Die kleine Luzerner Privatbank sucht agil nach Nischen. Nun hat Reichmuth & Co eine gefunden, die an die Ursprünge des Swiss Banking anknüpft.

Dass die Eisenbahn um die Schweiz herumgeführt und diese zur «europäischen Einsiedelei» verkommen würde – das war die grosse Angst von Alfred Escher. Mit seiner Nordostbahn und dem Gotthardtunnel kämpfte der Schweizer Industrialisierungspionier dagegen an. Doch Eisenbahnen brauchten Knowhow, und vor allem: viel Kapital.

Um Ingenieure heranzuziehen, liess Escher die Eigenössische Technische Hochschule (ETH) in Zürich gründen. Für das Kapital stampfte er 1856 die Schweizerische Kreditsanstalt (SKA) aus dem Boden, die heutige Credit Suisse (CS). Scheine für Schienen: Damit baute Escher am Fundament des Swiss Banking.

Fuhrpark von 200 Millionen Franken

Heute rollen europaweit 800’000 Güterwagen, Tausende davon täglich auf der Nordsüd-Achse durch den Gotthardtunnel. Noch immer ist das Eisenbahngeschäft kapitalintensiv, und die staatlichen Betreiber sind klamm. Das brachte die Teilhabergeführte Luzerner Privatbank Reichmuth & Co dazu, sich dem Dilemma zu widmen – und sich auf die Spuren Eschers zu begeben.

«Wir sind darauf gekommen, nachdem ein Familienunternehmen im Bereich Wagenmaterial auf uns zu kam, das wachsen wollte», berichtet Bankpräsident Christof Reichmuth (Bild unten) im Gespräch mit finews.ch. Die Bank wiederum hatte Kunden, die bereit sind, ihr Geld in «sinnvolle innovative Ideen» zu investieren, wie es der Teilhaber ausdrückt.

Reichmuth 502

«So gründeten wir eine Gesellschaft, die Güterwagen besitzt und diese an Bahnbetreiber weitervermietet. Seither wurden bereits 200 Millionen Franken in den Fuhrpark investiert. Alle Erträge aus der Vermietung werden an die Kunden ausgeschüttet», berichtet der Bankier.

Kundengelder für «Güsel»

Stabile Erträge im Tiefzinsumfeld – das ist Musik in den Ohren der Investoren. Die Bank Reichmuth, die stets den Erfolg in der Nische sucht, hatte ein neuen Winkel für sich entdeckt. Und diesen im Stillen weiterentwickelt.

Im Rahmen der Privatmarkt-Gesellschaft Reichmuth Infrastruktur Schweiz KGK investiert die Bank seit Ende 2014 Kundengelder in ein wachsendes Portfolio. Einzelne Untergesellschaften besitzen inzwischen Güterwagen, Lokomotiven, Gleisbaumaschinen, erneuerbare Energien und soziale Infrastruktur. Die feine Privatbank steckt sogar Geld ins Abfallbusiness.

Wie auch finews.ch berichtete, beteiligte sich eine Reichmuth-Gesellschaft letzten März am Schweizer Müllriesen Helvetia Environnement. Mit von der Partie: Die Schweizer Grossbank UBS mit ihrer eigenen Fondsstruktur.

CS zurück zu den SKA-Wurzeln

Natürlich haben auch die Schweizer Grossbanken UBS und CS die hochwertige Infrastruktur des Landes als Investment entdeckt. Für Pensionskassen hat die UBS nach eigenen Angaben 400 Millionen Franken in erneuerbare Energien gesteckt; die CS konzentriert sich vor allem auf bestehende Wasserkraftwerke. Die CSA Energie-Infrastruktur Schweiz, eine Anlagegruppe der CS-Anlagestiftung, erreichte bei der dritten Öffnung ein Zeichnungsvolumen von 600 Millionen Franken. SKA «reloaded», sozusagen.

«Eigenmittel zu 6 Prozent Zins bei tiefer Volatilität einzusetzen – das ergibt für zahlreiche Kunden schlicht viel Sinn», berichtet Reichmuth über die Investitionen. Escher selig würde da wohl beipflichten.

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