Die Weinkarte ist die Visitenkarte eines jeden Restaurants oder Hotels. Weinakademiker Peter Keller stellt auf finews.ch erstmals seine fünf Favoriten in der Schweiz vor.

Manche Restaurants lassen dem Wein wenig Aufmerksamkeit angedeihen. Mit einem lieblosen Angebot, anonymen Gewächsen, lediglich als Dôle, Beaujolais oder Valpolicella bezeichnet, und einem langweiligen Sortiment an glasweise ausgeschenkten Tropfen kann man keine Blumentöpfe gewinnen.

Es geht auch anders, wie zahlreiche Lokale beweisen. Eine Weinkarte darf zwar 1'000 und mehr Positionen aufweisen, muss aber nicht. Originalität vor Quantität ist oftmals der vielversprechendere Weg. Ich mag Betriebe mit einem überraschenden, abwechslungsreichen Sortiment, nicht alltäglichen Trouvaillen und einem tollen Preis-/Genussverhältnis. Das sind meine fünf Schweizer Favoriten, die jeden Weinliebhaber verzücken werden.

Restaurant Rössli, Bad Ragaz SG

Rössli 520

Das Schönste auf dem Weg ins Bündnerland ist der Boxenstopp in Bad Ragaz. Wer Wein liebt, kommt am Restaurant Rössli nicht vorbei. Das Angebot an önologischen Trouvaillen ist mit rund 500 Positionen schlicht und ergreifend überragend. Nirgends findet der geneigte Geniesser ein preislich attraktiveres Angebot, das die Wahl – durchaus im positiven Sinne – zur Qual macht.

Aus der nahe gelegenen Bündner Herrschaft sind alle Topnamen dabei. Wer sich einmal im Leben einen hochgelobten Pinot noir von Daniel und Martha Gantenbein aus Fläsch leisten möchte, muss dies im Rössli tun: 140 Franken kostet beispielsweise der 2006er. Das ist günstiger als auf der Auktion. Unschlagbar ist die Auswahl an Bordeaux, Burgundern und deutschen Rieslingen. Im siebten Weinhimmel auf Erden wird im Übrigen auch ausgezeichnet gekocht.

Restaurant Zwyssighaus, Bauen UR

Zwyssighaus 520

Abseits am Urnersee, dafür umso romantischer gelegen und am besten mit dem Schiff erreichbar: Das «Zwyssighaus» in Bauen ist mehr als eine Reise wert, zumal die professionell zusammengestellte Weinkarte mit einem attraktiven Mix von bekannten Winzern und spannenden Geheimtipps aufwartet. Die Schweiz ist prominent vertreten, vom Thurgau mit dem frischen Müller-Thurgau 2015 von Schloss Bachtobel (52 Franken) bis zum Tessin mit dem Arco Tondo der Tenuta San Giorgio aus dem Malcantone (88 Franken).

Zudem setzt das Gourmet-Lokal vorwiegend auf weitere europäische Provenienzen aus Österreich, Italien, Frankreich, Deutschland und Spanien, alle fair kalkuliert. Zwei ultimative Empfehlungen: der Blaufränkisch wie damals 2012 von Birgit Wiederstein aus dem österreichischen Anbaugebiet Carnuntum und der Beaujolais Morgon 2014 von Georges Descombes.