Boris Collardis Abgang hat die Privatbank Julius Bär völlig überrumpelt. Ein Bankmanager zeigte finews.ch auf, wie die Schadensbegrenzung aussieht.

Der plötzliche Entscheid Boris Collardis, Julius Bär in Richtung der Genfer Konkurrentin Pictet zu verlassen, hat innerhalb der Zürcher Privatbank eine Schockwelle ausgelöst. Diese hat auch Julius Bär in Asien erfasst, dem zweiten Heimmarkt der Bank, wo sie rund 1'400 Mitarbeiter beschäftigt, wie finews.ch vor Ort in Hongkong in wahrgenommen hat. 

Die Frage, welche die Mitarbeitenden im Osten umtreibt: Wird Collardi bei Pictet, wo er als Co-Chef Wealth Management amtet, nun zur grossen Aufholjagd in Asien blasen? Und wenn ja, holt er dazu Berater und Kunden von Julius Bär zu Pictet?

Wettbewerber und Freunde

Jimmy Lee, vor zwei Jahren von Collardi als neuer Asien-Chef zu Julius Bär geholt, ist auf dieses Szenario vorbereitet. Lee sagte am Sitz von Julius Bär in Hongkong vor Journalisten, er bereite sich auf den Angriff Collardis vor – und seine fast 20 Jahre alte Freundschaft mit seinem vormaligen Chef werde dabei keine Rolle spielen.

Wie zahlreiche hochrangige Julius-Bär-Banker hat auch Lee seine Karriere zunächst bei der Credit Suisse gemacht. Dort traf er im Jahr 1999 auf den damals noch blutjungen Collardi.

«Wir werden unsere Hausaufgaben gemacht haben, bevor er (Collardi) startet und uns mit allen Mitteln absichern, dass wir für unsere Kunden wichtig bleiben», sagte Lee. Unsere Aufmerksamkeit dadurch erhöht und das ist eigentlich positiv», sagte Lee.

Pictet bislang mit gemächlichem Wachstum

Collardi hat Julius Bär vergangenen Montag per sofort verlassen, was im Private Banking Industriestandard ist, um das Abwerben von Kunden zu verhindern. Der Bär-Verwaltungsrat musste in der Not mit Bernhard Hodler eine Verlegenheitslösung als Nachfolger des 43-jährigen Erfolgs-CEO präsentieren.

Asien-Chef Lee hat offensichtlich Respekt vor der Aussicht, dass Pictet nun in «seinem» Jagdgebiet ein oder zwei Gänge hochschalten könnte. Das Genfer Institut hat in Asien bislang nicht zu den grossen Konkurrenten gehört und ist – im Vergleich zu Julius Bär – eher gemächlich gewachsen. Mit dem energischen Collardi an der Spitze des Wealth Managements werde sich das ändern, so die Erwartung.

Alles zur Verteidigung tun

Vergangenes Jahr stellte Julius Bär mehr als doppelt so viele Private Banker an wie Pictet in der Region beschäftigt; das sind rund 40 für die Region Asien. «Ich wünsche ihm alles Gute», sagte Lee. «Collardi stösst zu einer ehrwürdigen Firma mit einer über 200 Jahre alten Geschichte. Wir haben grossen Respekt davor – es wird einen fairen Wettbewerb geben.»

Lee machte vor den Journalisten keinen Hehl daraus, dass er Collardi respektiert und bewundert. Gleichzeitig bekräftigte er, er werde alles dafür tun, die Position seiner Bank in Asien zu verteidigen, wo sie im laufenden Jahr eine Rekordhöhe an Kundengeldern akquirierte.

Das Unternehmen ist stärker als die Person

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