Jahrzehntelang kamen Deutsche und Italiener aus steuerlichen Überlegungen nach Zürich, Genf oder Lugano – bis das Bankgeheimnis de facto verschwand. Nun kehren sie sehnsüchtig und auch aus steuerlichen Gründen in die Schweiz zurück – aber unter anderen Vorzeichen.

Die jüngsten Halbjahresabschlüsse der Schweizer Banken beseitigen die letzten Zweifel: Das Geld der Superreichen im Ausland fliesst wieder üppig in die Schweiz. Das äusserst sich insbesondere an der für die Banken wichtigen Kennzahl des Neugelds, wie finews.ch bereits vergangene Woche feststellte. 

Mittlerweile hat auch die deutsche «Depeschenagentur» (DPA) dieses Phänomen erkannt und kommt dabei auf eine interessante Feststellung: Es sind nicht mehr reiche Araber, Chinesen oder Indier, die dabei eine Rolle spielen, sondern (wieder) Deutsche, Italiener und Briten – also just jene Klientel, die zu Zeiten des noch intakten Schweizer Bankgeheimnisses die Erträge der hiesigen Banken sprudeln liess. Verkehrte Welt?

Anders als in der Vergangenheit

Auslöser dieser neusten Entwicklung ist zweifelsohne die Coronakrise, wie die «DPA» in ihrem Beitrag festhält. Sie stützt sich dabei auch auf Experten der UBS ab, wonach die Pandemie die Sehnsucht nach einem sicheren Hafen enorm verstärkt habe; und das Risiko höherer Steuern für Top-Verdiener sei dank stabiler fiskalischer Position überschaubar. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass vermögende Leute aus Europa erneut aus steuerlichen – nun aber legalen – Überlegungen die Schweiz in Erwägung ziehen.

Und zwar mehr noch als in der Vergangenheit. Inzwischen will der europäische Geldadel auch in der Schweiz wohnen, während er früher bloss sein Geld nach Zürich, Genf oder Lugano brachte. Der neuste Trend erklärt denn auch die seit geraumer Zeit explodierenden Immobilienpreise hierzulande, wie finews.ch auch berichtete. 

Höchste Quadratmeterpreise

«Die Pandemie löste einen Nachfrageboom nach Luxusimmobilien aus», schreibt auch die «DPA» und beruft sich dabei auf eine Studie der UBS. Die höchsten Quadratmeterpreise würden in der Gemeinde Cologny bei Genf erzielt. Dort koste ein einziger Quadratmeter so viel wie in manchen deutschen Gemeinden eine ganze Wohnung: umgerechnet rund 33'000 Euro (umgerechnet rund 36'300 Franken).

Einer, der es offenbar weiss, ist der Schweizer Rechtsanwalt Enzo Caputo. Er berat und unterstützt ausländische Kunden bei einem Umzug in die Schweiz und stellt derzeit einen Nachfragezuwachs von rund 25 Prozent fest – namentlich aus Deutschland. Andere Konsulten und Juristen sprechen gemäss «DPA» gar von bis zu 40 Prozent mehr Anfragen.

Begehrteste Kundschaft der Banken

Nachdem in den letzten paar Jahren vor dem Ausbruch der Coronakrise tendenziell mehr Deutsche aus der Schweiz wieder in ihre Heimat zurückkehrten, ist es nun zu einer Trendumkehr gekommen – und zwar im Top-Segment, also unter den Superreichen, den Ultra-High-Net-Worth-Individuals (UHNWI), wie sie im Segmentierungsjargon der Banken heissen. Sie sind denn auch die begehrteste Klientel aller grösseren Finanzinstitute.  

Attraktive Verträge für eine Pauschalbesteuerung in manchen Kantonen tragen zusätzlich dazu bei, dass sich die Schweiz zunehmend als «Sehnsuchtsort» und Wohnsitz für Begüterte aus Europa empfiehlt – zu Lasten von London, Monaco oder Malta. Neben der hohen Lebensqualität, dem verlässlichen Rechtssystem, einer stabilen Regierung und einer funktionierenden Infrastruktur tragen die Banken mit ihrer internationalen Kompetenz ebenfalls entscheidend zur Standort-Attraktivität der Schweiz bei.

Schutz der finanziellen Privatsphäre

Selbst ohne Bankgeheimnis wie früher funktioniert das hiesige Bankwesen nach wie vor auf einer Diskretion, welche die finanzielle Privatsphäre der Kundinnen und Kunden schützt. Was für Schweizerinnen und Schweizer selbstverständlich ist, sucht man mancherorts im Ausland vergebens.  

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