Comeback mit Klang: Wie sich die Kultmarke Revox neu erfindet
Zwischen Studer-Mischpulten, Master-Tapes und Multiroom-Speakern erfindet sich Revox neu. Der Schweizer High-End-Produzent für Audio-Equipment bleibt dabei trotzdem ganz bei sich. In Dietikon wird aus der Tradition eine Zukunftsstrategie. Das Ziel? Ein Comeback auf Weltniveau.
Was Patek Philippe bei den Uhren, de Sede bei den Möbeln und Davidoff bei den Zigarren ist, ist Revox im Audio-Bereich: ein Schweizer Qualitätsversprechen mit grosser Geschichte.
Gegründet 1948 im Zürcher Oberland von Willi Studer (1912-1996), erreichten die beiden Namen Revox und Studer bald Weltruhm. Revox bei den Tonbandmaschinen, Studer als Technik-Ausstatter der weltbesten Aufnahmestudios.
Im Chedi verbaut
Revox hatte zwar stets ihren fixen Platz bei musikaffinen Innenarchitekten, Ausstattern und Fachhändler-Installateuren. Im Chedi in Andermatt verrichten zum Beispiel Revox-Geräte ihren Dienst.
Aber in der breiten Öffentlichkeit war es in den letzten zwei, drei Jahrzehnten etwas ruhiger geworden um die Marke.
Wiedergeburt der Bandmaschine: Neue Revox B77 MK III. (Bild: zVg)
Wuchtige Klänge
Das will Eigentümer Beat Frischknecht jetzt ändern. Und wie!
Ein Sommerabend in Dietikon, etwas ausserhalb von Zürich: Zum ersten Mal öffnet die neue Revox World ihre Tore. Im lichten, grosszügigen Atrium des neuen Erlebniszentrums dreht sich das Spulenrad eines legendären Tonbandgeräts. Die alten Lautsprecher füllen die über 600 Quadratmeter grosse Fläche wuchtig aus.
Ein Mischpult aus dem Bundeshaus
Walti Stutz, Revox-Enthusiast und Sammler, hat eines der historischen Modelle in Betrieb genommen.
Unter den mehr als 400 Exponaten befindet sich auch ein Studer-Mischpult, das jahrzehntelang im Bundeshaus in Bern im Einsatz war.
Walter Stutz, König der Revox-Sammler. (Bild: zVg)
Reise in die Zukunft
Nur wenige Schritte entfernt, eine andere Welt: die neuen Showrooms. Hier zeigt Revox, wohin die Reise in Zukunft gehen soll.
Eigentümer Frischknecht, von Haus aus Immobilien-Unternehmer, steht sichtlich stolz inmitten der Gäste. «Mit der Eröffnung unseres Zentrums zeigen wir, wofür Revox steht: Schweizer Qualität, technische Innovation und Leidenschaft für Musik», sagt er.
Unkonventioneller Einstieg
Frischknechts Einstieg war unkonventionell: «Ich hatte immer Freude an guter Musik», erzählt er. Als Revox vor etwa 25 Jahren Kapital suchte, wurde er Aktionär. «Die herausragende Qualität und das Design haben mich fasziniert.» Später übernahm er die Mehrheit. Heute hält er 99,9 Prozent – «Eigentümer, Investor, aber auch Fan von Revox», wie er sich beschreibt.
Die Idee für das Zentrum kam ihm beim Besuch der Liegenschaft: «Das helle Atrium hat mich sofort an ein Revox-Museum denken lassen.» Gesagt, getan – heute ist daraus nicht nur ein Museum, sondern auch der neue Hauptsitz der Revox Schweiz geworden.
Drei Produktewelten
«Die über 50-Jährigen kennen uns – die Jüngeren oft nur vom Vater oder Onkel her», adressiert Frischknecht die Realität der Firma. Das soll sich nun ändern: Die Marke positioniert sich neu in drei Produktwelten. Multiroom-Systeme, kompakte Lautsprecher für Streaming-User und: der Relaunch analoger Bandmaschinen.
Für die junge Zielgruppe hat Revox den Studiomaster A200 lanciert – ein portabler Aktivlautsprecher mit App-Steuerung, Bluetooth und Multiroom-Anbindung.
Neue Kundengruppen im Blick: Studiomaster A200. (Bild: zVg)
Re-Engineering der Bandmaschine
Für Traditionalisten wiederum gibt es ein echtes Highlight: die neu entwickelte B77 MK III. «Die Rückkehr der Bandmaschine», nennt Frischknecht sie – kein Refurbishing, sondern echte Neuentwicklung, ausgetüftelt in liebevollem Reverse Engineering auf der Grundlage historischer Modelle, aber mit modernem Pfiff. Sie lässt sich sogar ins Multiroom-System einbinden.
Doch was wäre eine Bandmaschine ohne Tonträger? Anfangs 2025 übernahm Revox den Wiener Masterband-Spezialisten Horch House. Seither werden mit Labels wie Ear Music oder Warner alte Originalaufnahmen zu neuen Master-Tapes verarbeitet. «Wenn Revox dabei ist, sind wir auch dabei – das haben uns viele gesagt», so Frischknecht.
Master Tapes, direkt ab Originalaufnahme
Rund 130 Tapes sind bereits im Angebot, jeden Monat kommen weitere dazu – Klassiker ebenso wie neue Künstler. «Auch die Jungen wollen wieder etwas besitzen. Ein Band ist die hochwertigste Form davon», erklärt er. Analoge Musik, die sich nicht streamen lässt – sondern gehört, gespürt und gesammelt wird.
Auf der High-End-Messe in München, der führenden Fachmesse in dem Bereich, sorgte das Konzept für Aufsehen. «Von Brasilien bis USA – alle kamen, um die Bandmaschine zu sehen», erinnert sich Frischknecht. Die grössten Audiomärkte liegen in den USA und in Asien, aber auch in Europa ist der Trend angekommen.
«Zurück zur Weltspitze»
«Zurück zur Weltspitze – das haben wir uns auf die Fahne geschrieben», sagt Frischknecht. Ein hoher Anspruch, doch die Strategie ist klar: «Wir investieren in Entwicklung – und setzen auf Premiumqualität.»
Die Produktion liegt seit den 1960ern im deutschen Villingen, das Herz der Marke aber schlägt in der Schweiz. «Der Brand und das Gehirn sind hier – die Fertigung drüben», sagt Frischknecht.
Die Kombination aus Schweizer Unternehmertum und deutscher Ingenieurskunst – sie soll der Schlüssel sein, um Revox neu zum Klingen zu bringen.