Oft genug landen Narzissten auf dem Chefsessel – und oft genug sind solche Manager nicht die umgänglichsten. Wie man mit Narzissten umgeht, beschreibt ein Psychiater, der selber Narzisst ist.

Kein Zweifel: Um in der harten Finanzindustrie die Karriereleiter aufzusteigen, muss man sich selber mehr lieben als seine Arbeitskollegen. Entsprechend landen Narzissten oft genug auf dem Chefsessel.

Pablo Hagemeyer (Bild unten), ein deutscher Psychiater, der sich selber als Narzisst bezeichnet und gerade ein Buch mit dem Titel «Gestatten, ich bin ein Arschloch» veröffentlicht hat, nennt Eigenschaften wie Sadismus, antisoziales Verhalten und Machiavellismus als Mischung, die wirklich üble Narzissten ausmachen. Ihnen seien alle Mittel reicht, um zu bekommen, was sie wollen.

Pablo Hagemeyer

Wie geht man im Job mit solchen Mitarbeitern oder Chefs um? Hagemeyer verriet einige seiner empfohlenen Methoden dem Online-Magazin «Business Insider».

1. Den Narzissten loben

«Narzissten lieben Lob», weiss Hagemeyer. Darum lasse es sich gezielt und effektiv einsetzen. Wichtig: das Lob muss ernst gemeint sein, darf nicht oberflächlich wirken und sollte unregelmässig regelmässig geäussert werden.

2. Aus Kritik Komplimente machen

Da Narzissten auf Kritik allergisch reagieren, sollte man laut Hagemeyer den alten Psychologie-Trick anwenden, ein kritisches Feedback mit Lob und Anerkennung zu tarnen. In der Praxis: Erst das Lob anbringen, dann einen konstruktiven Veränderungsvorschlag machen. Ein grosser Fehler wäre allerdings, dies vor versammelter Mannschaft zu tun. Narzissten hassen es, wenn sie vor anderen entlarvt werden.

3. Das Verhalten des Narzissten verstärken und löschen

Wenn der narzisstische Chef ein Verhalten an den Tag legt, das man gut findet, kann man dieses Verhalten fördern, etwa durch positive Äusserungen oder Reaktionen. Narzisstisches Verhalten zu löschen, verlangt eine neutrale Haltung. Denn die Höchststrafe für einen Narzissten ist, weder gestraft noch belohnt zu werden. Mit fortlaufender Dauer verliert ein Narzisst das Interesse und lässt ab.

4. Grenzüberschreitungen sofort ansprechen

Es sei die Ultima Ratio im Umgang mit Narzissten, «wenn aber der- oder diejenige sich wirklich daneben benimmt, muss man ‚Stopp‘ sagen», rät Hagemeyer. Überschreitet der Chef eine Grenze, lautete eine angebrachte Reaktion: «Bis jetzt war ich ja mit allem einverstanden. Aber mit dem, was Sie heute gemacht haben, haben Sie eine rote Linie überschritten. Das lehne ich ab.»

5. Humor als Waffe einsetzen

Mit Humor lässt sich manche angespannte Situation wieder auflockern. Humor bei Narzissten anzuwenden, zeigt laut Hagemann auf, dass deren Wahrnehmung der eigenen Wichtigkeit im Grunde genommen eine verzerrte Wahrnehmung ist. Doch Achtung: Die richtige Anwendung von Humor ist eine höhere Kunst. Hagemeyer dazu: «Humor ist der reifste Weg, um mit psychologischen, emotionalen Spannungszuständen umzugehen.»

6. Manipulation mit Hilfe von Schlagfertigkeit verhindern

Narzisstische Chefs sind äusserst gut darin, ihre Mitarbeiter zu überreden. Sie sind Manipulatoren. Das Gegenmittel bedingt ein gewisses Mass an Sensorium für solche Manipulationsversuche und Schlagfertigkeit. Mit einem Satz oder einer Gegenfrage kann man den Überrumpelungsversuch des Chefs zunichte machen – oder zumindest Zeit gewinnen, um sich den Vorschlag oder die Forderung erstmal durch den Kopf gehen zu lassen.

7. Sich nicht gegeneinander aufbringen lassen

«Solche Chefs neigen dazu, ihre Macht und ihre Position zu erhalten, indem sie das Team spalten», beobachtet Hagemeyer. Deswegen sei es eine der wichtigsten Regeln im Umgang mit narzisstischen Führungskräften, als Team gut miteinander zu kommunizieren. Von Vorteil ist: Wenn sich die Führungskraft daneben benimmt, könne das Team als Ganzes auftreten, um Kritik zu formulieren. «Kein Chef hat eine Chance, wenn das Team zusammenhält.»

8. Wenn nichts hilft: Ein Ultimatum stellen

Wenn alle Methoden scheitern, bleibt laut Hagemeyer noch eine Option: Dem narzisstischen Chef ein Ultimatum stellen. Das heisst in der Konsequenz: Bei einem weiteren gravierenden Fehlverhalten müsse man als Angestellter kündigen. Das ist in einem schwierigen Jobmarkt nicht einfach. Aber auch psychologisch sind die Hürden laut Hagemeyer hoch. «Viele Opfer von Narzissten beschreiben oft, dass sie in der Beziehung wie in einer Narkose sind.» Doch manchmal sei eine Trennung notwendig, um wieder wach zu werden.