Der Brexit eröffne neue Geschäftschancen, sagt Urs Ramseier, Gründer von Twelve Capital. Im Gespräch mit finews.ch sagt der Unternehmer auch, was die Briten besser machen als die Schweizer.

London – Zürich – London. Diese Strecke pendelt Urs Ramseier mindestens einmal Mal die Woche. Er tut dies, seit er im Oktober 2014 einen zweiten Standort für seine auf Versicherungsprodukte spezialisierte Asset-Management-Firma Twelve Capital in London eröffnet hat, wie auch finews.ch berichtete.

Wie denn die Stimmung in der dortigen Finanzszene nach dem überraschenden Brexit sei, wollte finews.ch von ihm wissen. «Die Angst vor einem Jobverlust bei Mitarbeitern von ausländischen Finanzinstituten, insbesondere Wall-Street-Banken, ist schon da», sagt Ramseier im Gespräch. Ansonsten sei das Geschäft «business as usual».

Leichter finanzierbar

«Der Brexit ändert für uns wenig. Ausser, dass wir mittelfristig einen Vertriebsstandort in der EU installieren müssen», so Ramseier weiter. Mehrkosten entstünden kaum. Denn der weitere Ausbau des Londoner Standorts lasse sich durch das gefallene Pfund nun leichter finanzieren.

Auch andere Schweizer Finanzinstitute haben in den vergangenen Jahren grosse Kapazitäten ausserhalb der Schweiz aufgebaut. Die Grossbanken UBS und Credit Suisse (CS) verlagerten Teile ihrer IT, Compliance und des Personalwesens nach Polen. Die CS hat Anfang Jahr überdies in Dublin einen Betriebsstandort eröffnet, wie auch finews.ch berichtete.

Unterschiedliche Finanzzentren in Europa

Für Ramseier eine zukunftsweisende Entwicklung: «In Europa werden sich unterschiedliche Finanzzentren bilden, mit jeweils spezifischen Schwerpunkten.»

Weiter geht Ramseier davon aus, dass sich Dublin und Luxemburg noch stärker als Fondsadministrations-Hubs etablieren werden, während Polen zum wichtigen Middle- und Backoffice-Zentrum avanciert und Frankfurt zur europäischen Vertriebszentrale für Finanzprodukte. Die Schweiz dürfte ihre Topposition im Private Banking halten können, wenn auch die Wertschöpfung verstärkt in Wachstumsmärkten wie Asien stattfinden werde, erklärt Ramseier.

Selber schuld

Ebenfalls attraktiv ist die Schweiz als Asset-Management-Standort. Trotz dieser guten Ausgangslage ist es bislang nicht gelungen, sie als führenden Asset-Management-Standort zu etablieren, wie das hiesige Finanzkreise gerne hätten. Daran sei die Schweiz teilweise selber schuld, findet Ramseier.

«Die Schweiz lässt ausländische Fonds zum Vertrieb zu, ohne selber in der EU Gegenrecht zu geniessen. England würde so etwas nie zulassen», sagt Ramseier.

Hohe bürokratische Hürden

Kritik äussert der Twelve-Capital-Gründer auch an der rigiden Einstellungspolitik für Nicht-EU-Bürger hierzulande. «Wir haben zwar Universitäten von Weltruhm, aber Absolventen aus dem Nicht-EU-Raum erhalten nur sehr selten eine Arbeitsbewilligung in der Schweiz», sagt Ramseier. Die bürokratischen Hürden seien extrem hoch, wie Twelve Capital offenbar selber erfahren musste.

Anders die Situation im Vereinigten Königreich: Da sind die politischen Rahmenbedingungen sind so ausgelegt, um Top-Fachkräfte aus aller Welt in die «City» zu locken.

Auch in Sachen Regulierung ist London der Schweiz voraus. So werden kleinere Asset Manager weniger rigoros überwacht als grosse Vermögensverwalter. In der Schweiz sind solche flexiblen Regulierungen erst Gegenstand von Gesprächen zwischen der Finanzmarktaufsicht (Finma) und der Branche.

Private-Equity-Expertise im Aufbau

Twelve Capital beschäftigt derzeit an den beiden Standorten in London und Zürich 44 Mitarbeiter, davon 30 in Zürich. Die verwalteten Vermögen betragen gut 3 Milliarden Franken.

Das Unternehmen bietet Investments im Bereich Private Debt, Insurance Linked Strategies, Katastrophen-Anleihen und verwaltet Portofolios börsennotierter Versicherungsaktien und Versicherungsanleihen. Derzeit baut Ramseier Expertise und Anlagelösungen im Bereich Private Equity auf.

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