Wer den Schweizer Finanzplatz trotz der epochalen Veränderungen im Dornröschenschlaf sieht, täuscht sich. Fintech, Finance 2.0 und die Digitalisierung definieren die Branche. finews.ch nennt die wichtigsten Entscheider, Entwickler und Initianten in diesem Umfeld.

Oliver Bussmann, Chief Information Officer, UBS

Oliver Bussmann 500

Bei der UBS sind Innovationen und die Digitalisierungsstrategie von grossem Kaliber: Denn in der Grossbank wird global und quer durch alle Geschäftsbereiche an der IT-Transformation gedacht und gearbeitet. Der Mastermind dahinter heisst Oliver Bussmann.

Der deutsche IT-Manager stiess 2013 vom Software-Unternehmen SAP zur UBS. Bussmann gehört zu den globalen Fintech-Vordenkern. Aber der Deutsche weiss auch genau, in welchen Diensten er steht: Er will die Bank und ihre Geschäfte mit innovativen Technologien so unterstützen, dass bestehende Geschäftsmodelle effizienter und profitabler werden. Gleichzeitig sollen daraus neue, den künftigen Kundenbedürfnissen entsprechende Dienstleistungen entstehen.

Überall in der Bank hat Bussmann seine digitalen Teams platziert und «Innovation Spaces» geschaffen, in den Ideen entworfen und gesammelt werden. Damit die UBS den Sprung in die digitale Zukunft schafft, sieht Bussmann fünf Grundvoraussetzungen als Notwendigkeiten: Erstens braucht es Vordenker, die fähig sind, neue Kundenbedürfnisse zu definieren und daraus entsprechende Geschäftsmodelle abzuleiten. Zweitens muss die Bank selber am Puls der Fintech-Gemeinde sein, um Entwicklungen und Startups zu beobachten und zu beurteilen.

Drittens: Es braucht den Zugang und Kontakt zur Venture-Capital-Szene, da diese über hohe Expertise und Erfahrung verfügt. Viertens: Die UBS unterhält Kooperationen mit Universitäten und Forschungseinrichtungen. Und fünftens: Sie ist an Inkubatoren und Think Tanks beteiligt und kann so Ideen aus einem Umfeld schöpfen, das innerhalb der Bank kaum entstehen könnte.

Francisco Fernandez, Gründer und CEO, Avaloq

Francisco Fernandez 500

Um ihn kommen Privatbanken nicht herum, wenn es um die Digitalisierung ihrer Geschäftsprozesse geht. Francisco Fernandez nimmt mit seiner Software-Schmiede Avaloq einen Hochsitz in der Bankenwelt ein, die sich radikal verändert – sowohl, was die politischen und regulatorischen Rahmenbedingungen betrifft als auch technologisch.

Mehr als 150 Banken weltweit nutzen die «Avaloq Banking Suite» – über sie werden insgesamt gut drei Billionen Franken verwaltet. Fernandez hat einen Standard in der Banken-IT geschaffen. Was bedeutet, dass jeder Kunde, der Fintech-Applikationen in seine IT einbinden will, Avaloq braucht.

Somit können Fernandez und seine Software-Ingenieure den Fintech-Entwicklungsprozess zumindest zum Teil kontrollieren. Er aber will mehr: Fernandez hat sich zum Ziel gesetzt, die Branche zu revolutionieren. Der Sohn spanischer Einwanderer hat mit Avaloq innert weniger Jahre aus einer kleinen Softwareschmiede, die ein Spin-off von Martin Ebners BZ-Gruppe war, ein IT-Powerhaus geformt, das bald die Milliarden-Umsatz-Grenze knacken wird. Die Fintech-Startups könnten also auch Punkto Unternehmertum viel von Fernandez lernen.

Remo Schmidli, Leiter Multichannel Management, Zürcher Kantonalbank

Remo Schmidli 500

Früher, da gab es den Bankschalter, das Gespräch mit dem Kundenberater und das Telefon. Heute wird der Begriff des Kundenkontakts durch das so genannte Multi-Channeling geprägt: Gemeint sind damit alle verfügbaren, analogen und mehrheitlich nun auch digitalen Kommunikationskanäle, um mit Kunden in Kontakt zu treten, zu kommunizieren und Dienstleistungen anzubieten.

Vergangenes Jahr hat auch die Zürcher Kantonalbank (ZKB) das Multichannel-Management zu einer Priorität erhoben und Remo Schmidli zu dessen Leiter ernannt. Er ist Daniel Previdoli unterstellt, dem Leiter ‹Products, Services und Directbanking›. Der 36-jährige Schmidli ist Informatiker und ein Spezialist für das digitale Management von Kundenbeziehungen.

