Julius Bärs Asien-Chef Jimmy Lee sieht der Offensive seines früheren CEO Boris Collardi und der Konkurrentin Pictet gelassen entgegen, wie er gegenüber finews.asia sagt – und verrät die eigenen Angriffspläne.


Von Shruti Advani, Gastautorin von finews.asia


100 Tage. So lange wollte sich Boris Collardi (Bild unten) als neuer Partner der Genfer Privatbank Pictet Zeit geben, Mitarbeiter kennenlernen und Kunden treffen, die Kultur der Bank verstehen lernen, bis er Taten folgen lassen würde.

Diese Taten, so sind sich Beobachter einig, werden vor allem in Asien erfolgen. Pictet hat im asiatischen Private Banking keine grosse Hausnummer – weder für Kunden noch für Mitarbeiter.

Personalabgänge gehören zum Geschäft

Julius Bär hingegen schon. Collardi werde in erster Linie dort Personal für Pictet abwerben, so die Erwartungen. Und Jimmy Lee, Julius Bärs Asien-Chef, müsse sich auf einen Aderlass gefasst machen.

Boris Collardi

Die 100 Tage Schonfrist sind annähernd abgelaufen, Collardi hat seinen Antrittsbesuch bei den Pictet-Mitarbeitern in Asien vollzogen – und finews.asia trifft einen aufgeräumten und gelassenen Jimmy Lee in Hongkong zum Gespräch. «Man muss immer auf der Hut sein, gute Mitarbeiter zu verlieren», sagt er. «Aber das gehört zum Geschäft.»

Eine Prämie für Kandidaten

Der 57-Jährige hatte zuletzt tatsächlich einige Abgänge zu erdulden, im Team der externen Vermögensverwalter und zuletzt auch in Singapur. Doch gingen diese nicht zu Pictet – und Lees Kernteam von Marktchefs und Kundenberatern ist stabil.

Lee kennt Collardi seit bald zwei Jahrzehnten und er weiss, dass sein vormaliger Chef wenig Kompromisse macht, wenn es darum geht, das Wachstum anzukurbeln und Kundengelder zu akquirieren. In Asien hat sich Julius Bär darum einen Ruf als generöser Arbeitgeber geschaffen, der im Vergleich zur Konkurrenz eine Prämie für neue Kandidaten bezahlt.

Cost-Income-Ratio unter 70 Prozent

Lee kontert, er führe ein sehr striktes Kostenmanagement. «Wir sind sehr profitabel in Asien», sagt er, ohne Zahlen zu nennen. «Privatbanken müssen ihre Cost-Income-Ratio unter der Marke von 70 Prozent halten, um hier überleben zu können.» Julius Bär weist diese wichtige Kennzahl Marke nur für die gesamte Bank aus – sie lag zuletzt bei 67,3 Prozent.

Der frühere Clariden-Leu und Credit-Suisse-Manager kann – im Vergleich zu kleineren Konkurrenten wie Pictet – auf mehr Gründe als eine vermeintliche Lohnprämie zählen, warum seine Kundenberater bei ihm bleiben sollen.

Höheres Ziel für Nettoneugeld

Erstens hat Julius Bär die Hürde der kritischen Masse mit über 115 Milliarden Dollar Kundengeldern in Asien schon weit hinter sich gelassen und kann Kundenberatern eine effiziente Plattform bieten. Neben der laut Lee komfortablen Profitabilität ist ein weiteres Plus das Wachstumstempo, das Julius Bär weiterhin an den Tag legen will.

Zwar ist gerade in Asien die Wachstumskurve von Julius Bär zuletzt abgeflacht, aber Lee hat ehrgeizige Ziele. «Der Wachtumskorridor für das globale Geschäft liegt zwischen 4 und 6 Prozent. Asien ist ein Wachstumsmarkt, also muss unser Ziel für Nettoneugeld höher liegen», sagt Lee.

Akquisitionen: Nur grosse

Julius Bär hat sich mit der Übernahme von Merrill Lynch in Asien den Ruf einer ehrgeizigen Bank geschaffen, die Bewegung in den Markt gebracht hat. Auch im asiatischen Raum ist die Konsolidierung im Private Banking in vollem Gang. Ein Prozess, der aufgrund der anhaltend steigenden Kosten anhalten werde, so die Prognose Lees.

Mit Julius Bär in der Lauerstellung. «Ja, wir wollen weiterhin akquirieren», versichert der Asien-Chef. Und auch hier spielt Grösse eine Rolle. «Für uns in Asien ist ein Vermögensverwaltungsgeschäft mit 5 oder 10 Milliarden Dollar nicht bedeutungsvoll», sagt er.

«Wir sind an Geschäften mit 20 bis 30 Milliarden Dollar interessiert – oder noch mehr.» Je grösser der Abstand Julius Bärs zu Pictet wird, desto weniger muss das Zürcher Institut seinen früheren Chef Boris Collardi fürchten.

 

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