Mit dem «MarketCap Report» lanciert die Zürcher Bank Vontobel eine neue Studie über die Eigenkapitaltransaktionen an der Schweizer Börse. 

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Herr Gehrer, mit dem «MarketCap Report» haben Sie erstmals alle Transaktionen auf dem Schweizer Aktienmarkt zusammengetragen und analysiert. Welche Absicht steckte dahinter?

Bislang gab es kein kohärentes Bild über die aggregierten Transaktionen am Schweizer Aktienmarkt. Diese Studie verschafft erstmals einen Gesamtüberblick über jene Geschehnisse, die das Eigenkapital der kotierten Unternehmen tangieren. Darüber hinaus zeigt sie auf, welchen Einfluss die verschiedenen Transaktionen im Laufe eines Jahres auf die Performance hatten.

An wen richtet sich die Studie?

An Emittenten, die sie als Erfahrungswert verwenden können. Zudem wollen wir professionelle Investoren sowie andere Akteure ansprechen, die direkt mit dem Kapitalmarkt zu tun haben, etwa Anwaltskanzleien oder Steuerexperten.

Was sind Ihre wichtigsten Erkenntnisse aus der ersten Auflage des MarketCap Reports?

Während 2010 noch einige «Rettungsübungen» zu verzeichnen waren, konnten wir 2011 interessanterweise zahlreiche Kapitalerhöhungen beobachten, die darauf abzielten, neue Wachstumsschritte zu finanzieren.


«Letztes Jahr waren die Dividendenzahlungen tiefer»


Das sagt sehr viel über den «Gesundheitszustand» der Schweizer Unternehmen aus. Letztes Jahr kam es auch zu zahlreichen Aktienrückkäufen, was darauf schliessen lässt, dass manche Firmen mit ihrem Aktienkurs unzufrieden waren und entsprechend aktiv wurden.

Wie haben die Aktionäre profitiert?

Im Jahr 2011 waren die Dividendenzahlungen deutlich tiefer als im Vorjahr, stattdessen tätigten viele Firmen erstmalig Ausschüttungen aus Agio. So profitierten die Aktionäre von wesentlich höheren steuerbefreiten Ausschüttungen. Interessant in diesem Zusammenhang: Die Finanzdienstleister nahmen 2011 absolut betrachtet mit 5,7 Milliarden Franken die höchsten Ausschüttungen aus Agio vor.

Was läuft derzeit am Markt?

In den ersten paar Monaten des laufenden Jahres war die Anzahl von Transaktionen gering. Das Geschäft mit Firmenfusionen und -übernahmen ging relativ zum 1. Quartal des Vorjahres um 30 Prozent zurück.


«Es gibt eine Reihe potenzieller Börsenkandidaten»


Mit Ausnahme des Börsengangs des Handelshauses DKSH und dem Wechsel der Firma Swiss Finance & Property von der BX Berne eXchange an die SIX Swiss Exchange kam es zu keinen weiteren Publikumsöffnungen. Es gibt zwar eine Reihe potenzieller Börsenkandidaten, doch die Investoren bleiben zurückhaltend, solange der Aktienmarkt so volatil ist.

Was ist nötig, damit es zu neuen, erfolgreichen Börsengängen kommt?

Das Initial Public Offering (IPO) von DKSH hat gezeigt, unter welchen Bedingungen ein Börsengang erfolgreich verlaufen kann: Das Unternehmen besitzt einen erstklassigen Ruf und einen hohen Bekanntheitsgrad, blickt auf eine lange Firmengeschichte zurück, ist solide finanziert und erzielt den Löwenanteil seiner Erträge im wichtigsten Wachstumsmarkt der Welt, in Asien.


«Immobilienfirmen haben derzeit gute Chancen»


Ausserdem wurde mit dem im Markt platzierten Anteil eine ausreichende Liquidität der Aktie sichergestellt. Man muss DKSH auch zugute halten, dass das Unternehmen einen günstigen Zeitpunkt für den Börsengang fand.

Aus welchen Branchen könnten neue Börsengänge kommen?

Immobilienfirmen haben derzeit gute Chancen, weil von der Investorenseite her eine gesunde Nachfrage nach so genannten «Realwerten» existiert.

Wie verspüren Sie als Leiter des Corporate Finance Teams bei Vontobel die Konsolidierung im Bankensektor?

Sie kommt der Bank Vontobel gleich doppelt zu gute. Zum einen verfügt die Bank über eine sehr solide Eigenkapitalausstattung und kann aus einer Position der Stärke gezielt nach Akquisitionsobjekten suchen, die das Wachstum beschleunigen würden.


«Die Konsolidierung wird sich noch beschleunigen»


Zum anderen gibt es mehrere Faktoren, welche die Konsolidierung des Bankensektors noch beschleunigen werden: Erstens führen die verschärften Regulatorien im Finanzdsektor zu wesentlich höheren Kosten, so dass sich zahlreiche Banken und Finanzgesellschaften aus dem Markt zurückziehen werden, respektive nicht mehr unabhängig agieren können.

Zweitens sind in vielen Bereichen des Bankgeschäfts die Erträge unter Druck geraten und drittens müssen diverse Institute ihre Aktivitäten mit zusätzlichen Eigenmitteln unterlegen. Als Berater mit M&A-Erfahrung im Finanzsektor sind wir zuversichtlich im Rahmen der weiteren Bereinigung des Bankensektors bei einigen Transaktionen mitwirken zu können.


Hanspeter_Gehrer_2Der 49-jährige Hanspeter Gehrer leitet seit 2006 das Corporate Finance Team der Bank Vontobel, das derzeit aus 11 Mitarbeitern besteht. Zuvor war er fünf Jahre bei Lehman Brothers in Zürich als Head Investmentbanking Switzerland für den Auf- und Ausbau dieses Geschäftsbereichs verantwortlich.

Gehrer startete seine berufliche Karriere bei der Bank J.P. Morgan in Zürich, für die er insgesamt zwölf Jahre in New York, Frankfurt und London tätig war. Er schloss sein Betriebswirtschaftsstudium 1988 an der Hochschule St. Gallen ab.

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