Zahlreiche Milliardenvermögen sind erst in den vergangenen paar Jahrzehnten entstanden. Bald kommt es zum Transfer an die nächste Generation. Das sei für die Banken besonders interessant, sagt der Milliardärs-Experte Mykolas D. Rambus von der Firma Wealth-X.


Herr Rambus, es scheint das die Finanzkrise den sehr wohlhabenden Personen überaus gut bekommen ist. Gemäss Ihrem neusten «Milliardärs-Report», wurden die Reichsten noch reicher. Warum ist das so?

Ganz spurlos ging die Finanzkrise auch an den sehr wohlhabenden Personen nicht vorüber. Allerdings kam es im Frühjahr 2009 zu einer Erholung an den Finanzmärkten, die sich seither in einem Kursanstieg von rund 140 Prozent manifestiert hat.

Der US-Börsenindex S&P 500 notierte Anfang 2009 bei 700, inzwischen ist er bei 1'700 angelangt. Vor diesem Hintergrund hat die Zahl der sehr vermögenden Privatkunden praktisch in allen Region der Welt zugelegt, weil viele von ihnen frühzeitig wieder in den Markt eingestiegen sind. Einzige Ausnahme ist Lateinamerika, wo dieser Wert um 4,1 Prozent abnahm.


«Es gibt am meisten Self-made-Milliardäre»


Manche Menschen kommen dank Erbschaft zu Vermögen, andere haben es sich hart erarbeitet. Gibt es Regionen auf der Welt, in denen es mehr Menschen von der einen oder anderen Gruppe gibt?

Der neuste «Wealth-X and UBS Billionaire Census 2013» zeigt, dass 60 Prozent der Milliardäre ihr Vermögen selber erarbeitet haben. Doch es gibt tatsächlich regionale Unterschiede. Während beispielsweise 68 Prozent der Milliardäre in Nordamerika ihr Vermögen selber erarbeitet haben, sind es in Lateinamerika nur 33 Prozent. Auch in Asien und Ozeanien ist der Anteil der «Self-Made-Milliardäre» mit 65 Prozent relativ hoch, während dieser Wert in Europa bei 58 Prozent liegt.


«Die Statistiken sind sehr unterschiedlich»


In Afrika beträgt der Anteil 48 Prozent, im Nahen Osten gar nur 47 Prozent. Allerdings sind die Statistiken in den einzelnen zum Teil unterschiedlich. Saudi Arabien beispielsweise weist lediglich 32 Prozent an Milliardären aus, die ihr Vermögen selber erwirtschaftet haben. In diesem Fall könnte es auch eine Mischung aus beiden Faktoren sein.

Wo herrschen heute die besten Voraussetzungen, um Milliardär zu werden?

Das lässt sich nicht so einfach sagen. Bei unseren Erhebungen stützen wir uns auf die Geschäftsadressen der Umfrageteilnehmer, die teilweise nicht identisch sind mit dem Wohnort. Generell lässt sich aber feststellen, dass es in den USA, China, Deutschland, Grossbritannien und Russland am meisten Milliardäre gibt.


«Der Generationentransfer folgt noch»


Die fünf «Top-Milliardär-Städte» sind New York, Hongkong, Moskau, London und Mumbai; 86 Prozent der Milliardäre in der Welt sind verheiratet und haben im Schnitt zwei Kinder. Milliardäre interessiern sich vor allem für Kunst, Aviatik, Reisen, Golf und Immobilienbesitz. Beruflich sind 18 Prozent der sehr Wohlhabenden im Finanz-, Bank- und Anlagebereich aktiv; Industrie-Konglomerate (9 Prozent) sowie Immobilienbesitz (7 Prozent) sind die beiden anderen Betätigungsfelder, in denen sich offenbar sehr viel Geld verdienen lässt.

Wie erfolgreich verläuft die Weitergabe von grossen Vermögen an die nächste Generation?

Wie erwähnt haben viele Milliardäre ihr Vermögen in den vergangenen paar Jahrzehnten selber erarbeitet. Die Weitergabe an die nächste Generation hat folglich noch nicht stattgefunden; sie dürfte sich nun aber akzentuieren, wenn diese Leute über 60 Jahre alt werden. Vor diesem Hintergrund wird es in den nächsten Jahren zu einer enormen Vermögensumschichtung kommen, was für die Banken besonders interessant ist.


«Im Durchschnitt 62 Jahre alt»


Sind Milliardäre heute jünger als früher?

Das variiert stark von Land zu Land. In den USA beispielsweise beträgt das Durchschnittsalter der Milliardäre 67 Jahre, während es in China 53 Jahre ist. Man hat möglicherweise den Eindruck, dass Milliardäre heutzutage jünger sind, doch das täuscht – vorderhand noch. Im Durchschnitt ist ein Milliardär 62 Jahre alt; sehr vermögende Leute, also Ultra-High-Net-Worth-Individuals mit mehr als 30 Millionen Franken an investierbaren Vermögen, sind im weltweiten Durchschnitt 58 Jahre alt.

Welche Bedeutung hat die Schweiz für Milliardäre?

Die Schweiz ist eines der Fokus-Länder in unserem aktuellen Report. Gemessen an der Anzahl Milliardäre rangiert die Schweiz auf Platz 10; und die Stadt Genf ist gemessen an ihrer Milliardärsdichte auf Platz 18, zwischen Shanghai und Taipei.


«Eine wichtige Destination für Milliardäre»


Im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung hat es in der Schweiz – weltweit gesehen – am drittmeisten Milliardäre, zwischen Hongkong und Singapur. Ausserdem ist und bleibt die Schweiz eine der wichtigsten Destinationen für Milliardäre; das World Economic Forum (WEF) sowie die Art Basel sind zwei Termine, die in den Agenden vieler Superreichen dick eingetragen sind.

Ihr Report entstand in Zusammenarbeit mit der Schweizer Grossbank UBS. Warum?

Die UBS ist der globale Leader in der privaten Vermögensverwaltung, während wir, Wealth-X, für uns in Anspruch nehmen können, der führende Datenlieferant im Ultra-High-Net-Worth-Segment sind. Unsere Kooperation dürfte sich in den nächsten Jahren noch intensivieren.


«Wir ergänzen uns ideal»


Die UBS hat uns bei der Interpretation und Einschätzung unserer Erkenntnisse massgeblich unterstützt. Umgekehrt dürften die von uns gesammelten Daten für die Bank von grösstem Interesse sein. Insofern ergänzen wir uns ideal.


Mykolas RambusMykolas D. Rambus ist der CEO der in Singapur ansässigen Reserach-Firma Wealth-X. Wie es ihr Name sagt, ist sie auf die Erforschung und Erfassung von Daten im höchsten Vermögenssegment sowie in der Luxusindustrie. Unter diesen Vorzeichen publizierte das Unternehmen erstmals gemeinsam mit der Schweizer Grossbank UBS den «Wealth-X and UBS Billionaire Census 2013», eine Analyse der Vermögensverhältnisse im Top-Segment. Bevor Mykolas D. Rambus zu seinem heutigen Arbeitgeber stiess, war er für Forbes Media, den Immobilientrust W. P. Carey sowie für das Telekom-Software-Unternehmen LOBBY7 tätig.