So unterschiedlich sich die momentane Verfassung der beiden Schweizer Grossbanken nun auch präsentiert, voreilige Schlüsse daraus zu ziehen, würde der Sache nicht gerecht. Denn oft genug haben sich vorschnelle Urteile als falsch herausgestellt.

Am Donnerstag wird die Credit Suisse (CS) ihren Semesterabschluss 2021 präsentieren. Nach dem gloriosen Abschneiden ihrer Konkurrentin UBS vergangene Woche, wird es nicht einfach sein, deren Ergebnisse zu übertreffen – zumal die CS nach den Verlusten im Zusammenhang mit Greensill Capital und Archegos Capital Management noch immer enorme Probleme vor sich hinschiebt. Man darf folglich gespannt sein, wie CS-Chef Thomas Gottstein die derzeit gute Stimmung in der Finanzbranche für sein Unternehmen nutzen wird.

Vor gut dreissig Jahren war es noch üblich, dass die Schweizer Grossbanken ihre Ergebnisse vor der Bekanntgabe aufeinander abstimmten. Denn in gut-schweizerischem Einvernehmen wollte man allzu grosse Diskrepanzen vermeiden. So glichen die Banken ihre Gewinne einander an und orientierten ihre (inländischen) Konkurrenten über die Äufnung der Stillen Reserven.

Nicht mehr möglich

Erst Anfang der 1990er-Jahre begann der Wettbewerb zu spielen, als mit der weltweiten Liberalisierung in der Finanzbranche das Schweizer Bankenkartell aufgelöst wurde. Heute sind Absprachen schon aus wettbewerbsrechtlichen Überlegungen nicht mehr möglich. Momentan würde ein solches Unterfangen allerdings noch aus einem anderen Grund Mühe bereiten: Die geschäftliche Entwicklung der verbliebenen zwei Grossbanken könnte derzeit gegensätzlicher nicht sein.

Da die CS, die nach dem Abgang des früheren CEOs Tidjane Thiam nie mehr richtig aus den Turbulenzen gekommen ist; dort die UBS, die so leistungsfähig ist wie schon lange nicht mehr, was die Zahlen von vergangener Woche eindrücklich illustrierten. Kurzum: Die Geschäftszahlen der beiden Banken aktuell einander anzugleichen, wäre wahrlich schwierig.

Vorschnelle Urteile

So unterschiedlich sich die momentane Verfassung der beiden Schweizer Grossbanken nun auch präsentiert, voreilige Schlüsse daraus zu ziehen, würde der Sache nicht gerecht. Und noch länger die Kluft zwischen den beiden Instituten heraufzubeschwören, greift ebenfalls zu kurz.

Denn oft genug haben sich vorschnelle Urteile als falsch herausgestellt. Vielmehr bilden die UBS und die Credit Suisse eine Schicksalsgemeinschaft, die massgeblich den Schweizer Finanzplatz prägt, und in der abwechselnd und mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks jeweils ein Institut für eine Weile obenaus schwingt, während das andere dann unten durchmuss. ...bis sich diese Situation wieder ins Gegenteil kehrt, wie es die Geschichte oft genug gezeigt hat.

Mangel an Verantwortungsbewusstsein

Gerade, weil diese beiden Banken so wichtig sind für den Schweizer Finanzplatz sind und sie auch die Innovationskraft in der hiesigen Branche massgeblich vorantreiben, sind sowohl Schwarzmalerei als auch Schadenfreude fehl am Platz, wenn ein Institut vorübergehend taucht. Die jüngsten Turbulenzen bei der CS haben bloss einmal mehr aufgezeigt, was der Mangel an Verantwortungsbewusstsein sowie an einem nachhaltigen Berufsverständnis  anrichten kann – und zwar auf allen Etagen einer Bank.

Am Ende des Tages tragen die UBS und die CS gemeinsam – und ohne, dass sie ihre Geschäftszahlen abgleichen – eine langfristige Verantwortung für die Schweizer Wirtschaft und für den hiesigen Wohlstand, indem sie sich an die elementaren Regeln und Gesetze im Bankgeschäft halten und damit ihre Stärken ausspielen können – besonders auch im internationalen Kontext.

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