Der Bundesrat eine Totalrevision der Eigenmittelverordnung beschlossen. Es wäre wünschenswert, dass diese ihre Wirkung voll entfalten kann, schreibt Markus Staub.

Markus_StaubVon Markus Staub, Leiter Bankenpolitik/Bankenregulierung, Schweizerische Bankiervereinigung

Vor zwei Wochen hat der Bundesrat eine Totalrevision der Eigenmittelverordnung (ERV) beschlossen. Zum Paket gehören auch verschärfte Anforderungen im Bereich des Hypothekargeschäfts. Zugleich hat die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) die neue Selbstregulierung unserer Vereinigung für den Hypothekarbereich als Mindeststandard anerkannt.

Die Kombination der getroffenen Massnahmen ist zu begrüssen. Sie weist insbesondere die folgenden Vorteile auf:

Erstens: Unsere neuen «Richtlinien betreffend Mindestanforderungen bei Hypothekarfinanzierungen» weisen eine hohe Zielorientierung auf. Bei inskünftigen Hypothekarkrediten soll ein Mindestanteil von 10 Prozent des Belehnungswerts aus Eigenmitteln des Kunden bestehen, welche nicht aus Guthaben der zweiten Säule (Vorbezug oder Verpfändung von Pensionskassen-Geldern) stammen dürfen.

Zudem ist die Hypothekarschuld innert maximal 20 Jahren auf zwei Drittel des Belehnungswerts zu amortisieren. Beide Massnahmen setzen direkt bei der Nachfrage nach Hypotheken an und dürften einen wesentlichen Beitrag an die Stabilisierung der Situation auf dem Immobilienmarkt leisten.

Zweitens: Die getroffenen Massnahmen sind ein erfreuliches Beispiel einer gut gelungenen Zusammenarbeit zwischen Regulatoren (EFD und FINMA) und dem Bankensektor (SBVg).

Nachdem unsere Stellungnahme zu den ursprünglichen Vorschlägen des Bundes sehr kritisch ausgefallen war, hat in den vergangenen Monaten ein konstruktiver Dialog stattfinden und zu einem positiven und raschen Ergebnis führen können.

Drittens: Es handelt sich um eine Lösung auf dem Weg der Selbstregulierung. Damit trägt der Bankensektor wesentlich zu einer Verbesserung der Lage auf dem Immobilienmarkt bei, welcher seit einiger Zeit durch einzelne Überhitzungstendenzen (Hot Spots) gekennzeichnet ist. Die Vorzüge von selbstregulatorischen Lösungen, wie beispielsweise hohe Praxisnähe und Akzeptanz, habe ich in meinem Blog vom 11. April 2012 bereits ausgeführt.

Mit der Wahlmöglichkeit, bei einzelnen Hypothekarkrediten stattdessen eine höhere Risikogewichtung für die Eigenkapital-Unterlegung in Kauf zu nehmen, ist der gewählte Ansatz auch «liberal», indem er statt rigider Verbote über eine Anreizsteuerung funktioniert.

Die neuen Anforderungen sind also breit getragen, wirksam und zeitgerecht. Sie treten bereits per 1. Juli 2012 in Kraft. Nun ist es höchst wünschenswert, dass diesen Massnahmen auch eine reelle Chance gegeben wird, ihre Wirkung auf den Immobilien- und Hypothekarmarkt unter Beweis zu stellen.

Deshalb hoffe ich sehr, dass auf eine Aktivierung des antizyklischen Eigenkapitalpuffers bis auf Weiteres verzichtet wird. Dieser steht bezüglich seinem Wirkungsgrad auf einem wackligen ökonomischen Fundament und könnte sogar kontraproduktive Nebeneffekte haben. «Zu viel des Guten» wäre eben nicht einfach «gut», sondern vor allem auch «zu viel».