Bei der ZKB steht ihm ein Team von 80 Personen zur Verfügung. Rund 100 Millionen Franken kann Schmidli bis 2020 ausgeben, um die Multichannel-Strategie umzusetzen. Er kann auf ein «Labor» zurückgreifen, in dem neue Technologien getestet und Funktionalitäten entwickelt werden, die nun nach und nach auf den Markt kommen.

Laut Schmidli hat die ZKB aber nicht nur digitale Projekte im Bereich Kundenbeziehungen in der Pipeline. Ein grosses Thema sei zurzeit auch der Zahlungsverkehr. In diesem Zusammenhang sei die Bank an diversen Projekten mit Partnern und anderen Finanzdienstleistern beteiligt. Erste innovative Lösungen würden schon bald eingeführt, verrät er.

Christina Kehl, Initiatorin Swiss Finance Startups und Mitgründerin Knip

Christina Kehl 501

In der noch jungen Fintech- und Startupszene der Schweiz bildet Christina Kehl einen Mittelpunkt und ist zugleich ihr Sprachrohr. Vor knapp einem Jahr startete sie mit Gleichgesinnten die Vereinigung Swiss Finance Startups (SFS), ein Netzwerk von Jungunternehmen im Bereich Fintech. «We are the Innovators!» verkünden die SFS-Mitglieder auf der Website.

Der Ruf richtet sich auch an die etablierte Finanzindustrie in der Schweiz, die in der Wahrnehmung Kehls die rasanten Entwicklungen in der ganzen Digitalisierung zu verschlafen droht. Kehl und ihresgleichen tun das nicht: Gestartet ist SFS mit drei Mitgliedern, inzwischen nutzen 30 Fintech-Startups die Plattform und das Netzwerk.

Zu den Supportern gehören unter anderem die UBS, die Swisscom sowie die Schweizer Bankensoftware-Grössen Avaloq und Temenos. Sie alle wollen den Fintech-Standort Schweiz fördern und den Rückstand zu London, New York oder Berlin schliessen.

Kehl ist keine Software-Ingenieurin, sie ist promovierte Juristin. Sie sieht den Mangel einer Finanzmarktausbildung auch als Vorteil. Dadurch sei sie unvoreingenommen und offen für neue Geschäftsmodelle. Im Jahr 2013 gründete Kehl den digitalen Versicherungsbroker Knip. Die Initianten erkannten, dass die neue Generation empfänglich ist für eine Dienstleistung, die ihnen den ganzen Papierkram abnimmt. Knip verwaltet die Versicherungen der Nutzer, zeigt Sparpotenziale auf und holt Offerten ein.

Thomas Jakob, Strategy und Innovation Manager, Postfinance

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Der Digitalisierungs-Chefdenker bei der Postfinance bringt Silicon-Valley-Erfahrung mit. Zwei Jahre lang hat Thomas Jakob die Niederlassung der Swisscom im kalifornischen Palo Alto geleitet, den «Outpost» sozusagen. Zweck des Aussenpostens: Ideen sammeln, Netzwerke mit Partnern aufbauen und Trends erkennen.

Seit zwei Jahren steht der diplomierte Elektroingenieur nun im Sold der Postfinance. Seine Aufgabe: Er ist Vordenker des Finanzinstituts. Sein kleines Team und er beschäftigen ausschliesslich mit Fragen, die drei bis fünf Jahre in der Zukunft liegen.

Digitalisierung ist darum ein weiter Begriff: Der 38-jährige Jakob setzt sich mit der Cloud-Thematik auseinander, mit der Bank der Zukunft und mit virtuellen – also digitalen – Währungen. Was er und sein Team erarbeiten, dürfen sie vier mal pro Jahr dem CEO und dem «Innovationgate» präsentieren. Dort wird dann entschieden, was als Projekt weiterverfolgt wird.

Die Projektphase bereits durchschritten hat Twint, mittlerweile eine 100-prozentige Tochterfirma der Postfinance. Twint ist eine App, die den Nutzern das bargeldlose Einkaufen mit dem Smartphone ermöglicht. Erste Tests im Alltag sind im Frühsommer geplant, im Herbst soll dann der offizielle Start erfolgen.

Lesen Sie hier den zweiten Teil der «Fintech-Köpfe der Schweiz».

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
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