Die Umsetzung des Fidleg auf die lange Bank zu schieben, nur weil der starke Franken sie zu teuer macht, wäre ein Eigentor, findet Christoph Winzeler von der Schweizerischen Bankiervereinigung.

Christoph Winzeler (Bild) ist Leiter Finanzmarktrecht bei der Schweizerischen Bankiervereinigung

Es gibt in der Tat Gesetze, die schlecht geraten sind oder deren Inhalt unnötig ist. Dazu gehört der Neuanlauf einer Aktienrechtsreform: eine Krötensuppe, die man wegen zwei, drei mitschwimmenden Forellen noch lange nicht auslöffeln muss. So ist etwa der Vorschlag einer «Bonusdividende» für die Teilnahme an der Generalversammlung etwas vom Unpraktikabelsten, was man sich denken kann, und schlechterdings nicht kapitalmarktfähig.

Auf der anderen Seite gibt es Modernisierungen, die Sinn machen, auch wenn sie einen gewissen Aufwand für die Betroffenen mit sich bringen. Ein gutes Beispiel dafür ist das Bucheffektengesetz von 2008. Alte Gesetzgebungen sind wie Uhrwerke und bedürfen von Zeit zu Zeit der Revision.

Um eine Generation voraus

Mit dem Bucheffektengesetz wurde das Schweizer Wertpapierrecht der 1930-er Jahre weitsichtig à jour gebracht und ist den Regelungen der Nachbarländer immer noch um eine Generation voraus. Man benötigt jetzt keine 100-seitigen Rechtsgutachten mehr für die Zentralverwahrung von Wertschriften.

Ähnlich verhält es sich mit dem Finanzdienstleistungsrecht, namentlich dem Schutz der Anlegerinnen und Anleger am «Point of Sale». Die geltenden Regeln etwa zum Prospektrecht sind lückenhaft, teilweise veraltet und über zahlreiche Gesetze verstreut. Hier eine gewisse Ordnung zu schaffen – im Sinn von Transparenz auch für die Anlegerinnen und Anleger –, ist an der Zeit.

Die Zeit drängt

Das Fidleg unternimmt einen Effort in diese Richtung, der weithin auf Zustimmung gestossen ist. Sicher wäre das nicht unbedingt hier und jetzt nötig, aber früher oder später auf jeden Fall.

Anderswo hingegen drängt die Zeit: etwa bei der Modernisierung der Verhaltensregeln für Wertpapierdienstleistungen, nicht zuletzt die Vermögensverwaltung und Anlageberatung. Dass die unabhängigen Vermögensverwalter bei uns immer noch keiner prudenziellen Aufsicht unterliegen, kostet uns früher oder später den Anschluss im grenzüberschreitenden Geschäft mit den Nachbar- und weiteren EU-Ländern.

Die im Finanzinstitutsgesetz vorgesehene Vermögensverwalteraufsicht soll massvoll und der Branche angepasst sein, aber sie ist notwendig. Ein Übungsabbruch nur wegen der «frankengestärkten» Umsetzungskosten wäre mittel- bis langfristig ein Eigentor.

Nicht überschiessen

Natürlich geht Einiges im Vorentwurf des Fidleg zu weit und muss überarbeitet werden, zum Beispiel der missglückte Rechtsdurchsetzungsteil und die Straftatbestände. Wir brauchen eine Mise à jour des Finanzdienstleistungsrechts, aber keinen im Vergleich zu MiFID II überschiessenden «Swiss Finish», und schon gar nicht einen Steuerkonformitätsartikel im Finig.

Das Meiste am Fidleg ist allerdings, bei Licht besehen, nicht neu, sondern entspricht über weite Strecken der Judikatur zum geltenden Recht und teilweise der Praxis schweizerischer Finanzdienstleister schon heute. Auch MiFID II enthält Vernünftiges (etwa die Ausnahme institutioneller Kunden von der Pflicht der Finanzdienstleister, ein Risikoprofil zu erstellen). Da müssen wir das Rad nicht ein zweites Mal erfinden.

Nichtstun ist keine Option

Das Engagement der Banken für ein massvolles Fidleg ohne hausgemachte Übertreibungen scheint auf ein gutes Echo zu stossen, jedenfalls beim Bundesrat. Übungsabbruch und Nichtstun sind keine Option, es sei denn, wir wollen uns von der Welt verabschieden und auf eine «Insel der Seligen» zurückziehen – für ein Exportland wie die Schweiz schlechthin undenkbar.