Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die Halbjahreszahlen 2012 vieler Schweizer Banken miserabel ausfallen werden. Warum ist das so?

Offensichtlich war alles nur ein Strohfeuer. Nachdem die Börse in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres überraschend gut gestartet war und zugleich einiges darauf hindeutete, dass es im Steuerstreit mit Deutschland und den USA in absehbarer Zeit zu einer Lösung kommt, machte sich ab April eine grosse Ernüchterung in der Bankbranche breit.

Parallel dazu eskalierte die Krise in der Euro-Zone, was wiederum zahlreiche Anleger und Bankkunden verunsicherte und von weiteren Aktivitäten abhielt. Vor diesem Hintergrund war bald einmal klar, dass der Geschäftsgang im 1. Semester 2012 für die meisten Finanzhäuser miserabel ausfallen würde. Dies bestätigen denn auch schon verschiedene Banken.

Noch zu wenig reorganisiert

Rückläufige Erträge, erodierende Margen und weiter ansteigende Kosten sind das eine, was die Situation für viele Geldhäuser hierzulande so ungemütlich macht. Das andere ist die Tatsache, dass viele Banken nach wie vor hilflos in den Tag hinein laborieren. Oder anders formuliert: Ihre Geschäftsmodelle sind noch zu wenig den neuen Gegebenheiten – ohne Bankgeheimnis zur Steuerhinterziehung – angepasst. Alleinstellungsmerkmale (USP), mehr Aktivität unter den Beratern und strategische Prioritäten sucht man in den aktuellen Geschäftsmodellen vergebens.

Zwar haben viele Banken bereits allerhand reorganisiert, doch zeigt sich, dass dies bisher kaum ausreichend war, weil sich die Branche nicht in einem «zyklischen Tief», sondern in einem noch nie dagewesenen «Transformationsprozess» steckt, wie Credit-Suisse-Private-Banking-Chef Hans-Ulrich Meister bereits verschiedentlich zum Ausdruck gebracht hat.

Abteilungen werden zusammengelegt

Vor diesem Hintergrund laufen sowohl bei der Credit Suisse (CS) als auch bei der UBS weit reichende Bestrebungen, um das Vermögensverwaltungsgeschäft auf eine Basis zu stellen, die sich rechnet. So gab die UBS vergangene Woche bekannt, Abteilungen zusammen zu legen, wie auch finews.ch berichtete.

Die UBS hat für die anstehenden Aufgaben sogar ein Industrialization Steering Committee gegründet, das direkt bei Bankchef Sergio Ermotti angesiedelt ist. Darin Einsitz hat unter anderen Eros Fregonas, der frühere Leiter der Swisscom IT Services. Und bei der CS laufen mit dem Programm FuturePB schon seit geraumer Zeit umfangreiche Optimierungsmassnahmen.

Resultate frühestens Ende Jahr

Allerdings werden die Resultate dieser Massnahmen frühestens im 4. Quartal 2012 einen positiven Einfluss zeitigen. Allein schon deshalb werden die Semesterzahlen, die ab Ende Juli publiziert werden, enttäuschen. Tatsache ist, dass bei vielen Banken die Kosten nach wie vor viel zu hoch sind, was weitere Jobkürzungen mit sich bringen dürfte.

Es sind aber noch weitere Faktoren, welche den Geschäftsgang beeinträchtigen: Zum einen liegen die Erträge im Investmentbanking nach wie vor weit hinter den Erwartungen zurück, so dass sich in dieser Sparte enorme Kosten auftürmen – nicht zuletzt auch weiterhin in Form sehr hoher Saläre für manche Top-Manager. Oder mit anderen Worten: Das Investmentbanking der meisten globalen Player ist angesichts der weltwirtschaftlich zu erwartenden Flaute nach wie vor überdimensioniert.

Zusätzliche Probleme

Weiteren Gegenwind erfahren die Schweizer Banken, weil die Zukunft des Finanzplatzes nach wie vor mit zahlreichen Ungewissheiten verbunden ist. Eine Globallösung im Steuerstreit mit den USA ist in weite Ferne gerückt und dürfte kaum mehr vor den US-Präsidentschaftswahlen im November erreicht werden. Zudem deutet einiges darauf hin, dass nun die meisten betroffenen Banken eine Lösung im Alleingang anstreben.

Aber auch mit Blick nach Deutschland ist es unklar, ob die Abgeltungssteuer durchkommt. Unter diesen Prämissen ist es klar, dass viele Kunden vorerst abwarten und auf jegliche Aktivitäten verzichten, was wiederum wenig förderlich für die Ertragsentwicklung in der Branche ist.

Untätige Schweiz

Last but not least ist es der Schweiz bis heute nicht gelungen, ihren Finanzplatz zu repositionieren und sich angesichts der unaufhaltsam eskalierenden Situation im Euro-Raum als Alternative und als «sicherer Hafen» zu empfehlen. Gleichzeitig hat die Schweiz zu wenig unternehmen, um sich von ihrem Steuerhinterziehungs-Image zu befreien und anderen Ländern, insbesondere den USA, den Spiegel vorzuhalten, solange beispielsweise im Bundesstaat Delaware Offshore-Konstrukte an der Tagesordnung sind und sich Miami als Drehscheibe für allerhand zweifelhafte Gelder profiliert.

Stattdessen agiert die offizielle Schweiz hilflos und macht vor allem mit ihren Konzessionen gegenüber anderen Ländern von sich reden. Selbst der oftmals eingeforderte Marktzugang nach Deutschland respektive in die EU figuriert in den Verhandlungen bestenfalls noch als Fussnote. Und anstatt sich nun intensiv auf diese Punkte zu konzentrieren, verliert sich die Schweiz in einem neuen Abnützungskampf, wenn es um die Frage geht, wie lange die zusehends kostspielige Euro-Untergrenze noch beibehalten werden soll.

Kein Wunder, dass vor diesem Hintergrund die Halbjahreszahlen der meisten Schweizer Banken desolat ausfallen werden.

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