die Länder noch stärker verschulden. Aber die Staatsverschuldung der Schweiz wird von fast allen OECD-Staaten zwischen 2007 (also vor der Krise) und 2010 am wenigsten wachsen – um rund zehn Prozent des BIP. In Deutschland werden die Schulden um 20 Prozent, in den USA um 30 Prozent und in Grossbritannien sogar um 40 Prozent des BIP ansteigen. Die Vergangenheit hat uns gelehrt, dass höhere Staatsschulden zu höheren Zinsen und meist auch zu höheren Steuern führen.

Und so wurde die Schweiz zum Land, das sich als erstes aus der globalen Finanzkrise lösen konnte. Ihr Finanzplatz ist gut positioniert, sodass er, wenn das Marktgeschehen sich weiter stabilisiert, besser vom Aufschwung wird profitieren können als viele Konkurrenten.

Lehren aus früheren Krisen zahlten sich aus

Neustart_CoverEs zahlt sich jetzt aus, dass man hier aus früheren Krisen wie der Immobilienkrise der frühen neunziger Jahre Lehren gezogen hat. Das Risikomanagement wurde angepasst, die Kontroll- und Steuerungsstrukturen (die Corporate Governance) und die gewissenhafte Einhaltung aller Vorschriften (Compliance) wurden verbessert. (Weiterlesen)


Dieser Beitrag stammt aus dem heute erschienenen Buch «Neustart - 50 Ideen für einen starken Finanzplatz Schweiz». Lesen Sie den Essay von Hans-Ulrich Doerig weiter auf diesem Link.

 

 

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