Neben der Integration der Credit Suisse in die UBS und dem Reputationsskandal, in den die Bank Julius Bär mit ihren Signa-Krediten geschlittert ist, dominiert vor allem ein Thema die Gespräche in der Schweizer Finanzbranche: die enormen Wachstumsmöglichkeiten im Nahen Osten.

Private Banker kehren mit leuchtenden Augen aus dieser Region zurück und verbreiten einen Optimismus, wie man ihn schon lange nicht mehr gesehen hat.

Dabei treiben vor allem zwei Aspekte die Entwicklung in diesem Teil der Welt voran: einerseits die milliardenschweren Urbanisierungsprogramme der einzelnen Staaten, die enorme Mittel über die nächsten Jahre freisetzen, und andererseits der Umstand, dass sich in diesen Ländern eine kulturelle Öffnung vollzieht, die der Westen noch kaum wahrgenommen hat.

Im Prinzip vollzieht sich im Einzugsgebiet des Golf-Kooperationsrats (Gulf Cooperation Council, GCC) ein ökonomisch motivierter Wandel, der am ehesten mit der einstigen Reform- und Öffnungspolitik Chinas unter der Führung von Deng Xiaoping in den späten 1970er-Jahren vergleichbar ist. Zum GCC gehören die sechs Staaten Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien sowie die sieben Vereinigten Arabischen Emirate (als ein Staat).

Attraktive Visumsbestimmungen

Mittlerweile können westliche Bankerinnen problemlos und zugleich absolut sicher in der saudischen Hauptstadt Riad ihren Geschäften nachgehen, und Dubai fördert in vielen gesellschaftlichen Bereichen wie in der Bildung, im Tourismus oder etwa im Sport eine bislang nie gesehene Vielfalt, welche das Emirat vollends zu einer internationalen Metropole macht. So erstaunt es nicht, dass derzeit allein in Dubai rund 55'000 vermögende Privatpersonen (HNWI) leben.

Sie profitieren von den attraktiven Visumsbestimmungen (Golden Visa), die ihnen für einige 100'000 Franken eine langjährige Niederlassungsbewilligung zusichern. Gemäss Angaben des Dubai International Financial Centre (DIFC) verwalten heute insgesamt 250 Finanzinstitute rund 450 Milliarden Dollar; und mehr als 100 Anlagefonds werden lokal betreut.

Neuste Zahlen

Dass in einem solchen Umfeld die Finanzbranche ihre Fühler immer weiter ausfährt, überrascht nicht; findet aber noch mehr Legitimität, wenn man sich vor Augen führt, wieviel Geld in dieser Region lagert. Geld, das höchst professionell verwaltet und investiert werden will.

Die Rede ist von den immensen Vermögen der arabischen Staatsfonds, welche die erwähnte Entwicklung ermöglichen. Die neusten Zahlen (vgl. nachstehende Grafik) illustrieren eindrücklich, dass das meiste Geld nicht einmal im mondänen Dubai liegt, sondern in Abu Dhabi sowie in Saudi-Arabien.

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(Zum Vergrössern, Grafik anklicken; Bild: finews.ch)

In der Vergangenheit investierten diese Staatsfonds und staatsnahen Vehikel einen Grossteil ihrer Mittel im Westen; erinnert sei hier beispielsweise an die einstige Beteiligung der staatlich kontrollierten Qatar Holding an der Credit Suisse, oder der Precision Capital, ein Investmentvehikel der königlichen Familie von Katar, an der Banque Internationale à Luxembourg (BIL, heute im Besitz der chinesischen Legends Holding), sowie der Abu Dhabi Investment Authority (ADIA) an der amerikanischen Citigroup.

Substanzielle Beteiligungen halten die arabischen Institutionellen aber auch an vielen europäischen Konzernen ausserhalb der Finanzbranche.

Beteiligung an der arabischen «Super-App»

Allerdings hat sich in den vergangenen Jahren ein Wandel vollzogen: Die Staatsfonds und staatsnahen Anlagevehikel investieren nun vermehrt in der Region selbst, was das lokale Wachstum zusätzlich beschleunigt. Der saudische Public Investment Fund (PIF) engagiert ich über einen Venture-Fonds in der lokalen Unterhaltungsindustrie, die Abu Dhabi Development Holding Company (ADQ) investiert über die Firma Silal in die regionale Lebensmittel- und Landwirtschaftsbranche, und die Kuwait Investment Authority (KIA) ist an der in Dubai domizilierten «Super-App» Careem substanziell beteiligt.

Hohe Erträge generieren die Staatsfonds aber weiterhin auch weltweit, haben ihren Anlagefokus aber auf neue Technologien ausgerichtet wie Tesla, Zoom oder in Indiens grösstem privaten Konglomerat Reliance. Im vergangenen Jahr zählten die fünf grössten Staatsfonds zu den zehn aktivsten «Dealmakern» auf der Welt. Allein der PIF liess umgerechnet rund 30 Milliarden Franken in insgesamt fast 50 Transaktionen fliessen.

Schweizer Spezialisten in der pulsierenden Krypto-Szene

Kein Wunder, dass sich unter diesen Prämissen enormer Reichtum im Nahen Osten ansammelt, der wiederum von hochmotivierten Vermögensverwaltern betreut werden möchte. Die Liste der Schweizer Institute, die es an den Arabischen Golf zieht, wird von Monat zu Monat länger, wie finews.ch schon berichtet hat. Und es sind nicht nur die ganz grossen Häuser, die auf das neue Eldorado der Hochfinanz setzen.

Es siedeln sich auch Krypto-Unternehmen wie der Schweizer Spezialist Laser Digital, eine Tochter der japanischen Investmentbank Nomura, in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) an. Dies, um Dienstleistungen rund um virtuelle Vermögenswerte anzubieten. Denn Dubai ist nicht nur ein pulsierender Finanzplatz für klassische Banken und Vermögensverwalter, sondern auch eine der am schnellsten wachsenden Krypto-Städte der Welt.

Von London und New York nach Dubai

Darum will die Zürcher Bank Julius Bär beispielsweise ihre Krypto-Vermögensverwaltung in Dubai ausbauen. Schon früh hat das Emirat mit der «Dubai Blockchain Strategy» Krypto-Projekte gefördert. Generell gehören die VAE wie die Schweiz zu den attraktivsten Standorten für die Szene.

Zu den einheimischen Grossverdienern gesellen sich immer mehr reiche Russen und Chinesen hinzu, die in der Vergangenheit in London oder in New York ansässig waren. Die fortgesetzten Sanktionen des Westens gegen Russland sowie die Aussicht auf eine Wiederwahl Donald Trumps als US-Präsident tragen jedoch kaum dazu bei, dass die bisherigen Finanzmetropolen in der angelsächsischen Welt neue Attraktivität gewinnen könnten.

Am meistem indische Millionäre

Wie attraktiv die Golfemirate vor allem für vermögende Privatpersonen sind, zeigen Daten der internationalen Unternehmensberatung Henley & Partners. Im Jahr 2022 verzeichneten die VAE den weltweit höchsten Netto-Zuzug von Millionären: 5’200 High-Net-Worth-Individuals (HNWIs) mehr zogen in das Land als vermögende Personen es verliessen.

Unter HNWIs versteht Henley vermögende Personen mit einem investierbaren Vermögen von einer Million Dollar oder mehr. Die meisten neuen Millionäre im vergangenen Jahr kamen aus Indien gefolgt von Grossbritannien, Hongkong und China. Vor der Corona-Pandemie verzeichneten die VAE traditionell einen Nettozustrom von rund 1’000 Vermögenden pro Jahr.

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