Eine Vermögensverwaltungs-Firma steht im Visier der Staatsanwaltschaft von Florenz. Mittendrin: Ein berühmter Name und ein SVP-Politiker, wie finews.ch recherchierte.

Am Morgen des 21. Mai verhafteten Carabinieri-Einheiten drei Männer und eine Frau im Alter zwischen 40 und 63. Die Festnahmen erfolgten in der Toscana und in der Nähe von Rom.

Das Verbindende zwischen den Festgenommenen: Sie alle arbeiteten für ein Schweizer Unternehmen mit Sitz in Zug sowie einer Filiale in der toskanischen Stadt Grosseto. Der Name: Rothsinvest Asset Management.

Die Verdächtigten sollen vermögende Personen mit zuverlässigen Renditen in der Höhe von 10 Prozent angelockt haben. Und nicht nur das: Den Kunden, die vor allem im Latium und in der südlichen Toskana angegangen wurden, bot man an, das Geld im Ausland zu deponieren – samt Anonymität vor staatlichen Beobachern. 

Ein toskanischer Fall Madoff

Jetzt scheint das Geld verschwunden, rund 500 Personen seien geprellt, schätzt die italienische Staatsanwaltschaft. Die Schadenssumme könnte 250 Millionen Euro erreichen. Wie eine gut informierte Quelle gegenüber finews.ch beschreibt, hätten Vermittler im Namen von Rothsinvest hohe Summen bar angenommen – buchstäblich Couverts voller Euro-Scheine.

Konkret ermitteln die Behörden wegen Verdachts auf Kreditmissbrauch und Geldwäsche («esercizio abusivo del credito e al riciclaggio»). Obendrein habe Rothsinvest gar nicht die nötigen Lizenzen für Finanzgeschäfte in Italien besessen, so ein weiterer Vorwurf der zuständigen Staatsanwaltschaft Florenz.

Elio Lannutti, ein Senator der Di-Pietro-Partei «Italia dei valori», sprach in einem offenen Brief an den Finanz- und Wirtschaftsminister von einem toskanischen Fall Madoff – und er forderte die Regierung auf, aktiver vor diesem und ähnlichen Unternehmen zu warnen.

Der Clan des «Professore»

Der Fall wurde inzwischen auch von italienischen Medien aufgegriffen, darunter «La Repubblica», «Il Messaggero», «La Nazione» oder von Italiens Nachrichtenagentur Ansa. Das lokale Organ «Firenze Oggi Notizie» spricht von einer «kriminellen Geldwäscherei-Organisation».

Ein Grund für solche Andeutungen: Über der Sache hängt «der Schatten der Camorra» (wie «La Nazione» und der Fernsehkanal «Telenuova» es ausdrückten). Zwar können die Ermittler keine klaren Bezüge behaupten, aber einer der Vermittler von Rothsinvest, Francesco Minunni, war ihnen bereits bekannt als Neffe von Gennaro de Angelis; der 68-jährige gilt ein hoher Capo der Camorra, er wurde im März 2011 verhaftet.

Obendrein habe ein Verhafteter aus dem Rothsinvest-Komplex, Salvatore Aria, Verbindungen zur so genannten Nuova Camorra Organizzata von Raffaele Cutolo, der unter dem Spitznamen «Il professore» zu den legendären Camorra-Anführern zählt; dies äusserten Ermittler gegenüber italienischen Medien. Arias Bruder Michele wurde vor Jahren mit Cutolos Sohn Roberto verhaftet: Beide hätten gemeinsam «kriminelle Aktivitäten» begangen.

Zugleich wurde den Kunden versprochen, dass ihre Gelder bei renommierten Schweizer Finanzinstituten wie Rothschild oder der Falcon Private Bank deponiert würden. Ob tatsächlich Geldflüsse zu Rothschild und zu Falcon erfolgten, werde von den Caribinieri derzeit gesprüft, melden «Ansa» und «Il Messaggero»; offenbar führen gewisse Transfers aber auch nach Montenegro.

Was sucht der Hof-Anwalt der SVP in dieser Firma?

Manuel.BrandenbergEine weitere Dimension erhält der Fall, weil im Verwaltungsrat von Rothsinvest ein aufstrebender Politiker sitzt: Manuel Brandenberg. Als die vier Personen in Italien verhaftet wurden, befand sich der Sitz der Gesellschaft in seiner Kanzlei, und er ist bis heute als Vizepräsident des Unternehmens eingetragen. 

Der Zuger Anwalt wirkt ansonsten für die Schweizerische Volkspartei im Kantonsrat sowie im Grossen Gemeinderat der Stadt Zug, wo er auch als stellvertretender Fraktionschef amtiert; zudem ist er im Stiftungsrat der Yvette-Estermann-Stiftung zur «immerwährenden Erhaltung der Schweizerischen Eidgenossenschaft als unabhängiges, neutrales und souveränes Land in der Staatsform der direkten Demokratie».

Hinzu kommen weitere Parteiämter, wobei Brandenberg über die Kantonsgrenzen hinaus bekannt wurde, als ihn die SVP letztes Jahr in die Arbeitsgruppe des Bundes zur Umsetzung der Ausschaffungsinitiative entsandte; die «NZZ am Sonntag» bezeichnete ihn in der Folge als «neuen Hof-Anwalt der SVP». 

«...backed by the Rothschild family office»

In einem Communiqué, das Rothsinvest am Nachmittag versandte, weist der Verwaltungsrat die volle Verantwortung seinem ehemaligen Direktor zu. Er heisst Robert Da Ponte, ist britisch-italienischer Doppelbürger und tauchte offenbar am 13. Mai dieses Jahres mit grossen Geldsummen unter – sowie gemeinsam mit seiner Frau Sarah. Die Reste der verschwundenen 250 Millionen werden bei ihm vermutet.

Da Ponte habe den Namen des Unternehmens missbraucht, so die von drei Verwaltungsräten unterzeichnete Mitteilung. Man habe gegen ihn Strafanzeige eingereicht. Dass ein Direktor hinter dem Rücken des Unternehmens eine derartige kriminelle Aktivität entwickle – dies habe ein Verwaltungsrat nicht sehen könne, so Verwaltungsrats-Vizepräsident Manuel Brandenberg (mehr dazu hier).

 

Im Handelsregister wurde Da Ponte vor rund einem Monat, am 4. Juni, als Direktor des Unternehmens gelöscht – also wenige Tage nach der Verhaftungsaktion der Carabinieri. Auch zog die Finanzgesellschaft zu diesem Zeitpunkt von der Poststrasse 9 in Zug, dem Sitz von Brandenbergs Kanzlei, an die Eisengasse im Zürcher Seefeld.

Rothsinvestfamily

Die Website des Unternehmens wurde inzwischen geschlossen; zuvor hatte das Unternehmen aber sogar ein eigenes Linkedin-Profil eingerichtet, in dem es sich als «professional investment management firm, backed by the Rothschild family office» darstellt: Man sei spezialisiert aufs «active management and alternative investments» für ausgewählte internationale Kunden.

Rothschild ist nicht Rothschild

Hier scheint also ein legendärer Name zweckentfremdet worden zu sein: Als Präsident des Verwaltungsrates der Rothsinvest Asset Management fungiert zwar mit Nathan Rothschild ein Namensvetter. Doch der Zürcher Anwalt hat nach eigenem Bekunden keinen familiären Bezug zu den bekannten britischen und französischen Rothschild-Zweigen. 

 

• Zweiter Teil: Rothschild Zürich und Genf, die Falcon Bank und viele offene Fragen

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